Bullen in beiden WM-Wertungen voran, trotzdem nicht alles eitel Wonne.
Red Bull Racing hat am Sonntag mit dem Sieg in Ungarn rechtzeitig vor der großen Sommerpause wieder die Führung in beiden Wertungen der Formel-1-WM übernommen. Aber erneut liegt Mark Webber und nicht wie zu Saisonbeginn erwartet Jungstar Sebastian Vettel an der Spitze der Fahrerwertung. Bei Red Bull muss man sich jetzt schön langsam entscheiden, denn gleich die ersten fünf Fahrer liegen vor den letzten sieben Rennen innerhalb von nur 20 Punkten.
Spannendes Finish garantiert
Der Kampf um die WM-Titel 2010 wird
damit ab September zur offenen Schlacht, denn nach dem neuen Punkteschema
werden bekanntlich gleich 25 Zähler pro Sieg vergeben. "Alles kann in zwei,
drei Rennen wieder ganz anders aussehen", sah auch der nach 12 von 19 Rennen
auf Platz drei liegende "Samstag-Weltmeister" Vettel das Gute am Schlechten,
nachdem ihn auch in Budapest sein "Pole-Fluch" ereilt hatte. Vettels
Sommerzeugnis sieht zwar bei Fleiß ein "sehr gut", insgesamt gab es aber
maximal ein "gut". Denn zum bereits siebenten Mal heuer war der 23-jährige
Deutsche auf dem Hungaroring vom besten Startplatz aus ins Rennen gegangen,
erst ein Mal (Valencia) hat er aus der Pole aber auch gewonnen.
"Falscher" Bulle in Führung
Kein Wunder also, dass
nicht der schnelle aber fehleranfällige Deutsche, sondern wie schon nach
Monaco und der Türkei sein um zehn Jahre älterer Teamkollege Webber die WM
mit 261 Punkten vor Lewis Hamilton (157), Vettel (151), Jenson Button (147)
und Fernando Alonso (141) anführt. Der 33-jährige Australier nahm Vettels
"Geschenk" in Budapest jedenfalls dankbar an.
Der lange souverän führende Deutsche ("Es hat mich kalt erwischt") hatte aufgrund angeblicher "Funkprobleme" vor dem Restart zu viel Abstand zum Safety Car gelassen, dafür eine Durchfahrtsstrafe erhalten. Aus einer "Spazierfahrt zum Sieg" wurde somit nur Platz drei hinter Webber und Alonso im Ferrari. "Ohne Fehler wäre es Sebs Rennen geworden. Ich hatte nicht viele Geschenke, also nehme ich dieses an", feixte Webber.
Verdienter Sieg
Alleine wie der siegreiche Fitness-Freak aus dem
35.000 Einwohner zählenden Queanbeyan in New South Wales aber bis zur 43.
Runde den RB6 "fliegen" ließ, machte den vierten Saisonsieg für den
Australier zu einer verdienten Sache. Bleibt die Frage, ob Red Bull die
trotz schwachem Renault-Motor klare Überlegenheit auch nach der Sommerpause
noch innehat. Im Budapest-Qualifying hatte Vettel die Konkurrenz
deklassiert, im Rennen fuhr Webber phasenweise um bis zu 2,5 Sekunden
schneller als der Rest. "So eine Dominanz habe ich noch nie gesehen",
wunderte sich auch der frühere GP-Pilot Alexander Wurz.
Bestes Auto
Der für die RB6 maßgeschneiderte Hungaroing war zwar
sicherlich eine Ausnahme, unter dem Strich ist der Red Bull aber seit
Saisonbeginn das beste Auto. Ohne die Pannen und internen Kollisionen würde
man längst viel weiter vorne liegen, deshalb gibt es auch für das
austro-englische Team nur ein "gut" ins Zeugnis.
Technischer Vorteil
Hatte zunächst McLaren mit dem F-Schacht für
Aufsehen gesorgt, sind es beim RB6 u.a. der auspuffangeströmte Diffusor und
vor allem die "flexiblen" Frontflügel, die das Auto auch laut Webber "um
nochmals mindestens eine Sekunde wenn nicht mehr" schneller machen. Derzeit
ist alles legal. Die mit dem Ausspionieren und Nachbauen kaum nachkommende
Konkurrenz hat aber bereits dafür gesorgt, dass die FIA künftig andere
Testverfahren anwenden könnte, die das Verbiegen der Flügel und das
Tiefersenken des Wagens dann verhindert.
Konkurrenz will aufholen
Während die Piloten nun also "Urlaub"
bis zum GP in Spa am 29. August haben, werden trotz der für zwei Wochen
geschlossenen Fabriken bei den Teams die Köpfe rauchen. Ferrari ist die neue
zweite Kraft, Bei McLaren weiß man hingegen nach dem ersten Saisonausfall
von Hamilton und dem Verlust der WM-Führung, dass Feuer am Dach ist. "Wir
haben aber eine Menge guter Ideen", versprach Teamchef Martin Whitmarsh. Bei
Mercedes geht man überhaupt ans Zeichenbrett zurück, weil am misslungene
Dienstwagen MGP von Nico Rosberg und Michael Schumacher zuletzt sogar der
neue Unterboden "schmolz".
Kampf mit offenem Visier
Überheblichkeit sei jetzt aber nicht
angebracht, warnte auch Webber. "Es ist schön, dass wir einige Punkte mehr
haben als die Konkurrenz. Wir dürfen jetzt aber nicht abheben, denn in den
restlichen Rennen gibt es für alle gleich viele Punkte zu holen." Aufgrund
des neuen Punkteschemas kann man sich bei den "Bullen" theoretisch noch ein
wenig Zeit lassen, bis man sich endlich auf einen Fahrer als WM-Kandidaten
festlegt. Motorsport-Chef Helmut Marko wiederholte aber auch nach Budapest,
was er schon zuvor gesagt hatte. "Uns ist egal, wer von den beiden
Weltmeister wird."