Gebürtige Berlinerin fand in Wien ihre künstlerische Heimat, von der aus sie eine Weltkarriere feierte.
Wien. Christa Ludwig ist tot. Einer der großen Opernstars des 20. Jahrhunderts verstarb am gestrigen Samstag im Alter von 93 Jahren in ihrer Wahlheimat Klosterneuburg. Das bestätigte die Familie der APA. Die gebürtige Berlinerin hatte 1994 nach 769 Auftritten in der Wiener Staatsoper ihren Bühnenabschied gefeiert. Zuvor hatte sie mit ihrem Mezzosopran eine Weltkarriere absolviert, auch wenn Wien ihre künstlerische Heimat blieb.
Geboren wurde Ludwig am 16. März 1928 in Berlin als Tochter eines Sängerpaares. Sie debütierte 1946 als Prinz Orlofsky in der "Fledermaus" an den Städtischen Bühnen in Frankfurt. Nach Zwischenstationen in Darmstadt und Hannover holte sie Karl Böhm 1955 an die Wiener Staatsoper, wo sie insgesamt 43 Partien singen sollte. Seit ihrem ersten Auftritt bei den Salzburger Festspielen 1955 war sie dort ebenso Stammgast wie in Bayreuth und bei vielen anderen bedeutenden Musikfestspielen und Häusern. 1962 wurde sie zur Österreichischen Kammersängerin ernannt.
Ihr Repertoire umfasste die wichtigsten Alt- und Mezzosopranpartien von Mozart bis Bartok, aber auch zahlreiche dramatische Sopranpartien. Zu ihren Glanzrollen zählten etwa die Marschallin im "Rosenkavalier", die Kundry im "Parsifal" oder die Leonore im "Fidelio". Auch nach ihrem Rückzug von der Bühne war Ludwig noch rege Teilnehmerin am gesellschaftlichen Leben und veröffentlichte etwa zu ihrem 90. Geburtstag die Autbiografie "Leicht muss man sein".
Unsentimental und unvergleichlich
Christa Ludwig war kein sentimentaler Mensch. "Sängerin möchte ich nie wieder sein!", hatte die gebürtige Berlinerin und große Mezzosopranistin in ihren neuen Lebenserinnerungen "Leicht muss man sein" proklamiert, die sie aus Anlass ihres 90. Geburtstages veröffentlichte. 1994 hatte Ludwig als Klytämnestra mit ihrem 769. Auftritt in der Wiener Staatsoper ihren Bühnenabschied genommen. Nun ist einer der großen Opernstars des 20. Jahrhunderts im Alter von 93 Jahren verstorben.
Und auch wenn sie nicht sentimental zurückblickte, so bedauert Ludwig, die als eine der großen Stimmen ihres Fachs im 20. Jahrhundert galt, ihre große Karriere auch nie. Sie erkannte durchaus die Vorteile des Lebens im Scheinwerferlicht, das sich auch nach ihrer eigenen Karriere noch zwischen der Tätigkeit als Lehrerin und ihrem Haus in Klosterneuburg abspielte.
Ludwig habe sich, "zum großen Unterschied von sehr vielen, nur einmal verabschiedet", würdigte einst auch Direktor Ioan Holender in einer Staatsopernfestschrift zum 80. Geburtstag die klare Linie der "wahrhaftig gottbegnadeten Künstlerin". Die war nicht zuletzt durch und an der Wiener Staatsoper zur Größe erblüht.
Dabei dürfte das Talent der am 16. März 1928 in Berlin geborenen Ludwig nicht nur von Gott, sondern auch von den Genen hergerührt haben, war sie doch Tochter des Sängerpaares Anton Ludwig und Eugenie Besalla. Sie wuchs in Aachen und Hanau auf und versuchte sich unter der Obhut der Mutter schon bald an Koloraturarien. Als Achtjährige bewältigte Ludwig bereits die große Arie von Mozarts Königin der Nacht. In Aachen besuchte sie neben der Schule auch das Konservatorium, wo sie Unterricht in Klavier, Cello, Flöte und Musiktheorie erhielt. Gesang studierte sie jedoch ausschließlich bei ihrer Mutter.
