Ausnahmezustand

Drogenkrieg auf Jamaika eskaliert

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Schießereien in Kingston wegen geplanter Auslieferung von Drogenboss an USA.

Nach tagelanger Konfrontation zwischen Polizei und Drogengangstern hat der jamaikanische Ministerpräsident Bruce Golding am Sonntag den Ausnahmezustand über Teile der Hauptstadt Kingston und des angrenzenden Bezirks St. Andrew verhängt. Anhänger des Drogenbosses Christopher "Dudus" Coke versuchen mit Gewalt dessen Auslieferung an die USA zu verhindern. Dort droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

Ausnahmezustand
Golding kündigte am Abend an, dass Justizministerin Dorothy Lightbourne den Auslieferungsbeschluss unterzeichnen werde. Die Verhängung des Ausnahmezustands war bei einer Krisensitzung der Regierung beschlossen worden. Sie gelte vorerst für einen Monat, hieß es in Medienberichten von der Karibik-Insel.

Gefährlicher Drogenboss
Das US-Justizministerium sieht in Coke einen der gefährlichsten Drogenbosse weltweit. Er hat nach lokalen Medienberichten Verbindungen zur regierenden Labour Partei Jamaikas. Die Regierung sei deshalb einem Auslieferungsersuchen der USA auch monatelang nicht nachgekommen, hieß es in US-Berichten. Premier Golding habe argumentiert, dass die Beweise gegen Coke durch illegales Abhören von Mobiltelefonaten zustande gekommen seien. Wie der britische Sender BBC weiter berichtete, habe Golding aber seine Haltung wegen des wachsenden Unmuts in der Bevölkerung und aufkommender Fragen über mögliche Verbindungen des Regierungschefs zu Coke geändert.

Polizeichef Owen Elington sagte, Bewaffnete hätten sich zusammengeschlossen, um den Drogenboss in seinem Stadtviertel Tivoli Gardens zu beschützen. Einwohner hatten schon vor Tagen Barrikaden aus Stacheldraht und Schrottautos errichtet, um den Sicherheitskräften den Zugang unmöglich zu machen. Der Gesuchte habe sich in seinem Haus in Tivoli Gardens verschanzt. Er wurde aufgefordert, sich zu ergeben.

Schüsse auf der Straße
In der Hauptstadt waren Schüsse zu hören. Polizisten seien beschossen worden, als sie Straßenblockaden wegräumen wollten. Eine Polizeiwache wurde von maskierten Männern mit Molotow-Cocktails in Brand gesteckt. Die Polizisten wurden zuvor von einer Spezialeinheit in Sicherheit gebracht, nachdem ihnen die Munition ausgegangen war. Sie waren den ganzen Tag beschossen worden. Auch zwei weitere Polizeiwachen waren beschossen worden. Schwer bewaffnete Gangster waren in den Straßen und auf Hausdächern von Kingston zu sehen.

In der gleichen Gegend waren 2001 bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Verbrecherbanden 27 Menschen ums Leben gekommen. Am Sonntag berichtete die Polizei, ein Beamter sei bei dem neuerlichen Gewaltausbruch verletzt worden. Auch ein Unbeteiligter soll verletzt worden sein. Das US-Außenministerium gab eine Reisewarnung für den Großraum Kingston heraus. Die Karibik-Insel Jamaika ist ein beliebtes Urlaubsziel für Touristen aus den USA und Europa.

Verbechersyndikat
Coke leitet das Verbrechersyndikat "Shower Posse", das nach Angaben der örtlichen Polizei in Jamaika, der restlichen Karibik, in Nordamerika und in Großbritannien aktiv ist. Die USA beschuldigen ihn des Kokain- und Waffenhandels. Cokes Verbrecherorganisation ermordete während der Drogenkriege der 1980er Jahre Hunderte Menschen, für viele Jamaikaner ist Coke jedoch ein Wohltäter, weil er ihren Kinder den Schulbesuch ermöglicht, Nahrungsmittel kauft und vor allem Streitigkeiten schlichtet, wie die jamaikanische Zeitung "Jamaica Gleaner" im Internet berichtet. Hunderte von Jamaikanern hatten in der vergangenen Woche bei einer Demonstration Coke ihre Unterstützung bekundet.

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