Exclusiv-Interview

Jetzt spricht Matthäus

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Lothar Matthäus (46) spricht erstmals seit seiner Entlassung bei Red Bull Salzburg Klartext. Er gab ÖSTERREICH ein Exklusiv-Interview.

ÖSTERREICH: Herr Matthäus, trotz der Mega-Krise bei Red Bull scheint keiner den Meister beerben zu wollen. Wie sehen Sie die Situation in der österreichischen Liga?
Lothar MATTHÄUS: Es gibt nur einen ganz großen Gewinner. Das sind die Fans. Die ersten sieben Mannschaften sind nur durch sechs Punkte getrennt. Das bedeutet Spannung pur. So etwas habe ich noch nie erlebt. Was aber alles andere als für die Qualität der Liga spricht.
ÖSTERREICH: Konkreter bitte!
MATTHÄUS: Es ist keine einzige Mannschaft in der Lage, die große Schwächephase von Red Bull auszunutzen. Wenn Teams wie Rapid oder Austria in der Liga nur mitspielen, nicht einmal jetzt davonziehen können, wie wollen sie dann auf internationaler Bühne bestehen? Auch wenn das jetzt wieder viele nicht hören wollen. Darüber muss man sich Gedanken machen. Und zwar jetzt!
ÖSTERREICH: Stichwort internationales Parkett. Red Bull ist dort wieder einmal nicht vertreten, auch in der Liga nicht vorne dabei. Ein Armutszeugnis?
MATTHÄUS: Eines vorneweg. Es kann nicht so toll laufen wie letztes Jahr. Da haben wir die Liga ja dominiert wie noch nie ein Team zuvor. Das kann man sich nicht jedes Jahr zum Maßstab setzen. Aber von einem Team wie Red Bull muss wesentlich mehr kommen als bisher. Das steht fernab jeglicher Diskussion. Zumal das Team auch noch personell stärker besetzt ist als im Meister-Jahr.
ÖSTERREICH: Das sagen Sie so einfach!
MATTHÄUS: Sekagya hat Linke ersetzt. Und mit Ilic und Leitgeb sind zwei weitere Top-Spieler hinzugekommen. Auch wenn Ilic bisher noch nicht seine Top-Form gezeigt hat. Wer in Serbien über mehrere Jahre hinweg der Top-Mann war, auch in der Türkei groß aufgespielt hat. Ja, bitteschön, der kann das Fußballspielen nicht von heute auf morgen verlernt haben. Und Leitgeb ist eines der größten Talente, das der österreichische Fußball besitzt!
ÖSTERREICH: Warum läuft es beim Meister nicht mehr, seit dem Sie weg sind?
MATTHÄUS: Herr Mateschitz hat es kürzlich sehr treffend analysiert. Man müsse Wert auf Teamfähigkeit, Charakter, Opferbereitschaft, Trainingsverhalten und Freizeitverhalten legen. Es hat mich sehr gefreut, als ich diese Sätze gelesen habe. Denn das habe ich immer und immer wieder gepredigt und offen angesprochen, als ich noch im Amt war. Es scheint fast so, als sei ich damals gar nicht so falsch gelegen!
ÖSTERREICH: Ihr Problem war aber, dass Sie es in der Öffentlichkeit gesagt haben.
MATTHÄUS: Das ist auch immer eine Frage des Charakters eines Menschen. Jeder macht das anders. Auch Heinz Hochhauser scheint sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und ich kann mich mit einem 2:0 oder 3:0 einfach nicht zufrieden geben, wenn die Mannschaft nach 60 oder 70 Minuten das Fußballspielen einstellt. Wenn ich endlich höhere Ziele erreichen will, muss ich bis zum Schlusspfiff das durchziehen.
ÖSTERREICH: Apropos durchziehen. Glauben Sie, dass Giovanni Trapattoni bald das Handtuch werfen wird?
MATTHÄUS: Wenn es nicht läuft, steht nicht nur die Mannschaft, sondern auch der Trainer in der Kritik. Aber Didi Mateschitz hat klare Worte in puncto Trapattoni gewählt. Jetzt muss man diese Entscheidung einfach akzeptieren.
ÖSTERREICH: Wird Red Bull den Titel erfolgreich verteidigen können?
MATTHÄUS: Ich würde heute noch eine Menge darauf wetten, dass auch in dieser Saison der Meister wieder Red Bull Salzburg heißen wird.

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