Die von der Wirtschaft geforderten flexibleren Arbeitszeiten - sprich die Erhöhung der erlaubten täglichen Arbeitszeit bei gleicher Wochenarbeitszeit - können massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeitnehmer haben, warnt der Psychologe Gerhard Klicka. Er ist Geschäftsführer der arbeitsmedizinischen Gesundheitszentrums IBG.
Stress steigt exponentiell
"Der Stress steigt exponentiell von Stunde zu Stunde und ist bei Normalarbeitszeit in der 7. und 8. Stunde am höchsten. Die Belastungszunahme steigt pro weitere Arbeitsstunde drastisch", so Klicka. Es sei arbeitsmedizinisch gesichert, dass chronischer Stress die Leistungsfähigkeit und Produktivität senke und krank mache.
Stress: So schreit der Körper Alarm
1/10
1. Soziales Verhalten
Wer unter Dauerstress leidet, nimmt sich keine Zeit mehr für soziale Aspekte. Familie, Freunde und Hobbies werden oft mit Gleichgültigkeit behandelt.
2. Schlaflos
Schlafstörungen können auf Stress hindeuten. Uns allen geht es hin und wieder so, dass wir nicht einschlafen können. Wenn dies jedoch von der Ausnahme zur Regel wird, sollten wir besser aufhorchen. Auch wär ständig Schlaf braucht, sollte dieses Warnsignal ernst nehmen. Der Körper braucht endlich Ruhe und Erholung!
3. Chronische Schmerzen
Wer unter Stress leidet, nimmt sich keine Zeit, zum Arzt zu gehen. Schmerzen und Krankheiten werden unterdrückt. Ist dies der Fall, können aber chronische Leiden entstehen. Auch Bauchkrämpfe, Durchfall, Verspannungen und Kopfschmerzen können Symptome für Dauerstress sein.
4. Gewichtsschwankungen
Stress kann Einfluss auf den Stoffwechsel nehmen. Während manchen Menschen der Appetit bei Stress gänzlich vergeht, nehmen andere in angespannten Situationen mehr zu. Somit kann auch die Waage indirekt auf unseren Stresspegel hindeuten.
5. Angst
Natürlich ist es normal, vor einem Bewerbungsgespräch oder einer Präsentation nervös zu sein. Wer aber ständig ängstlich ist und vor lauter Panik nicht mehr ruhig sitzen bleiben kann, sollte besser die Notbremse ziehen und Zeit für Entspannung finden.
6. Ungeduld
Wer gestresst und ständig in Eile ist, findet nicht nur schwer Zeit für sich, sondern auch für andere. Man steht ständig unter Zugzwang und lässt diesen Frust auch an Mitmenschen aus. Wenn Sie diese Verhaltensweisen auch bei sich bemerken, sollten Sie besser anfangen, gezielt Entspannung zu suchen. Damit machen Sie nicht nur Ihren Mitmenschen, sondern auch Ihrer Gesundheit eine Freude.
7. Stimmungsschwankungen
Stress beeinflusst auch die Hormone. Wenn Sie eine Hormonstörung ausschließen können, könnte Stress dahinter stehen. Versuchen Sie Ihre Emotionen nicht zu unterdrücken, sondern finden Sie einen Weg, darüber zu reden.
8. Haarausfall
Täglich verlieren wir bis zu 100 Haare. Stress kann diese Anzahl rasch erhöhen. Damit Sie Ihre schöne Mähne behalten, sorgen Sie bitte regelmäßig für einen Ausgleich.
9. Keine Lust
Auch dieses Symptom sollten Sie nicht unterschätzen. Auch wenn es unangenehm ist sich einzugestehen, keine Lust auf Sex zu haben, sollten Sie dieses Warnsignal nicht ignorieren. >>Diese Ursachen könnten ebenfalls zu Libido-Verlust führen.
10. Kopfschmerzen am Wochenende
Wenn der Stresspegel fällt, kann ein Migräneanfall ausgelöst werden. Um diesen Migräne-Trigger zu vermeiden, sollten auf einen ausgeglichenen Tag-Wach-Rhythmus achten und regelmäßig Mahlzeiten zu sich nehmen.
Ohne ausreichende Regenerationsphasen kontraproduktiv
"Für die meisten Arbeitswelten sind daher 12-Stunden-Arbeitstage ohne ausreichende Regenerationsphasen zumindest mittelfristig kontraproduktiv, weil Fluktuation, Krankenstände und Frühpensionen zunehmen", gibt der Psychologe zu bedenken.
