Mark Webber bestreitet sein Heimrennen in Melbourne am Wochenende erstmals als Grand-Prix-Sieger. Der Australier hatte im Vorjahr in Deutschland und Brasilien triumphiert, steht daher im Albert Park unter besonderer Beobachtung. Sollte Webber nicht langfristig mit seinem deutschen Teamkollegen Sebastian Vettel konkurrieren können, droht es sein letztes Formel-1-Jahr bei Red Bull gewesen zu sein.
Das österreichisch-englische Team ist derzeit eine der absoluten Topadressen in der Königsklasse. Der RB6 scheint zum Saisonstart das schnellste Auto im Feld zu sein, lediglich die Standfestigkeit hatte zuletzt Probleme bereitet. "Bahrain war eine riesige Moralinjektion für uns, trotz der Platzierungen", versicherte Webber. Vettel war zum Auftakt von einer defekten Zündkerze in Führung liegend auf Platz vier zurückgeworfen worden, Webber kam nach einem schweren Fehler im Qualifying nicht über Platz acht hinaus.
Auch in seiner Heimat war es für Webber bisher nicht nach Wunsch verlaufen. Zwei fünfte Plätze in acht Jahren sind die bescheidene Ausbeute. Im Vorjahr hatte eine Kollision bereits in Kurve eins alle Chancen zunichtegemacht. Die Erwartungen sind 2010 - mit dem Wissen um die Stärke des Autos - ungleich höher. Ein leichteres Chassis mit aerodynamischen Verbesserungen soll sein übriges tun. "Wir erwarten uns hier ein sehr gutes Ergebnis, wenn nicht einen Sieg - so wird das heuer in allen Rennen sein", sagte Webber.
Druck spürt Webber nicht nur von Jungstar Vettel, sondern auch aus der Konzernzentrale. Weil Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen für Red Bull Rallye fährt, war schon über dessen Rückkehr 2011 spekuliert worden. Dietrich Mateschitz hatte das vor Saisonstart als "reine Spekulation" zurückgewiesen. "Wenn Webber schnell und motiviert genug ist, werden wir ihm Topleistungen nicht damit danken, dass wir Räikkönen sein Cockpit geben", hatte der Red-Bull-Boss erklärt.
Diese Topleistungen muss Webber, der seit 2007 für die Bullen fährt, allerdings erst einmal bringen - am besten zu Hause. "Ich mag den Kurs. Es gibt einige spezielle Rennen im Kalender, so wie Spa und Monaco. Melbourne ist sicherlich eines der besten, wenn nicht das bestorganisierte Event überhaupt", meinte der Australier, der sich von seinen europäischen Konkurrenten bestätigt fühlt. "Man spürt die Atmosphäre hier, das ist gut."
Ein Heimsieg würde Webber im Ansehen seiner Landsleute steigen lassen. Wenngleich mit Youngster Daniel Ricciardo bereits ein zweiter Australier in die Formel 1 drängt. Der 20-Jährige teilt sich diese Saison die Ersatzfahrerrolle bei den beiden Red-Bull-Teams mit dem Neuseeländer Brendon Hartley (Toro Rosso), absolviert sein erstes Rennwochenende mit PR-Auftritten und technischen Meetings. "Ich bin schon ein wenig aufgeregt", gestand Ricciardo, im Vorjahr Sieger der britischen Formel-3-Meisterschaft.
Das Gesicht der Formel 1 in "down under" ist immer noch Webber. Das beweisen sämtliche TV-Spots, Werbetafeln und Flyer. Im Albert Park wird diese Woche sogar eine Tribüne nach dem Lokalmatador aus der Nähe der Hauptstadt Canberra benannt. Der "Webber Stand" befindet sich zwischen jenen zu Ehren von Juan Manuel Fangio und Ayrton Senna. Bis der "Aussie" zu diesen Legenden aufzuschließen vermag, hat er aber noch einige Erwartungen zu erfüllen.