Forschungsergebnis: Beim Erzählen von Lügen entsteht eine Mimikry der Körpersprache zwischen den GesprächspartnerInnen.
Im Alltag ist eine Lüge oft schwer von der Wahrheit zu unterscheiden. Während verbal kein Unterschied zwischen einer wahren und einer gelogenen Information zu finden ist, verrät die Körpersprache viel über den Wahrheitsgehalt einer Aussage. Forschungen der Psychologin Sophie van der Zee der Universität Rotterdam haben gezeigt, dass man Lügen anhand nonverbaler Signale ausfindig machen kann. Das Außergewöhnliche daran ist, dass nicht die Körpersprache des/der Lügenden alleine eine falsche Aussage entlarvt, sondern, dass das Zusammenspiel der Gestik und der Bewegungen beider GesprächspartnerInnen dafür ausschlaggebend ist.
Die Studie
Die Psychologin untersuchte gemeinsam mit ihrem Forschungsteam im Labor die Körpersprache von über 80 Studierenden beim Lügen. Dabei wurde zwischen „einfachen“ Lügen, wie dem Verleugnen von Tatsachen, und „komplizierten“ Lügen, in Form von frei erfundenen Geschichten, unterschieden. Während eine Gruppe nach einem Puzzlespiel, bei dem sie angewiesen wurden zu schummeln, bloß das Tricksen verneinen musste, musste der zweite Teil der ProbantInnen einen erfundenen Spielhergang eines Strategiespiels erzählen. Teilweise erfolgte die Erzählung des falschen Spielberichts sogar rückwärts. Bei diesen Untersuchungen wurden mit Hilfe von Sensoren an Händen, Kopf und Oberkörper der Teilnehmenden ihre Bewegungen aufgezeichnet.
Daran erkennt man die Lüge!
Die Erkenntnisse aus der Forschung sind eindeutig: Erzählt jemand eine Lüge, übernimmt dessen/deren Körper die Körpersprache des/der Angelogenen. Es kommt dabei zur sogenannten Mimikry. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Tierreich und ist eine Bezeichnung für die Anpassung (meistens der Gestalt oder der Farbe) an die Umgebung mit dem Zweck der Täuschung und des Selbstschutzes vor Gefahren. Während beim einfachen Leugnen die Bewegungen der GesprächspartnerInnen kaum synchron verliefen, kam es bei komplexen Lügen, zu einer deutlichen Übereinstimmung der Körpersprache. Die Bewegungen des/der Angelogenen werden von dem/der Lügenden dabei spiegelverkehrt ausgeführt. Also: Je größer die Lüge, umso mehr der Lügner sein Gegenüber.
Glaubwürdigkeit
Da die ProbantInnen wussten, was das Thema der Forschung ist, könnte man die erhaltenen Erkenntnisse leicht dadurch erklären, dass die Teilnehmenden besonders auf die Körpersprache des/der anderen geachtet haben, und deswegen eine Mimikry stattfand. Um diesen Vorwurf auszuschließen, kam es zu weiteren Untersuchungen, in denen drei Testgruppen gebildet wurden. Eine wurde angewiesen besonders auf die Körpersprache des/der anderen zu achten, eine wurde angehalten sich nur auf die verbale Sprache zu konzentrieren und der dritten wurden keinerlei Instruktionen gegeben. Die Ergebnisse waren bei allen drei Gruppen die gleichen. Es fand genauso wie im ersten Teil der Studie eine Mimikry zwischen den ProbantInnen statt.
Erklärung
Es stellt sich die Frage, wieso die Körper der Lügenden mit einer Nachahmung der Körpersprache des Gegenübers reagieren. Der Grund liegt darin, dass bei komplexen Lügen die geistige Anstrengung voll und ganz auf das Erzählen der Lüge konzentriert wird. Die Mimikry setzt ein, um das zwischenmenschliche Verhalten automatisch zu steuern. Deswegen gab es beim einfachen Verleugnen auch kaum synchrone Bewegungsabläufe. Denn die Nachahmung der nonverbalen Signale hängt nicht mit dem Lügen an sich zusammen, sondern mit der Schwierigkeit und Anstrengung die falschen Aussagen glaubhaft zu vermitteln.
Lügen im Alltag erkennen?
Für die Wissenschaft bedeuten die Ergebnisse dieser Forschung einen enormen Fortschritt in der Verhaltensanalyse beim Lügen. Für das Ausfindigmachen von Lügen in alltäglichen Gesprächen helfen die Ergebnisse jedoch leider nur wenig weiter. Zum einen findet nur bei komplexen Lügen eine Nachahmung statt, jedoch nicht beim Leugnen von Tatsachen. Zum anderen müssen für das Erkennen falscher Aussagen und das Bemerken der Mimikry alle Gesprächsteilnehmenden genau beobachtet werden, was sich als äußert schwierig erweist, wenn man selbst in die Unterhaltung verwickelt ist. Um LügnerInnen auf die Schliche zu kommen, müssen Sie also weiterhin auf Ihr Bauchgefühl und Ihren Instinkt vertrauen.