Erstes Edelmetall bei Winterspielen

Grieche Ginnis ist die WM-Sensation

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Griechenlands AJ Ginnis (28) ist der Mann der Stunde am letzten WM-Tag.

Über Griechenland, Kaprun und Vermont auf das Podest der Ski-WM: AJ Ginnis war als Zweitplatzierter im Slalom von Couchevel der Sensationsmann schlechthin. Als erster Skirennläufer holte der 28-jährige Weltenbummler eine WM-Medaille für Griechenland. Am Sonntag schrieb Ginnis den vorläufigen Höhepunkt in einem Ski-Märchen, das eigentlich schon zu Ende war.

Als Globetrotter, der er ist, war Ginnis selbstverständlich auch bei Olympia in Peking 2022 dabei. Allerdings nicht aktiv auf der Piste, sondern als Analyst für den US-Sender NBC. Wieder einmal hatte er sich ein Knie zerstört - zum bereits sechsten Mal in seiner Karriere, und für sich gedanklich einen Schlussstrich unter eine bereits damals besondere Sportler-Karriere gezogen. Die Leistungen unter den Olympischen Ringen aber inspirierten ihn. "Mein Feuer war plötzlich wieder da." Blieb wieder einmal die Frage, wer sein Comeback finanzieren sollte, denn ein griechischer Skiverband existiert de facto nicht.

Alexandros Ioannis Ginnis, der in seinem US-Reisepass Alexander John Ginnis heißt, ging zur Frau Mama. "Sie sagte: Mach es! Hätte sie gesagt, such dir einen Job, dann hätte ich aufgehört. Aber sie hat immer an mich geglaubt. Sie hat einen Riesen-Anteil an dem da", sagte Ginnis und deutet auf die um seinen Hals baumelnde Silbermedaille. Schon nach dem ersten Durchgang Zweiter, bat er zwischendurch um Hilfe von oben: "Ich bete zu allen zwölf griechischen Göttern", sagte er im Fernsehinterview.

Vom Badeort in die Alpen

Das Geld war und ist immer knapp, einige Klein-Sponsoren und verrückte Köpfe - "lauter Freunde", so Ginnis - helfen mit. Sein Privat-Team besteht aus alten, skiaffinen College-Kumpels, die zumindest bisher oft im Auto anstelle von Hotelzimmern schliefen. Und Anfang Februar in Chamonix vor Freude durch die Gegend hüpften, als AJ mit Rang zwei im Weltcup-Slalom den Ski-Zirkus staunen ließ.

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Ginnis stammt aus Vouliagmeni, einem Badeort nahe Athen, und schon allein das scheint eine Ski-Karriere auszuschließen. Doch auch in Griechenland gibt es neben Meer und Sandstrand ziemlich hohe Berge. Schon als kleiner Bub schnallte er sich am 2.455 Meter hohen Parnass die Latten an, angeleitet von seinem Vater, einem Ski-Lehrer und Ski-Shopbetreiber.

Als AJ zwölf Jahre alt war, eröffnete sein Vater ein neues Geschäft - in Kaprun. Der Bub ging mit, der neuen Sprache, Kultur und - natürlich - des Skifahrens wegen. "Es war eine andere Kultur, ich kannte die Sprache nicht, war isoliert", sagte Ginnis. "Aber beim Skifahren habe ich Freunde gefunden." Mit ihnen lernte er in Windeseile Deutsch, besser gesagt: Pinzgauerisch.

Verletzungen können Griechen-Wunder nicht bremsen

Drei oder vier Jahre, so genau wusste es der Überglückliche am Sonntag nicht mehr, habe er in Salzburg verbracht. Danach ging es für den US-griechischen Doppelstaatsbürger (Ginnis Mutter wurde in New York geboren) in die USA. Highschool, College, immer die Ski dabei. Er schaffte den Sprung in die US-Kader - und verletzte sich. Immer wieder aufs Neue.

"Er hatte immer die Geschwindigkeit, aber mit all den Hürden, die er in seinem Leben hatte, konnte er es nie wirklich zu einer großen Leistung wie dieser bringen", sagte Ginnis' Servicemann Gabriel Coulet. "Trotz vieler Verletzungen ist er immer wieder losgezogen, um seinen Traum für Griechenland zu verwirklichen, und er hat nie aufgegeben." Als Ginnis gefragt wurde, was Silber hinter Weltmeister Henrik Kristoffersen für seine Karriere bedeuten kann, überlegte er kurz und sagte: "Ein Gamechanger." Dann lachte er.

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