Ludwig debütierte als Prinz Orlofsky in der "Fledermaus"
1946 debütierte Ludwig schließlich als Prinz Orlofsky in der "Fledermaus" an den Städtischen Bühnen in Frankfurt am Main, wo sie bis 1952 als Altistin Mitglied des Ensembles war. Auch in den folgenden Jahren wurde sie noch bevorzugt als Altistin eingesetzt, bis sie ihre eigentliche Stimmlage im Mezzosopran fand. Dennoch unternahm sie immer wieder Ausflüge sowohl ins Alt- als auch ins Sopranfach und bewahrte sich dabei ihre Liebe zur Koloratur. So sang sie zum Beispiel Partien wie die der Rosina in "Der Barbier von Sevilla" oder der Angelina in "La Cenerentola" von Gioacchino Rossini.
Nach weiteren Engagements in Darmstadt (1952 bis 1954) und Hannover holte sie Karl Böhm 1955 schließlich an die Wiener Staatsoper, wo sie insgesamt 43 Partien singen sollte. Seit ihrem ersten Auftritt bei den Salzburger Festspielen 1955 war sie dort ebenso Stammgast wie in Bayreuth und bei vielen anderen bedeutenden Musikfestspielen und Opernhäusern. Und dennoch: Zwar war Christa Ludwig auch in der Deutschen Oper Berlin, der Grand Opera in Paris oder der Metropolitan Opera in New York zu Hause und absolvierte große Tourneen, ihre künstlerische Heimat blieb jedoch Wien.
Ludwigs Repertoire umfasste die wichtigsten Alt- und Mezzosopranpartien von Mozart bis Bela Bartok, aber auch zahlreiche dramatische Sopranpartien. Zu ihren Glanzrollen zählen etwa die Marschallin im "Rosenkavalier" von Richard Strauss, die Kundry in Richard Wagners "Parsifal" und die Leonore in Ludwig van Beethovens "Fidelio" oder Giuseppe Verdis Lady Macbeth. Daneben erwies sich Ludwig zunehmend als glänzende Liedinterpretin, insbesondere der romantischen und spätromantischen Werke von Schumann, Brahms und Mahler und war später auch als Lehrerin Inspiration für Generation nachfolgender Sängerinnen und Sänger.
Künstlerin nahm sich nie ein Blatt vor den Mund
Und dabei nahm sich die Künstlerin, die seit Ende 1971 in zweiter Ehe mit dem 2011 verstorbenen französischen Regisseur und Schauspieler Paul-Emile Deiber verheiratet war, nie ein Blatt vor den Mund, wie sich das für einen Kommandeur der französischen Ehrenlegion gehörte, ein Titel den sie seit 2010 trug - neben anderen Auszeichnungen wie der Ehrenmitgliedschaft an der Wiener Staatsoper (1981), dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1994), dem deutschen Bundesverdienstkreuz (2004) oder der Ehrennadel mit Rubin der Salzburger Festspiele (2013).
So bezog Ludwig vor wenigen Jahren noch in einem "WAZ"-Interview klar Stellung zur in der Klassikwelt angekommenen #MeToo-Debatte: "Die hässlichen Frauen sagen: 'Och, bitte, me too!' Das alles ist so ein Quatsch." Sie selbst nutzte ihre Reize in ihrer Karriere durchaus, wie sie in ihrer Autobiografie "Leicht muss man sein. Erinnerungen an die Zukunft" (aufgezeichnet von Erna Cuesta und dem kürzlich verstorbenen Franz Zoglauer) klarstellte: "Ja, damals konnte man die Männer noch bezirzen. Zuerst haben sie gesehen und dann erst gehört. Später saßen dann beim Vorsingen auch Frauen. Das hatte ich gar nicht gern." Nun ist diese markante Stimme der Opernwelt für immer verstummt.