"The Wall"

Das irrste Konzert des Jahres

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In Wien startete Axl Rose erst um 22.19 Uhr. Die Nachkritik von Thomas Zeidler.

Rocken, bis die Nacht-U-Bahn kommt – in Wien wurde Enfant terrible W. Axl Rose (48) seinem Ruf als notorischer Spätstarter mehr als gerecht: In der Wiener Stadthalle endete das Guns-N’-Roses-Konzert erst am Sonntag um 0.49 Uhr früh! Früher wäre das zum lukrativen Geschäft für alle Taxiunternehmen geworden, jetzt drängten sich 15.000 Fans in die Nacht-U-Bahn!

Pfeif-Konzert
Axls Band feierte in Wien mit Sauna, Sachertorte und sexy Models im Hotel The Ring und im In-Club The Box, da flog Rose mit seinem Privat-Flieger Dassault Falcon 900EX (Kennzeichen EC-HOB) überhaupt erst aus Paris kommend in Wien ein – da war es Samstag, 21.18 Uhr! Während Axl landete, stimmten 15.000 Fans in der Stadthalle ein gellendes Pfeifkonzert an, wurde doch als Konzertbeginn am Ticket 20 Uhr avisiert.


(c) Zeidler

Chemie-Labor
Um 22.19 Uhr (!) war es dann soweit – zu den Klängen des Comeback-Hits Chinese Democary schrie sich Axl die Seele aus dem Leib – doch nach nur 75 Sekunden (!) war er auch schon wieder verschwunden. Ins rechte Bühnen-Out. Dort war, von zwei schwergewichtigen Bodyguards bewacht, sein Sauerstoffzelt aufgebaut. Ein mysteriöses Chemie-Labor mit Pharmazie-Mischmaschine, Mikrofon, Wasserhähnen und komplizierten Apparaturen. Das braucht er wegen seiner Asthmaerkrankung – und dorthin verschwand er während der 150-minütigen Show gefühlte 50 Mal.

„Bestes Publikum“
Der Stimmung taten weder die Riesenverspätung, die laut Bandinterna ohnedies „nur“ 34 Minuten betrug, noch die ständigen Pausen einen Abbruch: Wien feierte Welthits wie Welcome to the Jungle, Sweet Child O’ Mine oder Paradise City mit frenetischem Dauerjubel. „Was für ein fucking großartiges Publikum und das in fucking Austria“, zeigte sich Rose schon auf der Bühne beeindruckt – danach tat er seine Österreich-Huldigung auch noch per Twitter kund: „Definitiv das beste Publikum der Tour. Danke Wien und: Hasta la Vista, Wiener Stadthalle.“

Die Nachkritik von Thomas Zeidler

Band-Feeling statt Zirkus-Show
Mit Sweet Child O’ Mine war dann alles verziehen: die irre Verspätung, das irritierende Dauerabwandern ins Sauerstoffzelt und die unbekannte Band: Guns N’ Roses 2010 ist trotz Abstinenz von Slash und Co. keine billige Axl-Rose-Zirkus-Show, sondern ein vollwertiges Rockprogramm.

Die Neogitarristen erwiesen sich mit ausufernden Soli rund um die Filmmusik von Rosaroter Panther (!) als würdiger Ersatz. Die neuen, teilweise recht banalen Songs wie Sorry oder Better waren akzeptabel. Und die Hits wie Welcome to the Jungle, Paradise City oder die von An­other Brick In The Wall (Pink Floyd) eingeleitete Piano-Orgie November Rain rocken nach wie vor grenzgenial.

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