Umstritten

Mitten im Alpen-Dorf: Hotelier plant gigantischen Wolkenkratzer

260 Meter hoch mitten in den Alpen: Umstrittener Wolkenkratzer soll Wohnungsnot lindern.  

Ein Projekt, das die Alpen spaltet: Im Schweizer Nobel-Skiort Zermatt plant ein Hotelier den Bau eines 260 Meter hohen Wolkenkratzers mit 62 Stockwerken – nur wenige Hundert Meter vom Dorfeingang entfernt, im Schatten des weltberühmten Matterhorns.

Der Turm wäre höher als viele Hochhäuser in europäischen Metropolen – und ein radikaler Bruch mit dem traditionellen Ortsbild des 6000-Einwohner-Dorfs.

Initiator des Projekts ist der Zermatter Hotelier Heinz Julen, der den geplanten Glasturm „Lina Peak“ nennt. Was auf den ersten Blick wie ein Prestigeobjekt für Superreiche wirkt, verfolgt laut Julen jedoch ein anderes

Ziel: die dramatische Wohnungsnot in einem der teuersten Orte der Schweiz.

Wohnungen für Einheimische – finanziert durch Luxus-Lofts

Zermatt zählt jährlich rund 1,5 Millionen Übernachtungen, gleichzeitig finden viele Einheimische und Saisonarbeitskräfte kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Wohnungen werden zunehmend als Ferienunterkünfte genutzt oder über Plattformen wie Airbnb zu deutlich höheren Preisen vermietet.

Rund 550 Wohnungen 

Genau hier setzt Julens Konzept an. Im Lina Peak sollen insgesamt rund 550 Wohnungen entstehen – mit Größen zwischen 35 und 150 Quadratmetern. Die unteren 32 Etagen sind laut Planung ausdrücklich für Einheimische und Angestellte vorgesehen. Julen verspricht Erstwohnungen mit Spekulationsverbot und „fairer Preisgestaltung“.

„Fair“ ist in Zermatt allerdings relativ: Eine 100-Quadratmeter-Wohnung soll umgerechnet rund eine Million Euro kosten. Für viele Familien sei das dennoch finanzierbar, argumentiert der Hotelier.

Mit direktem Blick auf das Matterhorn

Die obersten 30 Stockwerke sollen hingegen frei verkauft werden – als exklusive Luxus-Apartments mit direktem Blick auf das Matterhorn. Diese hochpreisigen Lofts sollen die günstigeren Wohnungen im unteren Teil des Turms querfinanzieren. „Die obersten Wohnungen werden dermaßen teuer sein, dass sie die Wohnungen für Einheimische mitfinanzieren“, sagte Julen dem Portal Stadtfragen. „Diese Idee finde ich einfach gut.“

850 Millionen Euro – plus Hallenbad und Kita

Der Turm soll etwa 800 Meter vor dem Dorfeingang entstehen, um das historische Ortsbild möglichst zu schonen. Das Grundstück habe Julen von einer ehemaligen Schulfreundin erworben. Die Baukosten schätzt er auf umgerechnet bis zu 850 Millionen Euro.

Geplant sind neben Wohnungen auch ein öffentliches Hallenbad, eine Kindertagesstätte sowie eine direkte Anbindung an die Skipisten – ein Mix aus sozialer Infrastruktur und Luxusarchitektur.

Zwischen Wohnungsnot und Landschaftsschutz

In Zermatt selbst sorgt das Projekt für hitzige Debatten. Für viele ist ein gläserner Wolkenkratzer in einer von Holzhäusern geprägten Alpenlandschaft kaum vorstellbar. Andere sehen darin eine mutige Antwort auf ein reales Problem.

Volksabstimmung entscheidet

Bevor überhaupt gebaut werden kann, müssen die Zermatter selbst entscheiden. Sammelt Julen 600 Unterschriften, kommt es zu einer Volksabstimmung. „Das letzte Wort hat die Bevölkerung“, sagt der Hotelier.

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