Weltweit Fälle

Red Bull, Ambros als Opfer: Österreicher zieht Fäden bei Handyüberwachungs-Firma

Eine indonesische Firma ortete weltweit Tausende Handys. Auch Red Bull, Wolfgang Ambros und Ex-BVT-Chef Gert-René Polli waren betroffen. Ein österreichischer Manager ist als Vertriebsleiter der Firma verwickelt. 

Die indonesische Firma First Wap hat sich auf die Überwachung von Mobiltelefonen spezialisiert. Mit dem Produkt "Altamides" soll etwa Polizeibehörden, Ermittlern und Geheimdiensten geholfen werden, Verbrechen aufzuklären oder zu verhindern. 

Allerdings soll es auch dubiose Geschäfte rund um die Firma geben, wie eine internationale Recherche von "ZDF", "Spiegel", "Standard" und weiteren zeigt. 

Versteckte Kamera: Austro-Vertriebsleiter und deutscher Geschäftsführer

Auf der Sicherheitsmesse "ISS" in Prag demonstrieren etwa zwei Manager - der österreichische Vertriebsleiter Günther R. sowie der deutsche Geschäftsführer Jonny G. - einem potentiellen Kunden das Überwachungstool "Altamides". Was die Manager nicht wissen: Der potentielle Kunde ist ein verdeckter Journalist der Investigativ-Plattform "Lighthouse Reports", der mit einer versteckten Kamera filmt.

"Wenn man ein Ziel markiert, können wir alle eingehenden und ausgehenden Anrufe abhören, eingehende SMS, ausgehende SMS und auch den Datenstrom. Und wir können die Daten umleiten", erklärte R. in dem Gespräch. Auch das WhatsApp von jemandem zu übernehmen sei "sehr einfach". 

Tausende Handys geortet

Hintergrund der verdeckten Operation ist, dass dem Rechercheteam ein Datensatz vorliegt, aus dem hervorgeht, dass über Jahre hinweg, Tausende Menschen für Kunden und Vertriebspartner überwacht wurden - auch in Österreich.

Red Bull, Ex-BVT-Chef und Ambros betroffen 

Rufnummern aus dem Datensatz konnten etwa Ex-BVT-Chef Gert-René Polli oder dem Sänger Wolfgang Ambros zugeordnet werden. Auch zahlreiche Nummern von ehemaligen und heutigen - teils hochrangigen - Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Red Bull Media House fanden sich im Datensatz. Red Bull erklärte auf Anfrage, bis auf drei kleinere Projekte zu Fahrzeugtracking, nicht mit der Firma zusammengearbeitet zu haben. Hauptsächlich fanden die Ortungen zwischen 2007 und 2014 statt. 

Auch der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi - bekannt als "Vatikan-Aufdecker" - soll mit der First-Wap-Software "Altamides" überwacht worden sein. Nach seiner Buchveröffentlichung 2012 wurden zwei seiner Telefone öfter mit der Software geortet. Wenige Tage später verhaftete die vatikanische Polizei Nuzzis Quelle, den damaligen Kammerdiener des Papstes. 

Umgehung von Sanktionen? 

Der Undercover-Reporter wollte im Gespräch mit den First-Wap-Managern herausfinden, ob die Firma heute noch immer so agiert. Der Reporter erzählt von einem möglichen Interessenten im Niger. Das Land steht nach einem Putsch auf der Sanktionsliste der EU. Heißt im Klartext: Überwachungssoftware dorthin zu verkaufen, wäre illegal. 

Dem österreichischen Vertriebsleiter R. dürfte das bewusst sein, er spricht sogar davon, dafür "ins Gefängnis kommen" zu können. Die Manager beraten sich anschließend kurz, wechseln die Sprache auf Deutsch. Schließlich erklärt man, man könne das Geschäft über Jakarta (Hauptstadt von Indonesien) abwickeln. 

First Wap streitet Vorwürfe ab 

Einige Wochen nach der Unterhaltung auf der Messe meldet sich der Undercover-Reporter erneut bei First Wap. In einem Video-Call gibt er sich aber schließlich seine wahre Identität preis, was die Manager erstarren lässt. Anschließend streiten sie allerdings sämtliche Vorwürfe ab. 

Auch auf schriftliche Nachfrage weist die Firma die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen habe niemals Geolokalisierung als Bezahlservice an staatliche Einrichtungen angeboten und betreibe ein legales Geschäft. Reseller und Kunden ihrer Produkte seien zur Einhaltung gesetzlicher Anforderungen verpflichtet worden. Und: "First Wap verkauft seine Produkte nur an solche staatlichen Stellen, die über ein (...) gesetzliches Mandat zum Erwerb und Betrieb solcher Produkte verfügen." Auch an sanktionierte Länder verkaufe man nicht, so die Firma.

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