Ski-WM:

Medaillen-Flaute statt Flut: Die Schweiz ringt um Contenance

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Ein schleppender Start und jetzt auch noch Marco Odermatt neben dem Podest.

Die Schweiz will nicht recht in das alpine Großereignis in Courchevel/Meribel finden, erlitt am Donnerstag im Super-G der Männer schon die dritte Enttäuschung in vier WM-Tagen. Nach vier Rennen stehen die Eidgenossen mit nur einer Silbermedaille durch Wendy Holdener da. Selbst Topstar Odermatt war nicht die erwartete Medaillenbank und muss weiter auf sein erstes WM-Edelmetall warten.

Die Schweiz hatte nach 43 Podestplätzen - darunter 17 Siege - in 56 Rennen (zum Vergleich Österreich: 17 Podestplätze) beim Saisonhöhepunkt Großes vor. Die euphorische Anfangsstimmung aber verfliegt allmählich, die nach Weltcup-Punkten aktuell beste Skination der Welt gerät im Herz der französischen Alpen schön langsam unter Zugzwang. "Jetzt einfach nicht nervös werden", titelte der Schweizer Rundfunk in seiner Online-Ausgabe. "Kater im Schweizer Skiteam", befand der "Tagesanzeiger".

Odermatt verpasste um elf Hundertstel Bronze

Odermatt, der vor der WM vier der sechs Super-G gewonnen hatte, war Stunden zuvor als Gold-Kandidat auf Platz vier gelandet. Um elf Hundertstel verpasste der 25-Jährige Bronze. Materialprobleme wurden im Anschluss vermutet, Odermatt selbst meinte, er habe die Abstimmung beim Skischuh nach dem Kombi-Super-G verändert. Da half es auch nicht, dass am Donnerstag der Kurs vom Schweizer Trainer Reto Nydegger gesteckt worden war.

Vielmehr stand einer am Podest ganz oben, den Odermatt schon seit über einem Jahrzehnt kennt. James "Jack" Crawford, selber Jahrgang (1997) wie Odermatt, war noch einmal eine Hundertstel schneller als Aleksander Aamodt Kilde. Odermatt erzählte später, er habe vor dem Rennen zu Crawford gesagt: Der Kurs ist wie für dich gesteckt. "Das hat er umgesetzt."

Odermatt selbst begab sich enttäuscht in den Rechtfertigungsmodus. "Wenn du die Goldmedaille gewinnen willst und Vierter wirst, dann bist du nicht zufrieden." Das Gefühl sei gut gewesen, aber er habe vielleicht das eine oder zwei Zehntel zu wenig Grundspeed gehabt. "Es war eine sehr gute Fahrt, aber drei waren einfach schneller", meinte er und bekannte fast ein wenig trotzig gegenüber dem "Blick": "Ich glaube, ich habe schon etwa 20 Weltcuprennen (tatsächlich 19; Anm.) gewonnen. Von dem her kommt früher oder später die WM-Medaille - und wenn nicht, dann habe ich schon genügend andere Sachen gewonnen."

Walter Reusser, der Alpinchef von Swis-Ski, meinte, man müsse sich am Video anschauen, woran es bei Odermatt genau gehapert habe. "Der Marco tut mir megaleid. Mit so einer guten Saison langt es am Schluss genau nicht für eine Medaille. Das ist schade, aber es zeigt auch: der Sport ist gnadenlos." Die der Heim-WM 1987 in Crans-Montana zu verdankende Rekordbilanz - acht Goldene, viermal Silber, zweimal Bronze - wird die Schweiz höchstwahrscheinlich nicht mehr realisieren. "Das haben wir ja vorher nicht gesagt", stellte sich Reusser schützend vor das Team.

Theoretisch möglich ist es aber, schließlich warten noch neun weitere Rennen, in denen auch Lara Gut-Behrami (verpasste Super-G-Bronze um vier Hundertstelsekunden), Loic Meillard, Daniel Yule, Gino Caviezel, Ramon Zenhäusern oder erneut Holdener anschreiben können. Die größten Hoffnungen ruhen nach wie vor auf Odermatt, der in der Abfahrt am Sonntag eine weitere Chance bekommt, um seinen persönlichen WM-Fluch zu beenden. Es wird sein neunter Anlauf.

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