Enormer Anstieg

Beschwerden wegen teuren Handytarifen

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Reduktion auf drei Anbieter ist ein Präzedenzfall für ganz Europa.

Seit der Fusion von "3" (Hutchison) und Orange sind Handytarife in Österreich deutlich teurer geworden. Bei den Konsumentenschützern und der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) häufen sich die Beschwerden von Kunden. "Bei uns sind dutzende E-Mails eingelangt, mit der Bitte den Mobilfunkmarkt zu untersuchen", sagte BWB-Pressesprecherin Sarah Fürlinger zur APA.

Seit August 2014 läuft eine solche Branchenuntersuchung nach dem Wettbewerbsgesetz. Die BWB vermutet wegen der vielen Preiserhöhungen in den vergangenen zwei Jahren, dass der Wettbewerb eingeschränkt oder verfälscht ist. Was bei der Untersuchung herauskommt, lässt sich noch nicht sagen. Der Erwartungsdruck der Konsumenten ist aber hoch. "Ziel aus heutiger Sicht ist es, die Untersuchung Anfang des Sommers 2015 abzuschließen", so Fürlinger.

Preiskampf dank neuer Anbieter
Zuletzt hat der Lebensmitteldiskonter Hofer mit HoT den Preiskampf wieder etwas angefacht , die Telekom Austria hat daraufhin die Minutenpreise bei der Billigtochter Yesss! auf 3,9 Cent gesenkt. Davor kannten die Mobilfunkpreise zwei Jahre lang nur eine Richtung: Telefonieren und Surfen am Handy wurde empfindlich teurer. Ab 2014 bis zum Start von HoT gab es den Standardtarif mit 1.000 Minuten oder SMS und 1.000 Megabyte (MB) Daten bei keinem Mobilfunker unter 15 Euro monatlich.

Das finnische Consultingunternehmen Rewheel hat die Orange-Übernahme genauer unter die Lupe genommen und die Datentarife vor und nach der Fusion verglichen: Im Schnitt kostete ein Gigabyte Daten nachher um 60 Prozent mehr. Waren die Handytarife in den Inflationsberechnungen der Statistik Austria jahrelang einer der Preisdämpfer, sind die Grundentgelte seit 2014 einer der größten Preistreiber. Auch die Arbeiterkammer (AK) stellte Preiseanstiege von 29 bis 78 Prozent innerhalb von etwas mehr als einem Jahr fest und machte dafür den Wegfall des vierten Wettbewerbers verantwortlich.

Die BWB und der Bundeskartellanwalt haben sich 2012 vehement gegen die Fusion von "3" und Orange ausgesprochen. Die EU-Kommission hat die Übernahme aber genehmigt. "Das war ein Fehler" räumte der damalige Brüsseler Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia im Juli 2014 ein. Er sei unglücklich, was im österreichischen Markt passiere. Trotzdem gilt der Zusammenschluss von "3" und Orange als eine Art Präzedenzfall in ganz Europa. Telekom-Analyst James Alison: "Europaweit wurde damit der Weg für eine Konsolidierung von vier Anbieter auf drei geebnet."

Zerschlagung wäre einzige Möglichkeit
Im Nachhinein könnte man eine Fusion nur durch eine Zerschlagung rückgängig machen, dies ist aber mehr als unwahrscheinlich. Auch weil die Telekombranche derzeit weltweit auf Konsolidierungskurs ist. 2014 gab in Deutschland und Frankreich Milliardenübernahmen. Teil der Konsolidierungswelle ist auch der heimische Marktführer Telekom Austria: Seit dem Vorjahr hat der mexikanische Telekom-Konzern America Movil von Carlos Slim, dem zweitreichsten Mann der Welt, das Sagen.

Die Hoffnungen der EU bei der Orange-Übernahme ruhten auf neuen virtuellen Anbietern (MVNO) ohne eigenes Netz. Die Auflagen zielten darauf ab, die Markteintrittsbarrieren für solche Mobilfunker zu reduzieren. Trotzdem dauerte es zwei Jahre bis mit UPC und HoT zwei neue Anbieter starteten. Für 2015 sind weitere virtuelle Anbieter angekündigt.

Österreich galt jahrelang als Paradies für Handyfonierer, die Tarife waren in der Vergangenheit deutlich billiger als in anderen Ländern. Die Mobilfunker stehen nun vor dem Dilemma, dass die Kunden vom massiven Preiskampf verwöhnt sind. Außerdem steigen immer mehr junge Nutzer von MMS und SMS auf Messenger-Dienste wie WhatsApp um, bei denen die Mobilfunker keine Zusatzumsätze lukrieren. Trotz der Umsatzrückgänge stehen aber teure Investitionen in das Netz an. Der mobile Datenverkehr verdoppelt sich laut Zahlen des Telekom-Regulators RTR fast jedes Jahr. Im zweiten Quartal 2014 wurden mehr als 37 Millionen Gigabyte verbraucht, das ist ein Plus von 302 Prozent gegenüber 2011.

Infrastrukturausbau
A1, "3" und T-Mobile begründeten die Preiserhöhungen meist mit dem Breitbandausbau und der zwei Milliarden teuren Auktion von LTE-Frequenzen. Ein Zusammenhang mit der Orange-Übernahme wird in Abrede gestellt. Ins Gewicht fielen auch Kosten für Büros, Shops und Service sowie gestiegene Personalkosten. "3"-Chef Jan Trionow sieht sogar kein gestiegenes Preisniveau: Während die Mobilfunk-Nutzung Quartal um Quartal steige, sei der durchschnittliche Umsatz pro Kunde und Monat im Vorjahr um 5 Prozent auf 19,66 Euro gesunken.

Zu schaffen machen den Betreibern auch die Roaming-Pläne der EU. Die geplante Abschaffung der Roaminggebühren führe dazu, dass man den Mobilfunkern "von heute auf morgen einen wesentlichen Umsatzstrang abschneidet", sagte Trionow erst am Donnerstag bei der Bilanzpressekonferenz. Der operative Gewinn von "3" stieg 2014 um 60 Prozent auf 170 Mio. Euro - dank "positiver Synergieeffekte" nach der Orange-Übernahme.

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