Außenseiter

Köllerer im Davis Cup-Team unerwünscht

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Schaller will vermitteln, aber Stammspieler bleiben hart. Koubek: "Er wird von allen gehasst!".

Außenseiter unerwünscht. Die Positionen im österreichischen Davis-Cup-Team gegenüber dem zuletzt in die Top 80 vorgestoßenen Daniel Köllerer sind klar. Der Oberösterreicher, der sich durch seine Eskapaden in der Vergangenheit auch international im Spielerkreis viele Feinde geschaffen hat, ist für Jürgen Melzer, Stefan Koubek und Co. Persona non grata. Da werden auch die derzeit in Paris laufenden Einzelgespräche von Davis-Cup-Kapitän Gilbert Schaller wohl wenig Früchte tragen.

Sportlich top
Der vor allem auf Sandplatz zuletzt erstarkte Welser hätte sich rein sportlich eine Nominierung ins Davis-Cup-Team gegen Chile (auswärts vom 18. bis 20. September) verdient. Doch die Vergangenheit lastet schwer auf ihm. Und ob sich sein Verhalten tatsächlich so gebessert hat, wird von seinen möglichen Team-Kollegen bezweifelt.

Schwerer Typ
Köllerer ist ein Exzentriker, in manchen Belangen aber auch ein guter Typ. Doch mit Beschimpfungen und Provokationen auf dem Platz macht man sich keine Freunde, besonders wenn sie gar manchmal Ballkindern galten. Die Folge waren in der Vergangenheit sogar Petitionen von Spielern, die auch von Österreichern unterschrieben wurden, um Köllerer zu sperren. Die ATP hat den heute 25-Jährigen 2004 bereits für acht Wochen und 2006 für ein halbes Jahr von der Tennis-Bühne verbannt.

"Bin kein Sängerknabe"
Der Mann mit den vielen Tatoos - darunter "Jesus walks with me" auf dem Bauch, am rechten Oberarm "Nummer 1" und links das "?" dazu - sorgt auch international für Aufsehen. Die französische Sport-Tageszeitung "L'Equipe" widmete dem Oberösterreicher am Dienstag trotz seiner Niederlage am Vortag eine halbe Seite - und verglich seine Grimassen und sein Lächeln auf dem Platz mit jenem von Jack Nicholson in "Shining". Abseits des Platzes ist Köllerer einsichtig, beinahe ein Lamm. Er weiß genau, dass "ich kein Sängerknabe bin".

Alle gegen einen
Dies muss man wissen, will man die massive Ablehnung von Jürgen Melzer und Co. verstehen. "Du musst mal in die Garderobe reingehen. Da schauen 25 Spieler zu und freuen sich, wenn der Massu gewinnt. Die haben aber mit dem Massu nichts am Hut", erzählte Melzer nach seinem Erstrundensieg am Montag. Zuvor hatte Köllerer gegen Nicolas Massu (CHI) in fünf Sätzen verloren.

Melzer kramt in bösen Erinnerungen
Er selbst hatte einige Vorfälle mit dem Oberösterreicher. Bei einem Staatsliga-Match in Deutsch Wagram spielte Köllerer Doppel gegen Melzers Bruder Gerald und beleidigte im Zuge dessen die Mutter von Melzer. "Ich kann von meiner Seite nur sagen: Es sind so viele Sachen vorgefallen mit dem Typen, richtig tief. Ihr wisst einige Sachen nicht, die wahrscheinlich noch schlimmer sind, als meine Mutter zu beschimpfen", erklärte Österreichs Nummer 1.

Koubek: "Von allen gehasst"
Zwar gibt es noch Gespräche mit Schaller, doch das seit einigen Jahren zusammengewachsene Team steht wie eine Wand vor Köllerer. Koubek findet auch noch klarere Worte: "Ich möchte mit dem Köllerer nicht in einem Team sein. Der ist so verhasst von allen." Persönlich habe er keine extremen Erlebnisse mit dem Welser. "Ich habe nicht die Erfahrung, die Jürgen mit ihm hat, weil dann wäre der Herr Köllerer sowieso auf der Flucht. Aber ich stehe hinter dem Jürgen. Er hat sich vielleicht gebessert, doch der Davis Cup ist vielleicht nicht das beste Event, um das auszutesten. In Chile wird es sicher nicht fair abgehen."

Und die Versprechungen, sich zu bessern, kaufen die Spieler Köllerer kaum noch ab. Schon 2004 war Köllerer als Sparringpartner beim Davis Cup dabei, damals hatte Melzer laut seinen Erzählungen auf Wunsch des damaligen Kapitäns Thomas Muster ein zweieinhalbstündiges Gespräch mit Köllerer. "Ich dachte, es sei angekommen, er hat aber beim nächsten Training bewiesen, dass es nicht so ist."

Melzer kann das Verhalten Köllerers nicht nachvollziehen. "Es tut mir Leid für ihn. Er könnte echt gut Tennis spielen. Aber Davis Cup ist nun mal ein Teamsport, auch wenn man alleine am Platz steht."

Köllerer will für Österreich spielen
Und was sagt Köllerer selbst dazu? "Erstens kenne ich die Mutter von Melzer gar nicht. Wenn das der Fall gewesen wäre, frage ich mich, warum es erst jetzt zum Thema wird, nicht damals in der Staatsliga-Woche." Man solle dies nicht alles über die Presse laufen lassen, sondern sich an einen Tisch setzen. "Ich rede seit drei Jahren davon, dass ich für mein Land spielen möchte. Ich bin bereit, nach Chile mitzufliegen."

Niemals würde er die Mutter eines Spielers beschimpfen. "Meine Mutter war schwer krank, sie ist bei mir über alles gegangen. Das ist, glaube ich, die Antwort auf die Frage. Da muss ich nicht mehr weiterreden." Natürlich lasse seine mentale Leistung noch zu wünschen übrig.

Anwesenheit "raubt Energie"
Für Koubek, den man noch nie so gehört hat, scheint der Karren aber verfahren zu sein. "Ich möchte nicht eine Woche in meinem Leben versch..., wo der da ist, dafür bin ich zu alt, das mache ich nicht. Keiner will mit ihm trainieren, keiner will mit ihm essen gehen, keiner braucht ihn, keiner will ihn sehen." Tennis, so Koubek, sei eine Egoisten-Sportart. "Wir fahren doch nicht nach Chile, um einen eine Woche lang zu hassen, das raubt dir Energie."

Was macht Schaller?
Am schwierigsten hat es wohl Gilbert Schaller. Auch weil es später heißen könnte, er lasse die Spieler das Team nominieren. "Natürlich habe ich jetzt die Arschkarte gezogen, dessen bin ich mir bewusst, aber wir haben noch ein bisserl Zeit bis dahin. Aber eines ist auch klar: Ich werde sicher nicht mit dem Daniel Köllerer und drei Spielern, die nicht besser als 300 platziert sind, zum Davis Cup fahren. Ich will das beste Team dorthin bringen."

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