Durch Autobauer

Airbag-Produzent Takata in Pleite geschickt

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Der Zulieferer beantragte in Japan und den USA Gläubigerschutz wegen Milliardenkosten durch Unfälle.

Der Verursacher des weltweit größten Massenrückrufs in der Autoindustrie, der japanische Airbag-Hersteller Takata, geht mit Hilfe von Autobauern in eine kontrollierte Pleite. Der Zulieferer beantragte am Montag in Japan und den USA wegen der durch defekte Airbags entstandenen Milliardenkosten Gläubigerschutz. Die Europa-Aktivitäten des Konzerns sind davon nicht betroffen.

Der US-Autoteileproduzent Key Safety Systems (KSS) kauft nun für umgerechnet rund 1,4 Milliarden Euro das von der Familie Takada kontrollierte Unternehmen. An der Auffanglösung arbeitete der Zulieferer nach eigener Darstellung seit Februar 2016 mit seinen Kunden aus der Autoindustrie. Insgesamt 14 Hersteller haben demnach Finanzhilfen ungenannter Höhe für eine Restrukturierung zugesagt. Auch die von den Rückrufen betroffenen deutschen Konzerne Volkswagen, Daimler und BMW seien beteiligt, hieß es in Branchenkreisen. Die Unternehmen gaben dazu keine Stellungnahmen ab.

Ersatzteile-Hersteller
Die weltweite Geschäftstätigkeit und Lieferungen an Kunden sollen ohne Unterbrechung fortgeführt werden. Takata will demnach weiterhin Ersatzteile für zurückgerufene Fahrzeuge herstellen. In Europa sollen keine Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Dort agiere Takata eigenständig von anderen Regionen und verfüge weiterhin über eine solide finanzielle Basis. Die Verfahren und der bis Anfang 2018 geplante Verkauf sollten keine Folgen für Geschäftspartner und die rund 15.000 Mitarbeiter in der Region haben. In Deutschland hat Takata rund 3.000 Mitarbeiter.

Die Japaner sehen sich mit Milliardenforderungen aus dem Airbag-Skandal konfrontiert, mit dem mindestens 17 Todesfälle in den USA und Asien wegen defekter Aufblasvorrichtungen in Verbindung gebracht werden. Die Gasgeneratoren in den Luftkissen können in Regionen mit feuchtheißem Klima nach längerer Zeit explodieren. Mehr als 100 Millionen Airbags wurden zurückgerufen, davon allein in den USA 70 Millionen. Takata fuhr zuletzt den dritten Jahresverlust in Folge ein mit einem Minus von 640 Millionen Euro. Durch Rückrufe und Gerichtsverfahren über ein Jahrzehnt liefen zig Milliarden Dollar an Kosten auf. Die gesamten Schulden belaufen sich nach Schätzung von Analysten auf 15 Milliarden Dollar. Die reinen Rückrufkosten könnten auf zehn Milliarden Dollar steigen, hieß es in Branchenkreisen. Die endgültige Summe hänge von der Vereinbarung mit den Autoherstellern ab, die bisher den Großteil der Rückrufkosten selbst getragen hätten, erklärte ein Anwalt von Takata. Von den japanischen Autobauern hat Takata schon eine Zusage für Finanzhilfen. Auf globaler Ebene sei eine solche Vereinbarung noch in Arbeit, erklärte der Zulieferer.

Gegen eine Pleite
Einige Autobauer hätten sich in den Gesprächen über den Rettungsplan gegen eine Pleite ausgesprochen, weil sie dann weitgehend auf den für die Rückrufe vorgestreckten Kosten sitzen blieben, hatte Reuters früher von Insidern erfahren. Daimler erklärte, für die Reparaturkosten der rund 1,5 Millionen betroffenen Mercedes-Fahrzeuge entsprechend Rückstellungen gebildet zu haben. "Regressansprüche bleiben davon unberührt", ergänzte ein Sprecher. Der Stuttgarter Konzern legte 2015 und 2016 zusammen rund 900 Millionen Euro dafür beiseite. Der Rückruf sei vorsorglich, denn in keinem Modell sei der beschriebene Defekt bisher gefunden worden.

BMW wies die Takata-Kosten im Geschäftsbericht nicht separat aus. Einem Sprecher zufolge handelt es sich um einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag. Volkswagen stellte in den vergangenen beiden Jahren 600 Millionen Euro zurück. "Wir gehen davon aus, dass diese Insolvenzen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Produktion des Volkswagen-Konzerns haben wird", erklärte ein Sprecher.

Eine Milliarde Dollar Kosten
Der Erlös aus dem Verkauf an KSS soll den in den USA beschlossenen Entschädigungsfonds für die Autobauer von 850 Millionen Dollar finanzieren. Insgesamt kostete der Vergleich mit den US-Behörden, der auch Entschädigungen für Privatpersonen beinhaltet, die Japaner eine Milliarde Dollar. Im Vergleich zum Dieselskandal von Volkswagen ist das trotz der ungleich höheren Zahl an von dem Airbag-Rückruf betroffenen Fahrzeugen wenig: VW büßt für die Manipulation von Dieselabgasen in den USA mit bis zu 21 Milliarden Dollar bei 560.000 Fahrzeugen, die repariert oder zurückgekauft werden sollen. Konkrete Todesfälle durch gesundheitsschädliches Stickoxid sind nicht nachgewiesen.

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