Offener Brief von Deutschlands bekanntester Feministin nach Aussagen Moser-Prölls.
Alice Schwarzer hat in einem offenen Brief Österreichs ehemaliges Ski-Aushängeschild Annemarie Moser-Pröll der Lüge bezichtigt. Schwarzer habe Anfang der 1970er-Jahre der damaligen aktiven Rennläuferin keine Briefe geschickt, wie von dieser jüngst behauptet. "Ich jedenfalls weiß, dass Sie lügen", schrieb Schwarzer.
Deutschlands bekannteste Feministin stößt sich an einer Behauptung, die Moser-Pröll in der Vorwoche in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" aufstellte. "Als ich 1971 an die Weltspitze fuhr, bekam ich jeden Monat von Alice Schwarzer einen Brief. Sie suchte Prominente, damit sie in Sachen Gleichberechtigung unterstützt wird", erklärte die 62-fache Weltcupsiegerin dort. Es ist eine Aussage, die Moser-Pröll in ähnlichem Wortlaut übrigens schon 2013 in der "Kleinen Zeitung" getätigt hatte.
Eine Richtigstellung sei für Schwarzer unumgänglich. "Ich weiß, dass in keinem Bereich so viel gelogen wird wie in dem Bereich der Sexualgewalt. Aber ich käme gar nicht mehr zum Leben, wollte ich all das immer richtigstellen. Doch diesmal muss es sein. Sie lügen einfach zu dreist", schrieb die 76-Jährige. Und weiter: "Denn erstens ist es nicht meine Art, 'Prominenten' zu schreiben, damit sie meine Sache unterstützen. Und zweitens und vor allem war ich 1971 ganze 28 Jahre alt, lebte in Paris und hatte gerade erst gelernt, dass man Feminismus mit F schreibt. Und außerdem kannte ich Sie überhaupt nicht."
"Haben Sie ein so schlechtes Gedächtnis bzw. eine so blühende Fantasie?"
In der Frage der Missbrauchsvorwürfe im österreichischen Ski-Leistungssport der Vergangenheit hatte Moser-Pröll erst kürzlich wieder betont, dass ihr keine Fälle bekannt seien. Schwarzer ("Sie kennen sicherlich die Volksweisheit: Wer einmal lügt ...") zog das in Zweifel: "Sie aber wollen von all dem nichts gewusst und auch nie etwas gemerkt haben. Und Ihnen selber ist sowieso nie etwas passiert. Wenn das wirklich so wäre, das wäre schön. Für Sie." Moser-Pröll bezeichne die Missbrauchs-Erfahrungen ihrer Kolleginenen als "üble Nachrede". Ihr würden "die Männer langsam leid" tun, sagte sie der "Tiroler Tageszeitung", denn "unsere Helden sollen auch unsere Helden bleiben!".
Schwarzer entgegnet Prölls Aussagen wie folgt: "Ja, gewiss, es ist schwer, von Helden Abschied zu nehmen. Das geht nicht nur Ihnen so. Aber es ist offensichtlich noch schwerer, die Wahrheit zu sagen. Oder haben Sie ein so schlechtes Gedächtnis bzw. eine so blühende Fantasie?"
Annemarie Moser-Pröll und Charly Kahr.
Ex-ÖSV-Trainer Kahr verlor in erster Instanz im Prozess um üble Nachrede
Ex-ÖSV-Trainer Karl "Charly" Kahr hat den von ihm angestrengten Prozess wegen übler Nachrede in erster Instanz verloren. Die zwei Angeklagten, eine ehemalige Skirennläuferin und ihr Ehemann, sind am frühen Donnerstagabend am Bezirksgericht Bludenz freigesprochen worden. Kahrs Anwalt Manfred Ainedter meldete umgehend "volle Berufung" an, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Im Prozess ging es um zwei WhatsApp-Nachrichten der Eheleute, die sie vor gut einem Jahr an Skilegende Annemarie Moser-Pröll verschickt haben. "CK ("Charly" Kahr, Anm.) hat zusammen mit TS (Toni Sailer, Anm.) viele Mädchen missbraucht und gebrochen", schrieb der erstangeklagte Ehemann, "Dein Entjungferer Charly. Du warst noch keine 16 Jahre alt", die ehemalige Skirennläuferin.
Moser-Pröll leitete Nachrichten an Kahr weiter - der klagte
Die beiden Eheleute hatten die WhatsApp-Nachrichten als Reaktion auf öffentliche Aussagen von Skilegende Annemarie Moser-Pröll verfasst, die sie als falsch und scheinheilig beurteilten. Moser-Pröll war nach dem Outing der ehemaligen Skirennläuferin Nicola Werdenigg befragt worden, die in einem Medium erklärt hatte, während ihrer Skikarriere von einem Mannschaftskollegen vergewaltigt worden zu sein.
Moser-Pröll leitete die WhatsApp-Nachrichten an Kahr weiter, wodurch dieser erst Kenntnis von den Vorwürfen erlangte und Anklage wegen übler Nachrede einreichte. Kahr blieb der Verhandlung am Donnerstag fern, nachdem er am ersten Verhandlungstag im April vergangenen Jahres ausgesagt hatte. "Ich habe nicht auf so einem Niveau gelebt", wies er damals die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe vehement zurück.