Besonders belastend sei die Nachtschicht
Klicka: "Für junge Arbeitnehmer beträgt die Verausgabung bei Nachtschichten 156 Prozent der Tagesschicht, das heißt eine Acht-Stunden-Nachtschicht ist so verausgabend wie 13 Stunden Tagarbeit. Eine 12-Stunden-Schicht wäre für Arbeitnehmer um die 30 so kräfteraubend wie 19 Stunden Tagarbeit." Eine aktuelle US-Studie habe eine gesteigerte Krebshäufigkeit bei nachtarbeitenden Krankenschwestern nachgewiesen.
Und Klicka macht im Gespräch mit der APA noch auf einen bisher wenig beachteten Aspekt aufmerksam: Es fehlten die MAK-Werte für solche langen Arbeitszeiten. Der MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) gibt die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz an.
Auch Gleitzeit sowie Home Office haben ihre Tücken
Die Arbeitnehmer würden vermehrt zwar wie Unternehmer arbeiten, hätten aber nicht die Freiheiten und die Gestaltungsräume eines Selbstständigen. Hier sei der "Fürsorgepflicht" der Arbeitgeber gefragt.
Die besten Anti-Stress-Tipps
1/5
Pausen einlegen
Oftmals wissen wir aufgrund des hohen Arbeitspensums nicht, wann und wie wir alle Aufgaben bewältigen sollen. Und der zusätzliche Zeitdruck tut dann sein Übriges. Während wir, für gewöhnlich, die hohe Aufgabenfülle kaum dezimieren können, können wir jedoch unseren Energietank auffüllen. Am effektivsten gelingt das mit ein paar Minuten Arbeitsunterbrechung. Regelmäßige Pausen helfen uns, auf hohem Niveau und voller Konzentration weiterzuarbeiten. Empfehlenswert sind Ruhephasen im Zweistundentakt. Nach ein paar Tagen des Praktizierens kann man bereits feststellen, dass man weniger gestresst ist als zuvor.
Dem Stress aus dem Weg gehen
Langes Sitzen und viel zu viel Stress – der Büroalltag ist alles andere als eine Wellness-Kur und ein wahrer Härtetest für die schlanke Linie. Ein Powerwalk in der Mittagspause kann da wahre Wunder bewirken. Die Bewegung an der frischen Luft verbrennt Kalorien und fördert die Gehirnleistung. Danach kann man sich besser konzentrieren und kommt mit der Arbeit schneller voran.
Nervennahrung
Bei zu starker beruflicher Beanspruchung neigen wir dazu, unsere Gesundheit zu vernachlässigen. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist deshalb umso wichtiger (auch wegen der langen Sitzintervalle). Am besten nimmt man Essen zu sich, das leicht verdaulich ist und den Magen somit nur wenig belastet. Pflanzliches Eiweiß, z.B. aus Quinoa, Hirse oder Tofu oder leicht verdauliches tierisches Eiweiß, wie z.B. Hühnerfleisch, eignen sich dafür besonders gut. Auch hier ist es ratsam alle zwei Stunden eine Kleinigkeit zu essen. So halten wir unseren Stoffwechsel und damit die Verdauung am Laufen – der Körper ist weniger gestresst. Fazit: Man bleibt gesund und ist auch am Arbeitsplatz mit mehr Schwung dabei.
Anti-Stress-Yoga
Getragen von der Philosophie, Körper, Geist und Seele miteinander in Einklang zu bringen, ist Yoga DAS Rezept gegen Stress schlechthin. Wer also vor der Arbeit noch ein paar Yogaübungen macht, erhält so einen Frische-Kick und Energieschub für den ganzen Tag – Stress wird damit vorgebeugt.
Sich stressfrei schlafen
Damit unser Körper reibungslos funktioniert, ist neben der Ernährung und täglichen Bewegung auch der gesunde und ausreichende Schlaf von großer Bedeutung. Im Schlaf regeneriert sich unser Körper und tankt Kraft für den nächsten Tag. Dies reduziert Stressanfälligkeit und verhindert in Folge dessen Burn-Out. Außerdem ist Schlaf eine Art Meditation, bei der unser Geist zur Ruhe kommt und unsere Gedanken klärt. Apropos Meditation: Auch am Arbeitsplatz kann man meditieren. Dazu einfach für ein paar Minuten zurücklehnen, die Augen schließen und tief ein- und ausatmen. Danach lässt es sich gleich viel effektiver weiterarbeiten.