"Sie sind einfach im Schädel blockiert mittlerweile, glaube ich. Weil sie von links und rechts eine auf den Deckel kriegen"
Es war mit einem Augenzwinkern formuliert, doch im Kern der Sache ernst gemeint: Österreichs völlig neben der Spur fahrende Ski-Rennläuferinnen sollten, so Manuel Feller, "eventuell auf Urlaub fliegen - einfach weg. Weil Skifahren können sie. Sind sind durch das, was ist, massiv in der Lockerheit eingeschränkt." Statt dicke Trainingsblöcke abzuspulen, sollten Katharina Liensberger und Co. Abstand vom zuletzt tristen (Renn)-Alltag gewinnen, riet ihr männlicher Branchenkollege.
"Sie sind einfach im Schädel blockiert mittlerweile, glaube ich. Weil sie von links und rechts eine auf den Deckel kriegen", sagte Feller am Montagabend in der Servus TV-Sendung "Sport und Talk". "Unsere Sportart spielt sich zu 80 Prozent im Kopf ab. Es gibt so viele Athleten, die im Training Bestzeiten fahren und das im Rennen nicht rüberbringen. Wenn so eine Negativspirale entsteht, ist es umso schwieriger."
Stoppen der Negativspirale schwierig
Dass aktuell keine Läuferin im Technik-Team "die Flagge hochhält", wie der Tiroler festhielt, verschärfe die Situation der einzelnen Athletinnen. "Aus so einem Loch rauszukommen ist vor allem unter Saison extrem schwierig. Man redet immer: Aber beim nächsten Rennen muss es passen. Wie soll das innerhalb einer Woche passieren?"
Auch Michaela Kirchgasser sprach von einer Art mentaler Blockade. "Ich verstehe, dass die Mädels kein Gefühl, kein Vertrauen mehr haben. Wenn du über Wochen von den Pisten und den Medien geprügelt wirst, geht genau gar nichts mehr", sagte die ehemalige Weltklasse-Läuferin. Dass sich das neue Trainerteam nach ersten Tiefschlägen nicht bedingungslos vor die Sportlerinnen stellte, sieht Kirchgasser als Knackpunkt der erst im Aufbau befindlichen Vertrauensbasis. "Es ist extrem schwierig, wenn du den Rückhalt nicht hast und bei schwierigen Rennen am Anfang keine Bestätigung kriegst."
Dass einige Läuferinnen mit dem Trainerwechsel fremdeln, ist kein Geheimnis. "Bis ich ein Vertrauen aufbaue, dauert es einfach", sagte Katharina Truppe in Flachau. Sie hatte zuvor teils sechs Jahre lang mit denselben Personen - mit aus ihrer Sicht steigender Tendenz - zusammengearbeitet. "Wir haben sicher gute Trainer und sie hauen sich voll rein, aber im Moment läuft irgendwas nicht zu 100 Prozent zusammen."
"Sind derzeit alle Passagier"
Am vergangenen Renn-Wochenende hatten Truppe, Liensberger und Ramona Siebenhofer sogar die Qualifikation für den zweiten Durchgang der besten 30 verpasst. Beste im Riesentorlauf von Kranjska Gora wurde mit Julia Scheib (13.) eine Läuferin, die nach fast zweijähriger Verletzungspause gerade erst zurückgekommen ist.
Das mangelnde Selbstvertrauen der eigentlichen Aushängeschilder spiegelt sich laut Philipp Schörghofer unmittelbar im Schwung wider. "Vom toten Schnee, mit Wasser präpariert, kriegst du kein Gefühl zurück. Da musst du der Pilot sein und nicht der Passagier. Wenn man die Bilder sieht, sind sie derzeit alle Passagier."
Mit dem Flachau-Nachtslalom am (heutigen) Dienstag wird der intensive Technik-Rennblock im Frauen-Weltcup um den Jahreswechsel abgeschlossen. Bis zum folgenden Riesentorlauf am 24. Jänner am Kronplatz sind zwei Wochen Zeit für ausgiebige Analyse - und eine letzte Chance, um vor der WM (6. bis 19. Februar) noch kurz Abstand zu gewinnen. Herbert Mandl, der ÖSV-Chef der Alpin-Sparte, kann dem Kurzzeit-Ausbruch aus dem Hamsterrad etwas abgewinnen. "Eine gewisse Auszeit und einmal mit Spaß Skifahren gehen" sei genauso denkbar wie das Hinzuziehen eines externen Sportpsychologen als Mediator zwischen Läuferinnen und Trainern.