Wissenschafter präsentieren eine vielversprechende neue Waffe gegen resistente Bakterien. Thomas Magauer hat unter der Leitung von Johann Mulzer, Professor für Organische Chemie der Uni Wien, den von der Natur abgeschauten Wirkstoff Kendomycin mit einer vergleichsweise kurzen und effektiven Methode vollständig synthetisiert. Die vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Arbeiten mit dem potenziellen neuen Antibiotikum wurden in der Wissenschaftszeitschrift "Angewandte Chemie" veröffentlicht.
Durch die Synthese lasse sich die Substanz nicht nur herstellen, sondern auch modifizieren und für die jeweilige Anwendung maßschneidern, so der Chemiker gegenüber der APA. "Bei verschiedenen Tests hat sich herausgestellt, dass die Verbindung nicht nur antibiotisch, sondern auch entzündungshemmend wirkt und Anti-Tumoreigenschaften aufweist", sagte Magauer.
Kendomycin ist in der Natur ein Stoffwechselprodukt von Bakterien der Gattung Streptomyces. Die Mikroorganismen schützen sich damit etwa vor Konkurrenten, erklärte der Wissenschafter. Erstmals isoliert wurde die Substanz Ende der 1990er Jahre.
Wie sich herausstellte, wirkt Kendomycin auch gegen den gefürchteten Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Dieser Keim tritt vermehrt in Krankenhäusern und auch Pflegeheimen auf und ist mit herkömmlichen Antibiotika kaum mehr zu bekämpfen. "In den Biofilmen, die sich z. B. auf Kathetern bilden, befinden sich eine Menge Bakterien, die bereits so viele Antibiotika gesehen haben, dass ihnen keines mehr gefährlich werden kann", so Magauer.
Kendomycin könnte nun gleichsam als Grundgerüst für eine ganze Reihe von Wirkstoffen dienen. Er lässt sich durch gezielte Modifikation jeweils so optimieren, dass er einmal als Antibiotikum, dann wieder als Antikrebsmittel oder auch als Mittel gegen Entzündungen oder Osteoporose eingesetzt werden kann. Ob sich ein Pharma-Unternehmen des neuen Wirkstoffs annimmt und damit die aufwendige Prozedur bis zum zugelassenen Medikament abwickelt, ist derzeit noch unklar.