Moderne Krebstherapie

Krebs: Zwischen Therapieerfolg und Ökonomie

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Viele Patienten in Europa kommen an innovative Medikamente nicht heran

Immun- und zielgerichtete Therapeutika verändern nachhaltig den Anspruch der Onkologen, auch fortgeschrittene Krebserkrankungen zunehmend zu chronischen Leiden zu machen. Über Erfolge dabei wurde jetzt beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für medizinische Onkologie (ESMO) in Kopenhagen berichtet. Doch viele Kranke in Europa können aus finanziellen Gründen davon nicht profitieren.

Problem: Mangelnde Bereitschaft, die neuen Therapien zu bezahlen

"Jedes Jahr wird in Europa mehr als 5.000 Patienten mit metastasiertem Melanom der Zugang zu neuen und lebensrettenden Medikamenten versagt", fasste die ESMO das Ergebnis einer europaweiten Studie zusammen. Beim fortgeschrittenen Melanom lag bis vor fünf Jahren die Ein-Jahres-Überlebensrate nur bei um die zehn Prozent. "Heute haben wir Arzneimittel, welche das Überleben länger als 18 Monate gewährleisten. Es gibt Berichte über eine bis zu zehn Jahre anhaltende Wirkung", sagte Lidija Kandolf-Sekuli, Melanomspezialistin aus Belgrad.

Die Studie zeigte, dass in Westeuropa 70 Prozent der Melanompatienten mit innovativen Medikamenten behandelt wurden, wie dies den aktuellen europäischen Leitlinien entspricht. In Osteuropa waren es weniger als zehn Prozent. Die Gründe liegen eindeutig in der mangelnden Bereitschaft im Gesundheitswesen vieler Staaten, die neuen Therapien zu bezahlen. So sind Medikamente zur Behandlung von Melanomen, welche Mutationen im BRAF- und/oder MEK-Gen aufweisen, in 70 Prozent der westeuropäischen Staaten zugelassen. Die Kosten werden in 58 Prozent der Länder voll erstattet. In Osteuropa gibt es in 42 Prozent der Länder eine Zulassung, eine Kostenerstattung nur in 18 Prozent.

Reglements für Patienten undurchschaubar

Die Verweigerung von Therapien aus offenkundigen Kostengründen ist extrem benachteiligend. Für die Patienten sind solche Reglements undurchschaubar. Oft laufen solche Strategien unter der Wahrnehmungsschwelle der Öffentlichkeit. Die Pharmaindustrie verweist bei den Preisen für die neuen Arzneimittel auf die Forschungs- und Entwicklungskosten sowie auf deren Nutzen.

Doch die Preise sind offenbar in der Lage, die Verwendung außerhalb einer "Millionärsmedizin" zu gefährden. Martin Röcken, Dermatologe aus Tübingen in Deutschland, hat erst vor wenigen Tagen beim Europäischen Dermatologenkongress in Wien zu den Ausgaben in der Dermato-Onkologie festgestellt: "Das kostet pro Patient 200.000 bis 250.000 Euro." Eine Ausdehnung der modernsten Therapien auf häufigere Krebserkrankungen als das Melanom erscheine unfinanzierbar.

Gerade daran aber wird mit erheblichem wissenschaftlichen Erfolg gearbeitet. Dabei geht es derzeit besonders um die moderne Immuntherapie, bei welcher durch die Beseitigung von "Bremsen" die körpereigene Abwehr von Krebspatienten wieder gegen Tumoren "scharf" gemacht wird. In Kopenhagen wurde dazu beispielsweise eine Studie mit 305 Patienten mit fortgeschrittenem, nichtoperablen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom vorgestellt, die aufgrund molekularbiologischer Untersuchungen auf eine Therapie mit dem Immuntherapeutikum Pembrolizumab ansprechen sollten. Solche Karzinome haben etwa 30 Prozent der Kranken.

In der Studie wurde die Hälfte der Probanden mit Pembrolizumab behandelt, die andere Hälfte mit der bisher wirksamsten Chemotherapie ("Platin"-basiert). Dabei zeigte sich eine Steigerung des Intervalls bis zum Fortschreiten der Erkrankung von sechs auf 10,3 Monate. Die Überlebensrate innerhalb von sechs Monaten stieg von 72 auf 80 Prozent. 45 Prozent der Patienten sprachen auf die innovative Behandlung an, hingegen nur 28 Prozent auf die Chemotherapie.

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