RTL-Titelverteidiger möchte den Saisonstart diesmal nicht verschlafen.
Mit dem Damen-Riesentorlauf beginnt am Samstag in Sölden traditionell der alpine Ski-Weltcup. Der kommende WM-Winter ist mit seinen insgesamt 76 Rennen besonders, weil man 50 Jahre Weltcup feiert. Österreichs Damen haben zwar keine Gesamt-Favoritin am Start, mit Eva-Maria Brem aber die Titelverteidigerin im Riesentorlauf.
Die Tirolerin fühlt sich deshalb aber nicht als gestresste Gejagte. "Schön, dass man mir einen neuerlichen Kugelgewinn zutraut", sieht Brem das Thema vielmehr positiv. Zu verlieren habe sie gar nichts. "Ich habe nichts zu verteidigen oder festzuhalten. Es ist noch niemand zu mir nach Hause gekommen und wollte die Kugel mitnehmen", gab sich die 28-Jährige vor dem ersten Vergleich am Samstag auf dem Rettenbach-Gletscher (10.00/13.00 Uhr im LIVE-TICKER) gut gelaunt.
Was ihre sportlichen Erwartungen angeht, war Brem für Sölden nicht ganz so locker. "Ich weiß eigentlich nicht genau, wo ich stehe. Deshalb bin ich eigentlich doppelt froh, dass es endlich los geht", gab die Tirolerin zu.
Sölden der erste Gradmesser
Brem hatte vergangenen März in einem mitreißenden Finish die einzige Kristallkugel für die von Rücktritten und Verletzungen geschwächten ÖSV-Damen gesichert. Es war ihre erste und dass letztlich nur fünf Hundertstel den Ausschlag zu ihren Gunsten und gegen Viktoria Rebensburg gaben, ist ihr egal: "Selbst wenn es wieder so kommen sollte!" Die Wichtigkeit des Sölden-Rennens wird unterschiedlich beurteilt. "Einerseits hilft es schon, ein gutes Ergebnis gleich am Anfang zu haben", weiß auch Brem.
Umgekehrt kommt der Oktober-Auftakt für viele zu früh. Selbst Ex-Sölden-Siegerin Lindsey Vonn (USA) verzichtet zum vierten Mal in Folge, viele Mitfavoritinnen wie Rebensburg oder Anna Veith sind verletzt. Topfit und deshalb im engsten Favoritenkreis sind dafür Weltcup-Titelverteidigerin Lara Gut (SUI), US-Jungstar und Geheimfavoritin Mikaela Shiffrin oder Vorjahressiegerin Federica Brignone aus Italien.
Österreich geht mit einem blutjungen Team in das erste Saisonrennen. Von den zehn Sölden-Starterinnen sind nur Brem (28), Carmen Thalmann (27) und Michaela Kirchgasser (31) älter als 23 Jahre. Die Tirolerin Stephanie Brunner, die im Vorjahr mit einigen Top-Ten-Plätzen mehrmals aufgezeigt hatte, ist erst 22.
"Eva ist unsere Nummer eins"
Auch Damenchef Jürgen Kriechbaum weiß, was er in Abwesenheit von Veith an Brem hat. Der Rennsportleiter sieht in ihr nach wie vor die Siegläuferin, auch in Sölden. "Eva ist absolut und unbestritten unsere Nummer eins. Wenn sie ihr Können auf die Ski bringt und im ersten Lauf eine Benchmark setzen kann, glaube ich das auf jeden Fall", traut Kriechbaum der blonden Völkl-Fahrerin viel zu.
Für Brem hat sich nach dem Gewinn des Riesentorlauf-Weltcups auch einiges geändert. Nachdem die zu groß gewordene Technikgruppe geteilt werden musste, gab Stefan Bürgler das Amt des Slalomchefs an Johannes Zöchling ab, um weiter mit der Gruppe arbeiten zu können, in der Brem trainiert. Durchaus auch auf Wunsch der Tirolerin, wie Brem in Sölden zugab.
Sölden ist nicht nur wegen der extremen Höhenlage von rund 3.000 Metern auch für Brem etwas Besonderes. "Der Hang ist ja nicht nur supersteil, sondern auch superflach. Man muss insgesamt im Rennen gleich zwei Mal komplett umschalten", verwies sie auf die außergewöhnlichen Kriterien der Gletscherpiste. "Sowas gleich im ersten Rennen zu haben, ist eine echte Challenge."
"Weiß nicht, ob ich bereit bin"
Auch für Brem kommt der Herbst-Auftakt am Beginn einer fast fünfmonatigen Tournee immer noch irgendwie zu früh daher. "Kürzlich hat mich jemand angerufen und da bin ich drauf gekommen, dass ich geglaubt habe, ich habe noch eine weitere Woche Zeit", gestand sie lachend. Zwei Tage vor dem Rennen habe sie noch nicht einmal gewusst, welche Ski sie anschnallen werde. "Ich weiß also echt nicht, ob ich schon bereit bin", gab sie zu.
Trotzdem möchte Brem am Samstag schon im ersten Durchgang eine Duftmarke setzen. Grund ist auch die Erinnerung ans Vorjahr. "Da habe ich drei Durchgänge gebraucht, bis ich erst in Aspen richtig da war", will sie diesmal den Saisonstart nicht "verschlafen".
Dass sie als Sportlerin des Jahres nominiert ist, freut Brem. Eine Dankesrede werde sie aber nicht vorbereiten, versicherte sie. "Es ist eine Riesen-Ehre, nominiert zu sein. Aber ich rechne mit gar nichts."