Rund 20 Prozent der Buben und 18 Prozent der Mädchen im Alter zwischen sechs und 14 Jahren sind übergewichtig oder adipös. In der Vergangenheit wurden oft zu hoher Konsum an Kohlenhydraten oder Fetten als Ursache angesehen. Doch neuere Studien weisen auf einen möglichen Zusammenhang mit einer hohen Proteinzufuhr - unter anderem aus Milch - hin. Dies erklärte jetzt Karl Zwiauer, Vorsitzender der Ernährungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, gegenüber der APA.
"Bei Schuleintritt sind schon 14 Prozent der Mädchen und 17 Prozent der Buben der Buben übergewichtig. Von ihnen sind fast 50 Prozent adipös", stellte Zwiauer die aktuelle Situation dar.
Die Wissenschaft sucht nach Ursachen für diese Entwicklung. Ganz sicher handelt es sich bei dem steigenden Prozentsatz an übergewichtigen Kindern um ein Phänomen, das auf mehrere Ursachen zurückzuführen ist. Weniger Bewegung ist eine davon, doch es scheint auch ernährungsbedingte Faktoren zu geben.
Der Kinderarzt: "In einer Studie aus Deutschland zeigte sich, dass das Risiko für die Entwicklung von Übergewicht bzw. Adipositas bei Kindern auch mit der Höhe der Proteinzufuhr zusammenhängen dürfte." Kinder mit einer hohen Proteinzufuhr im Alter von zwölf Monaten waren später überdurchschnittlich häufig übergewichtig.
Ganz genau sind die Ursachen nicht bekannt, Eiweiß ist an sich weniger kalorienhaltig als Kohlenhydrate oder gar Fette. Zwiauer: "Proteinzufuhr erhöht die körpereigene Bildung von Insulin und stimuliert auch die Rezeptoren für den Insulin-like Growth Factor. Das könnte zu einer vermehrten Bildung von Fettzellen führen."
Fazit: Durch einen hohen Anteil an Eiweiß in der Ernährung - speziell aus herkömmlicher (Kuh-)Milch und Milchprodukten - könnte eine Art "Stoffwechsel-Schalter" auf Gewichtszunahme "umgelegt" werden, was sich Jahre später auswirkt.
1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht
Im aktuellen Österreichischen Ernährungsbericht zeigte sich offenbar bei den Kindern eine deutlich zu hohe Proteinzufuhr: Mit 1,5 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht sind es im Vergleich zu den Empfehlungen um 50 Prozent zu viel. Und bei den ungesättigten Fettsäuren liegt der Anteil an der Gesamtkalorienzufuhr mit 14 Prozent um 40 Prozent über dem Richtwert von zehn Prozent.
Ein möglicher Ausweg, so Zwiauer: "Man könnte Kindern vermehrt spezielle Kindermilch geben. In ihnen ist der Proteingehalt deutlich reduziert." Gleichzeitig seien die Produkte optimal an die Nährstoffbedürfnisse der Kinder angepasst. Sie enthalten aber ausreichend Eisen, Jod, Vitamin und ungesättigte Fettsäuren. Hier gibt es oft einen Mangel bei Kindern und Jugendlichen.