Brooke Shields schildert in ihren Memoiren das traumatische Erlebnis. Ein Chirurg führte ohne ihr Einverständnis einen intimen Eingriff durch.
Die Schauspielerin spricht in ihren Memoiren „Brooke Shields Is Not Allowed to Get Old: Thoughts on Aging as a Woman“ offen über einen erschreckenden Vorfall: Sie ließ auf Anraten ihres Gynäkologen eine Schamlippenverkleinerung durchführen. Aufgrund der Größe ihrer Schamlippen habe sie seit der Highschool unter Beschwerden gelitten. Der Plastische Chirurg vollzog jedoch mehr als den vereinbarten Eingriff.
Er hatte dem Filmstar ohne dessen Zustimmung eine „Vaginalverjüngung“ verpasst, also eine Verkleinerung des Durchmessers der Vagina. Shields zeigte sich entsetzt über den vom Arzt als „kleinen Bonus“ bezeichneten Übergriff und vergleicht ihn mit einer Vergewaltigung. Wir sprachen mit dem Facharzt für Plastische Chirurgie Dr. Veith Moser – er ist gerichtlich zertifizierter Sachverständiger – über den Fall.

Der Filmstar teilt in seinem Buch das traumatische Erlebnis.
Erklären Sie uns, was eine vaginale Verjüngung ist und welche Verfahren dafür verwendet werden?
Dr. Veith Moser: Es gibt verschiedene Arten der vaginalen Verjüngung. Sie kann mit apparativen Methoden durchgeführt werden, z.B. mit der Laser- oder Radiofrequenztherapie oder durch chirurgische Verfahren, bei denen Gewebe in der Vagina entfernt und neu vernäht wird. Auch die Eigenfett-Transplantation ist eine Möglichkeit. Der Zweck dieser Maßnahmen besteht darin, den Vaginalbereich wieder zu verengen. Dies kann nach Geburten oder wenn die Vagina , etwa durch eine Bindegewebsschwäche oder hormonelle Veränderungen, an Festigkeit verliert, notwendig erscheinen. Der Verlust an Festigkeit der Vagina kann dazu führen, dass die vaginale Sensibilität und damit die Freude am Geschlechtsverkehr abnimmt. Da kann eine Vaginalverengung eben Abhilfe schaffen.
Gibt es medizinische Gründe für eine vaginale Verjüngung, oder handelt es sich meist um einen ästhetischen bzw. persönlichen Wunsch?
Dr. Moser: Primär handelt es sich dabei um keine medizinische Notwendigkeit. Es gibt jedoch Ausnahmen: Wenn psychologische oder psychiatrische Probleme durch die Veränderung der Vaginalstruktur entstehen, könnte eine medizinische Indikation vorliegen.
Brooke Shields beschreibt, dass ihr Arzt diesen Eingriff vorgenommen hat, ohne vorher mit ihr darüber zu sprechen. Wie ist die rechtliche Lage in solchen Fällen?
Dr. Moser: Das ist ein rechtlich sehr klar geregeltes Thema. In Österreich besagt §110 des Strafgesetzbuches, dass jede medizinische Behandlung ohne Einwilligung – auch wenn sie nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft durchgeführt wird – strafbar ist. Eine Ausnahme besteht nur in Notfällen, etwa wenn der Patient bewusstlos oder in Lebensgefahr ist. Insbesondere im Bereich der ästhetischen Medizin gibt es das Ästhetikgesetz, das seit 2013 strengere Auflagen für solche Eingriffe vorsieht. Es erfordert eine ausführliche Aufklärung sowie eine doppelte Einwilligung, die mindestens zwei Wochen vor dem Eingriff erfolgen muss. Das Durchführen eines „Bonus-Eingriffs“ ist daher rechtlich unzulässig.
Haben Sie als Sachverständiger für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie mit ähnlichen Fällen wie dem von Brooke Shields zu tun?
Dr. Moser: Aus meiner Erfahrung als Gerichtssachverständiger, die 14 Jahre umfasst, erinnere ich mich an zwei ähnliche Fälle. Das deutet darauf hin, dass solche Vorfälle im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass viele solcher Vorfälle nicht gemeldet werden, sodass die Dunkelziffer höher sein könnte.
Was können betroffene Frauen tun, wenn sie feststellen, dass ein Eingriff ohne ihre Zustimmung vorgenommen wurde?
Dr. Moser: Es gibt mehrere Anlaufstellen, an die sich Betroffene wenden können. In Österreich wären das zum Beispiel der Patientenanwalt, die Ombudsstelle oder auch die Gerichte. Diese Institutionen können dabei helfen, den Vorfall rechtlich zu klären.
Brooke Shields vergleicht den Eingriff mit einer Vergewaltigung. Warum können solche Eingriffe für Betroffene als so belastend empfunden werden?
Dr. Moser: Ich denke, für eine Frau ist es besonders wichtig, Kontrolle darüber zu haben, wer Zugang zu ihrem Körper und ihrem Intimbereich erhält. Eine ungewollte und ohne Zustimmung durchgeführte Penetration – selbst, wenn sie medizinischer Natur ist – kann als schwerwiegender Eingriff empfunden werden. Wenn dabei, wie bei einer vaginalen Verjüngung, Geräte in die Vagina eingeführt werden, kann dies durchaus als massiver Übergriff empfunden werden. Ich kann daher gut nachvollziehen, dass dies von Betroffenen mit einer Vergewaltigung verglichen wird.