In Augusta sind alle Augen auf Woods gerichtet

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Die Frage, wer das 74. US Masters in Augusta gewinnt, war bis zuletzt fast nebensächlich. Alle Augen waren im Vorfeld des ersten Saison-Majors 2010 auf Tiger Woods gerichtet, und sie werden es auch sein, wenn der Superstar am Donnerstag (Ortszeit) beim Turnierstart im vorletzten Flight zusammen mit Matt Kuchar und dem Südkoreaner KJ Choi abschlägt.

Viele bezweifeln, dass es Woods' erster Drive zum 15. Major- und zum 5. Sieg in Augusta sein wird. Andere trauen dem Tiger aber fast fünf Monate nach seinem letzten Turnier auch bereits wieder alles zu. "Aus der Sicht eines Spielers muss man davon ausgehen, dass er der gleiche ist wie vorher", machte Woods' Rivale Phil Mickelson klar, dass man den 34-jährigen US-Amerikaner immer ganz oben einstufen müsse. Zweifel sind aber unübersehbar. "Niemand bezweifelt seine Fähigkeiten, aber er hat sehr lange nicht gespielt", warnte Mickelson, und Routinier Padraig Harrington blieb ebenso vorsichtig. "Vielleicht spielt er das beste Golf seines Lebens. Er könnte aber auch ganz schön gestresst sein in den kommenden Tagen", sagte Harrington und zog sich letztlich eher unelegant aus der Affäre. "Tiger ist bei den Buchmachern Favorit und die Burschen dort wissen immer mehr als ich."

35 Minuten lang hatte Woods am Montag 207 Reportern aus aller Welt Rede und Antwort gestanden. In der kurzen Zeit ging er auf 49 Fragen ein. Tatsächlich sagte er fast nichts, was er nach seinen außerehelichen Sexaffären nicht schon vorher gesagt und gebeichtet hatte. Auch die Berufskollegen ließen sich nichts anmerken. Viele klopften Woods auf die Schultern und unterhielten sich ungezwungen mit ihm, als ob nichts gewesen wäre.

Die Spieler wissen nur zu gut, dass sie ihr Schlemmerleben und die heutigen Preisgeldsummen - in Augusta werden sieben Millionen Dollar ausgeschüttet - in erster Linie dem Aufschwung verdanken, den der riesige Rummel um Woods in den vergangenen Jahren ermöglicht hat. Sie haben jedes Interesse daran, dass alles so schnell als möglich wieder den gewohnten guten Gang geht.

Gefragt, was er sich selbst bei seinem Comeback am prestigeträchtigsten Einzelturnier zutraue, sagte Woods knapp: "Es ist wie immer. Ich gehe auf den Platz und will gewinnen!" Er fühle sich topfit. Woods war schon einmal mit einem Kaltstart nach einer längeren unfreiwilligen Pause erfolgreich: Im Juni 2008 gewann er das US Open, nachdem er zwei Monate lang wegen einer Knieverletzung nicht hatte spielen können.

In dieser Woche strebt Woods seinen fünften Masters-Titel an, mit dem er in der ewigen Bestenliste an die alleinige zweite Stelle hinter Jack Nicklaus (sechs Siege) aufrücken würde. Physische und golftechnische Fitness allein werden ihm jedoch kaum helfen. Vielmehr muss er zeigen, dass sein Selbstwertgefühl, sein ehemals unerschütterliches Selbstvertrauen und seine phänomenale mentale Stärke ob der öffentlichen Demaskierung der letzten Monate nicht zu sehr gelitten haben.

Titelverteidiger in Augusta ist der Argentinier Angel Cabrera. Man rechnet mit einem schnellen Kurs, nachdem die Temperaturen in Georgia zuletzt trotz der frühen Jahreszeit bis auf 33 Grad Celsius geklettert sind. Die vier Tage werden wohl aber auch wieder eine Qual für Allergiker wie Woods, nachdem die prächtiger Anlage an der Magnolia Lane unter der Frühlingssonne blüht. Den traditionellen Ehrenabschlag nimmt Arnold Palmer (80) diesmal gemeinsam mit Jack Nicklaus (70) vor.

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