Die Bilder kennt man aus dem Film "Im Rausch der Tiefe": Geschmeidige Körper in hautengen Neoprenanzügen schweben durchs grenzenlose Blau, frei vom Ballast der Sauerstoffflasche. Die Realität des Apnoetauchens beginnt für die Teilnehmer eines Anfängerkurses aber auf einer Fitness-Matte. "Zuerst lernen Sie, richtig zu atmen", sagt Apnoetauchlehrer Andreas Falkenroth. "Das ist der Schlüssel."
Im Grunde kann jeder apnoetauchen. Die meisten fangen in der Badewanne an: Luft anhalten, Kopf unter Wasser drücken. Seit Jahrtausenden tauchen Menschen in die Tiefe, um Fische mit Speeren zu jagen oder Perlen zu sammeln. Doch das Luftanhalten will gelernt sein. Wenn die Schüler in Andreas Falkenroths Kurse kommen, schnappen sie in der Regel nach gut einer Minute nach Luft. Am Ende des eintägigen Kurses gelinge es jedem, zwei Minuten Luft anzuhalten.
"Entscheidend ist, sich zu entspannen", sagt Dagmar Andres-Brümmer, die ein Buch zum Thema geschrieben hat. Viele der Entspannungs- und Atemübungen kommen aus dem Yoga. Andreas Falkenroth bringt den Schülern zuerst bei, die Luft so einzusaugen, dass sich der Bauch wölbt, ohne dass der Brustkorb sich hebt. Der Vorteil der Bauchatmung ist, dass sie entspannt. Und wer entspannt ist, verbraucht weniger Luft - und kann länger unter Wasser bleiben.
Auch der zweite Schritt soll den Organismus beruhigen: Die Schüler konzentrieren sich darauf, mindestens doppelt so lange auszuatmen, wie sie einatmen. Erst wenn den Schülern die Atemtechnik in Fleisch und Blut übergegangen ist, taucht Falkenroth mit ihnen ab - allerdings erst nur ein paar Zentimeter. Wie Ertrunkene lassen sich die Schüler bäuchlings treiben, das Gesicht unter Wasser, Arme und Beine sind schlaff. Nun geht es darum, abzuschalten. "Jeder Gedanke kostet Energie", erklärt Jörg Eyber, Leiter der Apnoeausbildung beim Verband Deutscher Sporttaucher (VDST) in Offenbach.
Doch irgendwann beginnt für jeden das, was Andreas Falkenroth die "Struggle Phase" nennt: das Blut pocht in den Ohren, das Zwerchfell zuckt, der Körper giert nach Luft. "Dann wird es eine Willenskraft-Geschichte."
Die nächste Übung im Kurs lässt die Schüler trotz aller Beherrschung wesentlich schneller nach Luft japsen: Sie tauchen der Länge nach durch das Schwimmbecken. Dabei lernen sie wichtige Tauchtechniken, sagt Eyber: das richtige und nicht zu schnelle Abtauchen, den Flossenschlag in großen, ruhigen Bewegungen, das korrekte Austarieren mit Gewichten.
Bei diesen Übungen steht die Sicherheit über allem. "Jedes Luftanhalten muss von jemandem abgesichert sein, der im Notfall zugreifen kann", erklärt Falkenroth. Deshalb wird Anfängern immer wieder die oberste Regel des Apnoetauchens eingebläut: Niemals allein tauchen. "Das Risiko eines Blackouts ist immer da", warnt Andres-Brümmer. Geht der Sauerstoff im Gehirn zur Neige, wird der Taucher ohnmächtig.
Solche Zusammenhänge sollte jeder Apnoetaucher kennen. Deshalb werden zwischen die Übungen in Schwimmbad und Turnhalle immer wieder Theorieblöcke eingeschoben. "Hier lernen die Anfänger die Grundlagen der Tauchmedizin und Tauchphysik kennen", sagt Falkenroth. Beim Freitauchen verändere sich viel im Körper: So quetscht der Wasserdruck die Hohlräume mehr zusammen als beim Gerätetauchen. Und wenn der Sauerstoff-Partialdruck beim Auftauchen zu weit absinkt, droht der berüchtigte Flachwasser-Blackout.