Jetzt spricht ÖBB-Chef

Kern: Nein zu Privatisierung der Bahn

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ÖSTERREICH-Interview: ÖBB-Chef sagt, wie er Bahn sanieren will.

Mit einem ÖSTERREICH-Interview am Sonntag sorgte die neue Finanzministerin Maria Fekter für den ersten Paukenschlag nach der extrem harmonischen Regierungsklausur.

Fekter kündigte in ÖSTERREICH forsch an: „Die ÖBB kann man locker privatisieren, da habe ich überhaupt kein Problem damit.“ Und sie ergänzte: „Mir wäre eine strategische Partnerschaft am liebsten, damit das Werkel endlich funktioniert.“

Mit dem ÖSTERREICH-Interview trat Fekter eine sehr brisante politische Diskussion los: Darf die Republik die für viele lebensnotwendige Bahn privatisieren, sprich: wie die AUA ans Ausland verkaufen? Oder soll das neue Management rund um den gerade frisch gekürten ÖBB-Chef Christian Kern die Bahn so sanieren, dass keine Schulden mehr anfallen?

Laut Raiffeisen ist Marke ÖBB 1,27 Milliarden wert
Tatsächlich könnte der Verkauf für die Republik ein gutes Geschäft werden. Laut einer gestern erschienenen neuen Marken-Studie von Raiffeisen wäre allein die Marke ÖBB bereits 1,27 Milliarden Euro wert. Der Verkehrsexperte der Wirtschafts-Uni, Sebastian Kummer, hält die ÖBB-Privatisierung für „eine gute Idee“. Er sieht die französische SNCF und die Deutsche Bahn als Interessenten.

Bures sagt „Nein“, ÖBB-Chef Kern vertröstet auf 2013
Applaus findet Fekter in der ÖVP und beim BZÖ.

Scharfe Kritik kommt von SPÖ-Verkehrsministerin Bures: „Die ÖVP“, sagt Bures, „soll endlich mit dem ÖBB-Bashing aufhören.“ Und: „Ein Verkauf der ÖBB kommt mit der SPÖ nicht infrage – das ist eine verfehlte schwarz-blaue Politik.“

Im ÖSTERREICH-Interview nimmt jetzt auch der neue ÖBB-Chef Kern zur ­Privatisierungsdebatte Stellung. Er hält den Zeitpunkt für „denkbar ungünstig“ und verspricht „für 2013 schwarze Zahlen“. Bis dahin solle man das Management in Ruhe arbeiten lassen, danach seien Privatisierung und auch ein Börsen­gang möglich.

Für Fekter hat Kern ein Zuckerl parat: Die bisher gewünschten 400 Millionen Euro für die Bahn­sanierung seien nun keine "Bedingung" mehr.
 

Das große ÖSTERREICH-Interview mit ÖBB-Chef Kern lesen Sie auf der nächsten Seite!


ÖBB-Chef: "ÖBB sind 2013 in schwarzen Zahlen"

ÖSTERREICH: Finanzministerin Maria Fekter hat in ÖSTERREICH vorgeschlagen, die ÖBB zu privatisieren, damit das Werkel rennt. Wie stehen Sie zu dem Vorschlag?
KERN: Jetzt geht es darum, die Bahn auf gesunde Beine zu stellen. Bevor man überhaupt darüber nachdenken kann, ob man die ÖBB privatisieren oder auch an die Börse bringen soll, müssen wir als Management unsere Hausaufgaben bei der Sanierung machen. Da sind wir auf einem guten Weg. 2013 wollen wir schwarze Zahlen. Um das Unternehmen nachhaltig zu verändern, wird man aber realistisch zehn Jahre brauchen. Egal, unter welchem Eigentümer.

ÖSTERREICH: Wie sieht die Sanierung der ÖBB aus?
KERN: Wir sind bei unserem Sanierungskurs für die ÖBB in den ersten Monaten schon ein schönes Stück weitergekommen. Wir haben als ÖBB ein positives erstes Quartal 2011 geschafft, wollen bis Ende dieses Jahres den operativen Verlust halbieren und wollen 2013 eine schwarze Null, also ein positives Ergebnis ohne Verlust, bei den ÖBB erreichen. Und dann, wenn wir 2013, also in nur zwei Jahren, ein positives Ergebnis haben, ist es die Entscheidung des Eigentümers, was er mit den ÖBB machen will. Jetzt einen Abverkauf à la AUA durchzuführen, bringt weder dem Unternehmen, den Kunden noch dem Steuerzahler etwas.

ÖSTERREICH: Sind Sie am Sonntag aus allen Wolken gefallen, als Sie gelesen haben, dass die Ministerin die ÖBB privatisieren will?
KERN: Bin ich nicht – die Debatte über eine Privatisierung der ÖBB kann der Eigentümer natürlich führen, aber bitte sachlich, nicht abwertend als „Werkel“. Derzeit bekäme man nicht den wahren Wert für die ÖBB am Markt. Wir sind aber als Management am richtigen Weg, wollen die Sanierung konsequent weiterführen und sind sehr zuversichtlich, dass wir 2013 ein positives Ergebnis schaffen. Wir reduzieren die Mitarbeiter, wir bauen die zu kostspielige Verwaltung ab, wir erhöhen die Produktivität. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen.

ÖSTERREICH: Sie haben einmal gesagt, für eine wirklich erfolgreiche Sanierung brauchen Sie von der Regierung noch einmal 400 Millionen Euro Kapitalzuschuss.
KERN: Die Regierung hat zuletzt alle Unternehmen in ihrem Eigentum unterstützt. Die OMV erhielt eine Kapitalerhöhung, der Verbundkonzern hat eine Kapitalerhöhung bekommen, Post und Telekom ebenso. Es würde die Sanierung deutlich erleichtern, wenn wir die 400 Millionen Euro Kapital erhalten.

ÖSTERREICH: Sie bestehen also nicht mehr auf den 400-Millionen-Staatszuschuss?
KERN: Ich kann als Manager nichts fordern, nur die Wege aufzeigen. Eine Kapitalerhöhung wäre am Weg zur Sanierung sehr sinnvoll, aber sie ist keine Bedingung. Wir werden auch so beweisen, dass wir eine ordentliche Performance hinlegen und die Sanierung der ÖBB schaffen.

ÖSTERREICH: Fühlen Sie sich von der ÖVP mit all den politischen Querschüssen verfolgt?
KERN: Ich habe mich noch nie von der ÖVP verfolgt gefühlt. Ich wäre nur glücklich, wenn die gesamte Regierung den Sanierungskurs der Bahn unterstützen würde.

ÖSTERREICH: Halten Sie strategische Partnerschaften für sinnvoll?
KERN: Strategische Partnerschaften sind immer gut, wir pflegen ja schon viele. Aber es ist immer die Frage, ob man sie aus einer Position der Stärke oder der Schwäche eingeht.

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