Mitte der 1970er wurde das Burn-out-Syndrom erstmals zum Begriff. Damit wird noch heute der Zustand totaler körperlicher und emotionaler Erschöpfung beschrieben. Ursachen können starke Belastungen verschiedenster Art sein. Leider allzu oft ist jedoch Burn-out mittlerweile ein häufig verwendeter Begriff in der Alltagssprache geworden. Dieser wird bei übermäßigem Stress schnell in den Mund genommen, obwohl er eigentlich einer ärztlichen Diagnose bedarf. Psychiater Manfred Lütz geht sogar so weit, zu behaupten, dass es die Krankheit Burn-out gar nicht gebe.
Die wichtigsten Fakten zu Burn-Out
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Definition
Das Burn-out-Syndrom, so die fachliche Bezeichnung des „Ausgebranntseins“, gilt heute als Krankheitsbild und beschreibt einen andauernden Zustand der totalen körperlichen und emotionalen Erschöpfung. Im Prinzip kann es jeden treffen, der im Beruf oder Privatleben länger anhaltenden Stresssituationen ausgesetzt ist und keine Möglichkeit zum Entspannen findet. Man nimmt an, dass etwa 10 Prozent der Erwerbstätigen an einem Burn-out-Syndrom leiden.
Ursachen
Viel zu hohe berufliche, familiäre und gesellschaftliche Erwartungshaltungen fördern Burn-out. Zeit- und Leistungsdruck, Angst um den Arbeitsplatz, fehlende individuelle Gestaltungsmöglichkeiten im Job, Überforderung und Mobbing spielen ebenso eine wichtige Rolle wie bestimmte persönliche Eigenschaften. Oft sind sehr engagierte und ehrgeizige Personen mit einem Hang zum Perfektionismus, die gerne alles selber machen wollen, betroffen.
Symptome
Burn-out entsteht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein sich langsam entwickelnder Prozess. Die körperlichen und psychischen Beschwerden sind von Mensch zu Mensch verschieden. Häufige Symptome sind: Schlafstörungen, Müdigkeit, Versagensängste, sozialer Rückzug, Stimmungsschwankungen, Depression, Angstzustände, Verdauungsprobleme, Rückenschmerzen, Herzbeschwerden.
Diagnose
Nach einem ausführlichen Anamnesegespräch klärt der Arzt die körperlichen und psychischen Symptome ab und schließt durch entsprechende Untersuchungen mögliche andere Erkrankungen aus. Ein Burn-out wird anhand der Symptome diagnostiziert und steht sehr oft im Zusammenhang mit dem Arbeitsleben. Neben völliger körperlicher Erschöpfung sind eine negative Einstellung gegenüber der Arbeit und ein beeinträchtigtes berufliches Selbstwertgefühl wichtige Hinweise.
Therapie
Abhängig von den individuellen Bedürfnissen werden verschiedene therapeutische Maßnahmen getroffen, wie Stressmanagement oder Psychotherapie. Je nach Schweregrad ist es zunächst notwendig, Ruhe und Abstand zu den Belastungsfaktoren zu schaffen (Krankenstand) und bestehende Beschwerden zu behandeln. Im Rahmen der Psychotherapie wird nach Auswegen oder Veränderungsmöglichkeiten gesucht. Der Weg aus der Burn-out-Spirale gelingt nur, wenn das soziale Umfeld beziehungsweise die Arbeitssituation entsprechend angepasst werden. Hier kann es eventuell notwendig sein, andere Arbeitszeitmodelle zu finden. Übergangsweise kann auch der Einsatz von Medikamenten (meist Antidepressiva) erforderlich sein.
Stress abbauen
Hilfestellungen zum Umgang mit den persönlichen Stressfaktoren werden erarbeitet und Entspannungstechniken (autogenes Training, progressive Muskelrelaxation) erlernt. Körperliche Bewegung und Sport sind ebenfalls wirksame Mittel zum Stressabbau. Ebenso können pflanzliche Wirkstoffe (Johanniskraut, Baldrian) zur Unterstützung eingesetzt werden.
"Burn-out gibt es als Krankheit gar nicht"
Lütz ist der Meinung, dass Burn-out keine Krankheit sei, sondern vielmehr ein Lebensproblem. Wer in einer Lebenskrise ist, der sollte nicht zum Psychiater gehen, sondern vielmehr Rat von Oma holen, so Lütz. Denn bereits ein gutes Gespräch könne oft helfen. Der Psychiater ist der Überzeugung, dass Therapeuten nämlich auf keinen Fall einen guten Freund oder lebenserfahrenen Menschen ersetzen können. Sie sind vielmehr dazu da, um Krankheiten zu therapieren, und Burn-out zähle nicht dazu. Eine Lebenskrise sei nämlich keine Krankheit, sondern völlig normal. Bei dieser Behauptung stützt sich Lütz auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese stuft nämlich Burn-out unter der Kategorie Z ein und wertet Burn-out somit als Lebensproblem und nicht als Krankheit. Dennoch wählt Lütz einen sehr außergewöhnlichen Zugang zum Thema Burn-out, denn schließlich ist diese totale Erschöpfung auch als Ursache für Berufsunfähigkeit anerkannt. So umstritten diese Sichtweise sein mag, der Psychiater gibt auch einige hilfreiche Tipps, um Burn-out, oder eben die Lebenskrise, zu meistern. Er rät nicht nur, sich an Oma zu wenden, sondern prinzipiell Beziehungen zu pflegen. Dies passiert bei vielen leider viel zu wenig. Wenn man eine Auszeit benötige oder der Beruf zu überfordernd ist, rät Lütz zu einer Kündigung anstatt zu einer Burn-out-Klinik. Und zwischendurch könne auch mal ein einfacher Spaziergang im Wald helfen - oder Sport, um die Stresshormone abzubauen.
Verschiedene Stadien von Burn-out
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Stadium 1
Der Zwang, sich zu beweisen. Gesundes Engagement wird zu übersteigertem Ehrgeiz.
Stadium 2
Verstärkter Einsatz. Es wird versucht, alles selbst zu machen. Delegieren fällt schwer.
Stadium 3
Vernachlässigung eigener Bedürfnisse. Immer weniger Zeit für Ruhe und Entspannung oder soziale Kontakte.
Stadium 4
Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen. Ab diesem Stadium zeigen sich oft erste körperliche Beschwerden.
Stadium 5
Umdeutung von Werten. Arbeit wird wichtiger als Beziehungen. Es kommt zur emotionalen Abstumpfung.
Stadium 6
Verstärkte Verleugnung der Probleme. Abschottung von der Umwelt, Aggression.
Stadium 7
Sozialer Rückzug, Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit. „Dienst nach Vorschrift“.
Stadium 8
Verhaltensänderungen und Ersatzbefriedigungen (Alkoholkonsum, Shoppen, Essen).
Stadium 9
Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit.
Stadium 10
Innere Leere (Mutlosigkeit, Angst).
Stadium 11
Depression, Suizidgedanken.
Stadium 12
Völlige Burn-out-Erschöpfung.