ÖSV-Shootingstar sagte Snowboard-Medaille schon vor Olympia an.
Groß, verwegener Blick und immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Der 24-jährige Benjamin Karl erfüllt nicht nur problemlos das Image eines Frauenschwarms, sondern geht auch als Schwiegermutter-Traum durch. Und er ist seit zwei Jahren der Shooting-Star der Snowboard-Szene. 13 Monate nach Slalom-Gold bei der WM holte sich der "Flachländer" aus Niederösterreich bei Olympia in Vancouver auch im Parallel-Riesentorlauf das angekündigte Silber.
Als Flachländer zum Superstar
Wie ausgerechnet ein
Niederösterreicher aus Wilhelmsburg bei St. Pölten zu einem der besten
Snowboarder der Welt werden kann, ist eine Story für sich. Ausschlaggebend
war in erster Linie die Naturverbundenheit und der Ehrgeiz von Mama
Michaela, die den kleinen "Benji" von klein auf mit auf die Berge schleppte.
Seinen ersten Dreitausender auf eigenen Beinen meisterte Klein-Benjamin mit
gerade einmal vier Jahren, Berge sind seitdem "Kraftplätze" für ihn.
Das Snowboard kam relativ schnell ins Leben von Karl. Der Bezug zum Wintersport war auch durch die nahe Zdarsky-Heimat Lilienfeld gegeben, die ersten Versuche am Board machte er am Muckenkogel bzw. am Hochkar. Dabei hätte alles schon sehr früh auch schon wieder zu Ende sein können, denn als Zehnjähriger zog sich Karl bei einem Sturz mit dem Plastikbob einen dreifachen Brustwirbelbruch zu.
Ab nach Schladming
Es war auch ein mutiger Schritt für die im
Voralpenland in Mittelstandsverhältnissen lebenden Karls, den Sohn in die
Skihandelsschule nach Schladming zu schicken. "Sitzenbleiben", so der
mittlerweile gelernte Handelskaufmann Karl, "war nicht drin". Heute hat er
sich der Fahrer von SG-Boards als Red-Bull-Profisportler etabliert und Lienz
auch deshalb zu seiner Wahlheimat erkoren, weil er mit Nina Grissmann, der
Tochter des seinerzeitigen "Halbzeitweltmeisters" Werner Grissmann, liiert
ist.
Erfolge angekündigt
Der ständige wirtschaftliche Druck hat
zu einem bemerkenswerten Selbstbewusstsein des "Querdenkers" und
leidenschaftlichen Motorradfahrers gesorgt, der 2005 als sein
"Durchbruchsjahr" und sich selbst allen Vermutungen zum Trotz als "Mensch
mit konservativer Einstellung" bezeichnet. Er hatte in jedem Jahrgang die
Nase vorne und kündigte als Junior seinen Europacupsieg ebenso an wie den
Junioren-Weltmeistertitel. Und er löste diese Versprechen prompt ein.
Weltmeister
Für die Korea-WM im Vorjahr hatte er sich trotz
vorangegangener Verletzung sogar Doppelgold vorgenommen. Nach "nur" Platz
vier im PGS legte er nach und holte Slalom-Gold. "Ich muss mir die Ziele
sehr hoch setzen, damit ich gute Ergebnisse einfahre", erklärte Karl einst.
"Der Typ, der einfach nur sein Bestes gibt, der bin ich nicht." Seit er die
Angst vor dem Verlieren aufgegeben hat, gelingt es ihm locker zu fahren und
vor allem Spaß zu haben. "Die Professionalität hat sich dadurch enorm
gesteigert", so Karl.
Sieben Weltcupsiege hat der vor allem durch konstant gute Leistungen auffallende Karl auf dem Konto, und gleich viermal, so der Niederösterreicher bei der Einkleidung für Vancouver, möchte er auch Olympiasieger werden.
Es ist typisch für den Österreicher, der sich in seinem Sport jeden Tag neu beweisen will. "Denn selbst Kindheitsträume sind vergänglich", so Karl, der vor allem über eines froh ist: "Ich fahre im derzeit stärksten Team der Welt. Da weiß man immer, wo man steht."