22-jährige ÖSV-Hoffnung ist nach Beinbruch wieder fit.
"Ich bin bereit für den Winter, die Haare haben wieder pinke Strähnchen“, lacht Eva-Maria Brem. Denn fehlt bei der Tirolerin die Farbe in den blonden Haaren, scheinen Verletzungen vorprogrammiert zu sein, wie sie im Sommer erklärte.
Nach ihrem Schien- und Wadenbeinbruch soll es bei der 22-Jährigen in der kalten Jahreszeit wieder bergauf gehen. Ob sie ihr Comeback beim Riesentorlauf in Aspen geben wird, lässt Brem noch offen.
Wie schwer es war, bei den ersten Rennen nur Zuschauerin zu sein, und was sie dennoch motiviert hat, verrät sie im Interview. Außerdem spricht Brem über einen 28 cm langen Begleiter, der ihr Sicherheit gibt, tägliche Kämpfe und Situationen, die sie alleine lösen muss.
Frage: Du trainierst mit deinen Team-Kolleginnen in Amerika. Wird man dich am Samstag im Riesentorlauf sehen?
Eva-Maria Brem: Ich will in Aspen mein Comeback geben, aber ich halte es mir bis zur Hangbefahrung am Freitag offen. Sollte die Piste zu unruhig sein, muss ich schauen, ob es das Bein zulässt, oder ich mir noch bis St. Moritz Zeit geben muss.
Frage: Die ersten Weltcuprennen hast du verpasst. War beim Verfolgen der Bewerbe Wehmut im Spiel?
Brem: Es ist schwierig mitanzusehen, wie sich die Skiwelt ganz normal weiterdreht. Vor allem stellt man sich automatisch die Frage, wo man jetzt wohl wäre, wenn es die Verletzung nicht gegeben hätte. Doch vor allem das Comeback von Palander in Sölden und von Niki Hosp und Grange in Levi haben mich irrsinnig gefreut und mir zusätzliche Motivation verschafft.
Frage: Hat sich seit deiner Verletzung etwas verändert? Bist du vorsichtiger geworden?
Brem: Vorsichtiger geworden ist falsch ausgedrückt, in den ersten Wochen auf Schnee ist die Angst noch mitgefahren, aber ich habe mich immer wieder gepusht, um sie zu überwinden. Seit ich in Vail trainiere und die Zeit wieder mitläuft, gebe ich auch mehr Gas. Die Verletzung hat mich reifen und erwachsen werden lassen. Ich weiß jetzt, was gut für mich ist und das fordere ich auch ein, ob es nun allen gerade passt, oder nicht, ist mir egal geworden.
Frage: Du hast also aus diesem Rückschlag durchaus etwas gelernt?
Brem: Man sagt immer "Hauptsache gesund". Ich habe es noch nie für selbstverständlich genommen, gesund und fit zu sein und alles machen zu können, was einem in den Sinn kommt. Aber wenn man dann zwei Monate mit Krücken geht, bekommt es doch eine neue Bedeutung. Ich habe auf hartem Weg gelernt, aber es gibt schlimmere Sachen im Leben. Knochen wachsen wieder zusammen und was sollten andere Menschen sagen, die Schlimmeres durchmachen. Die Verletzung hat mir gezeigt, wie sehr ich den Skisport liebe. Verletzungen passieren und werden auch mir wieder passieren, dessen bin ich mir bewusst. Ich weiß jetzt aber auch, dass ich solche Dinge meistern kann.
Frage: Du sagst, dass Knochen wieder zusammen wachsen, in deinem steckt jedoch noch ein Fremdkörper. Verursacht er Probleme?
Brem: Ich habe noch einen 28 cm langen Marknagel im Schienbein. Er verursacht Schmerzen, da auf den Knochen im Skischuh Biegekräfte wirken und der Nagel nicht nachgibt. Aber auf der anderen Seite gibt er mir Sicherheit. Ich bin also froh, dass mich mein Nagel durch den Winter begleitet.
Frage: Zurück zum bevorstehenden Rennen. Welchen Wunsch hast du, solltest du an den Start gehen?
Brem: Sollte ich wirklich starten, hat sich mein Wunsch bereits erfüllt. Natürlich wäre es aber auch schön, wenn ich mich für den zweiten Durchgang qualifiziere und das Rennen als Lohn für die letzten Monate genießen kann.
Frage: Im vergangenen Jahr warst du in Aspen Fünfte. Kehrst du mit positiven Erinnerungen an die Strecke?
Brem: Aspen ist mein Lieblingshang, und das war der Grund, warum ich immer auf ein Comeback dort gehofft habe und immer noch hoffe. Der Hang ist enorm schwierig, das ist mir immer gelegen. Heuer konnte ich nur wenig in schwierigem Gelände trainieren, aber ich habe nur gute Erinnerungen an Aspen, und mit diesem Gefühl werde ich dorthin reisen.
Frage: Wie wird es für dich danach weitergehen? Konzentrierst du dich in dieser Saison nur auf den Riesentorlauf?
Brem: Ich werde nach Aspen auch wieder vermehrt Slalom trainieren, was in letzter Zeit kaum bis gar nicht der Fall war. Wann ich aber wieder so weit bin, um Slalom-Rennen zu fahren, kann ich nicht sagen, schließlich trainieren die anderen alle schon seit Juli und ich beginne jetzt.
Frage: Gab es bei deinem Weg zurück Momente, in denen dir gewisse Dinge richtig schwer gefallen sind?
Brem: Um ehrlich zu sein, war jeder Tag ein Kampf. In der Therapie, im Training, am Schnee und vor allem im Kopf. Es ist mir schwer gefallen, die Grenzen, die mir mein Körper gesetzt hat, zu akzeptieren. Ich war zwei Monate in Wien (Anm. Besuch der Zollschule) und alle haben an den Abenden Spaß gehabt - ich bin in meinem Zimmer gesessen oder war in der Therapie. Auch als ich mit dem Schneetraining begonnen habe, habe ich bewusst das Training alleine gesucht. Ich wollte mich über meine Fortschritte freuen können und nicht mit ansehen müssen, wie alle anderen schon super drauf sind.
Frage: Wie sieht dein Aufenthalt in Amerika aus? Bleibt neben dem Training auch Zeit für andere Dinge?
Brem: Ich habe mir bewusst Zeit für mich genommen. Ich war ein bisschen shoppen und vor meinen Pausentagen habe ich mir Vail am Abend angesehen. Alles bewusst, um ein bisschen rauszukommen, mich abzulenken und zu genießen, dass alles schon so gut ist, wie es jetzt ist.
Frage: Dein Freund gehört zum Atomic-Team. Ist er mit dir in Amerika und wie wichtig ist seine Unterstützung?
Brem: Er war die erste Woche hier mit in Vail. Das habe ich unseren Abfahrtsherren zu verdanken, die ja auch hier trainiert haben, und die er betreut hat. Ich war froh, er hat mir sehr geholfen. Was ich dabei wichtig finde, ist, er hat mir geholfen, ohne mir dabei alles abzunehmen. Es gibt Dinge, die musst du alleine schaffen, aber wenn jemand immer die richtigen Worte findet, um dich aufzubauen, und dir das Gefühl gibt, voll hinter dir zu stehen, dann ist es leichter.