Medikamentenmangel

Expertin erklärt, warum wir uns keine Sorgen machen sollen

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Medikamentenmangel: Das gilt für immer mehr Medikamente. Warum wir uns trotzdem keine Sorgen machen sollen.

„Tut uns, leid, das ist derzeit nicht lieferbar.“ Diesen Satz hört derzeit jede 6. Kundin/ jeder 6. Kunde in Apotheken. An die 600 Medikamente sind laut Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) nicht oder nur eingeschränkt lieferbar. V. a. Antibiotika, Schmerz-, Schlafmittel und Fiebersäfte für Kinder sind knapp. Gründe sind die hohe Nachfrage in der Grippesaison sowie die prekäre Situation am Weltmarkt. Europa spürt noch immer Lieferverzögerungen infolge der Nachwirkungen der Lockdowns in China – das Land ist mit Indien der bedeutendste Hersteller von Wirkstoffen.

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© Getty Images
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Die beruhigende Nachricht vorweg: „In so gut wie allen Fällen lässt sich eine Alternative finden“, so Apothekerin Mag. pharm. Dr. Sylvia Salamon, Leiterin der Wiener City Apotheke „Zum heiligen Geist“. Dies sei v. a. dem engen Netzwerk der Apotheker:innen und dem direkten Kontakt zu den Ärzt:innen, die die Medikamente verschreiben, zu verdanken. Welche Alternativen zur Verfügung stehen, wie wir mit Medikamenten besser haushalten und vieles mehr verrät die die erfahrene Pharmazeutin auf diesen Seiten.

Was, wenn das Medikament nicht lieferbar ist?

Alternativen suchen. Möglichkeit I: „Ist das Medikament in der Apotheke nicht vorrätig wird“, so Dr. Salamon, „wird zuallererst das Apotheker-Netzwerk aktiviert. Öffentliche Apotheken und Spitalsapotheken sind eng vernetzt. Da findet derzeit ein sehr kollegialer Austausch statt. Es gibt sogar eine Facebook-Gruppe. Ein Medikament aus einer anderen Apotheke zu organisieren bedeutet aber v. a. viel Telefonarbeit. In meinem Sonntagsdienst habe ich an die 40 Anrufe getätigt, um verzweifelten Eltern Antibiotikum-Saft zu organisieren. Das klappt sehr gut. Jedoch müssen Kund:innen ein bis zwei Tage auf das Medikament warten. Lieferkosten fallen jedoch keine an – außer das Medikament wir z. B. aus Deutschland bestellt.“
Möglichkeit II: Ist das Medikament auch in anderen Apotheken nicht vorrätig, wird mit den Mediziner:innen, die das Rezept ausgestellt haben, telefoniert, um nach Alternativen zu suchen. Man kann auf Arzneimittel mit identischem Wirkstoff ausweichen, auf eine andere Darreichungsform oder eine andere Dosierung.
Möglichkeit III: Gewisse Medikamente können in der Apotheke auf Verschreibung auch direkt herstellt werden.
Möglichkeit IV: „Prüfen Sie, ob Sie es wirklich brauchen. Denn nicht immer“, so Dr. Salamon, „ist ein Antibiotikum oder ein fiebersenkendes Mittel dringend notwendig. Antibiotika werden bei viralen Erkrankungen oft präventiv verschrieben. Bei Fieber und Kopfweh z. B. kann man auch gut auf wirkungsvolle Hausmittel, wie Umschläge.“

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Ich brauche täglich Medikamente. Wie weit im Voraus soll ich sie besorgen?

Ein Monat Puffer. „Bei Schilddrüsen-, Bluthochdruck-, Cholesterin-, Asthma-, Rheuma-, Diabetesmedikation & Co. gilt: Kommen Sie in die Apotheke so lange Sie noch einen Monatsvorrat haben. So gehen Sie auf Nummer sicher, dass das Medikament rechtzeitig organisiert werden kann“, so die Expertin.

Macht es Sinn Medikamente für den Notfall auf Lager zu haben?

Appell der Apothekerin: „Bitte nicht hamstern!“ Diese Medikamente muss man letztendlich dann oft ungebraucht entsorgen und das Einlagern führt nur zu noch heftigeren Engpässen.“

Darf ich abgelaufene Medikamente verwenden?

Nein. Bei Arzneimitteln gibt es kein Mindesthaltbarkeitsdatum, wie bei Lebensmitteln, sondern ein Verfallsdatum. Ist das überschritten, haftet der Hersteller nicht mehr für die Wirksamkeit. Denn Arzneistoffe können sich zersetzen, v. a. flüssige Stoffe sind sensibel. Salamon: „Generell gilt: Arzneien für den inneren Gebrauch sollte man keinesfalls nach dem Verfallsdatum verwenden. Das gilt allerdings auch für alle frisch hergestellten Rezepturen aus der Apotheke. Bei Arzneien für den äußeren Gebrauch, wie verschlossene Salben, gilt ein Gebrauch mit Hausverstand. Ist die Salbe einen Monat über dem Verfallsdatum, ist sie vermutlich noch brauchbar, –auch, wenn die Apotheke dafür keine Empfehlung aussprechen darf. Studien zeigten, dass gut verpackte und optimal gelagerte Medikamente länger halten – sie zersetzen sich schließlich nicht über Nacht.“
Gut zu wissen: Auf der Packungsbeilage ist auch angegeben, wie lange Arzneien nach der ersten Anwendung noch weiter eingenommen werden dürfen. Das ist z. B. bei Augentropfen sehr wichtig.

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Wie haushalte ich mit Medikamenten optimal?

Das A und O: die richtige Lagerung. „Lagern Sie Medikamente nicht über 25°Celsius – gerade offene Medikamente sind sehr temperaturempfindlich und können an Wirksamkeit einbüßen“, so Dr. Salamon. Das Badezimmer, in dem oft hohe Temperaturen herrschen, ist deshalb als Lagerplatz tabu. Arzneien sollten zudem lichtgeschützt aufbewahrt werden. Bei Lagerung im Kühlschrank gilt: Auf die Temperaturzone achten. Medikamente sollten nicht „anfrieren“. Ideal ist das Gemüsefach.
Richtiger Gebrauch: Ist eine cremige Substanz in einem Tiegel, dann das Produkt am besten mit einem Spatel bzw. einem Teelöffelstiel aufnehmen. So wird das Produkt nicht verunreinigt und hält länger. Ein achtsamer Umgang mit Ressource wird, so Dr. Salamon, auch im Medikamentenbereich immer wichtiger.
     

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