Sturm-Trainer Ilzer sauer: Es gibt stets nur "Probleme mit Schiedsrichtern aus dem Wiener Raum"
Während Salzburg die Tabellenführung im emotionalen und unterhaltsamen Topspiel der Fußball-Bundesliga in Graz erfolgreich verteidigte, präsentierte sich Sturm auch im ersten direkten Duell als ernsthafter Titelkonkurrent. Das 2:2 am Samstag war eine gerechte Punkteteilung der beiden besten heimischen Teams mit einem großen Makel aus Grazer Sicht. Der umstrittene Elfmeter zum 2:2 wirkte bei Trainer Christian Ilzer, seinen Spielern und den Anhängern nach.
"Bitter, dass wir aufgrund dieser Entscheidung nicht als Sieger vom Platz gehen. Andererseits ist es erfreulich, dass Salzburg diesen Elfmeter braucht, um hier einen Punkt zu holen", stellte Ilzer nach dem nervenaufreibenden Schlagabtausch mit der "ultimativen Herausforderung" zufrieden fest. "Ich bleibe dabei, das ist der stärkste Kader, den Salzburg je hatte", sagte Ilzer.
Das Corpus Delicti sahen die Steirer im Videobeweis, denn VAR Harald Lechner hätte nach Ansicht von Ilzer und Sportchef Andreas Schicker gar nicht erst einschreiten dürfen. Dem von Sekou Koita verwandelten Foulelfmeter zum 2:2 sei keine klare Fehlentscheidung von Schiedsrichter Julian Weinberger vorausgegangen. Dieser hatte die Verteidigungsaktion von Jon Gorenc-Stankovic im Strafraum gegen Koita zunächst anders interpretiert. Erst nach Videoansicht entschied Weinberger auf Strafstoß, zum Missfallen der Grazer.
"Jon geht nur in den freien Raum, macht keine aktive Bewegung mit dem Fuß zum Ball. Sekou Koita fischt den Ball und bewegt sich in Jon Gorenc-Stankovic' Sohle. Wenn ich die Sohle nur im Standbild sehe, wird der Schiedsrichter in die Irre geführt", argumentierte Ilzer. Weinberger indes rechtfertigte die Entscheidung mit einem "rücksichtlosen" Einsteigen des Sturm-Akteurs. Die TV-Bilder änderten seine Meinung. "Meine Wahrnehmung am Feld war, dass Stürmer Koita dem Gorenc-Stankovic auf die Wade tritt."
Probleme mit Wiener Schiedsrichtern
Dazu befragt, ob sein konfrontativer Umgang mit den Schiedsrichtern langsam eher kontraproduktiv für Beurteilungen sei, meinte Ilzer, dass es heuer zuvor kein einziges und in der Vergangenheit stets nur "Probleme mit Schiedsrichtern aus dem Wiener Raum gegeben" habe. Er werde seine Herangehensweise an der Linie aber nicht ändern. Bei Benachteiligungen, die der Sturm-Betreuer an diesem Tag auch in Weinbergers Gelbe-Karten-Politik sah, werde ein "Christian Ilzer niemals mit verschränkten Armen draußen stehen und sich das gefallen lassen".
Dass die beiden Teams abseits vom Elfmeter ein packendes Bundesliga-Spiel boten, ging im Anschluss fast ein wenig unter. Beide Teams präsentierten sich vor anstehenden Europacup-Aufgaben nicht schlecht in Schuss. Salzburg-Coach Gerhard Struber führte auf seiner Plus-Minus-Liste fast nur Positiva an. "Wir hatten das Spiel über weite Strecken im Griff, waren sehr synchron in unserem Pressing und haben die Intensität gemeinsam auf ein super Level getrieben. Ich finde, wir haben mit unserem Positionsspiel Sturm auch gezeigt, dass wir nicht nur diesen Abnützungskampf leben, sondern sie auch bespielen wollen", sagte Struber vor dem CL-Start seiner Truppe am Mittwoch bei Benfica Lissabon. "Meine Jungs haben sich gestreckt und den Glauben nie verloren, dass wir das Spiel in unsere Richtung drehen können."
Die zuletzt angespannte Personalsituation bereitet dem Salzburg-Trainer immer weniger Bauchweh. "Grundsätzlich lichtet sich gerade das Verletztenfeld", hielt Struber fest. "Mich hat es richtig gefreut, dass wir Luka Sucic und Oumar Solet wieder auf den Platz gebracht haben. Das sind wichtige Faktoren, die uns auch helfen in den vielen Spielen, die auf uns zukommen." Er gehe davon aus, dass auch der kranke Strahinja Pavlovic gegen Benfica wieder dabei sein könnee. Sein Ersatzmann Samson Baidoo machte nicht nur wegen des Tors zum 1:0 erneut gute Figur.
Auf Grazer Seite galt dies vor allem für den allseits gelobten Goalie Kjell Scherpen und Otar Kiteishvili, der seinen Wert nicht nur mit einem "Tausendguldenschuss" (Struber) zum 1:1 untermauerte. Der Punkt gegen die "Übermannschaft" (Ilzer) der Liga dürfte Sturm auch Selbstvertrauen für den Europa-League-Auftakt geben. Am Donnerstag kommt Sporting Lissabon in die Steiermark. "Der Spielcharakter wird ein anderer sein, diese Mannschaft ist nicht minder stark als Red Bull Salzburg, in gewissen Teilbereichen eher noch stärker", sagte Ilzer und warnte vor einem "super Positionsspiel" der Portugiesen.