Jede 3. Frau erlebt in ihrem Leben Gewalt in Beziehungen – zu oft mit tödlichem Ausgang. Yves Saint Laurent Beauty und der Verein AÖF rücken mit Liebe ohne Gewalt das Problem in den Fokus.
Das Grauen nimmt kein Ende: In 2021 wurden bislang 23 Frauen von ihrem Partner in Österreich ermordet – die Statistik spricht von monatlich drei getöteten Frauen. Traurig: Viele standen schon davor in Kontakt mit der Polizei, doch die betroffene Frau konnte nicht ausreichend geschützt bzw. der Gefährder an weiteren Taten gehindert werden. Unübersehbar ist auch, dass Corona die Gewalttaten noch einmal deutlich ansteigen ließ. Hier setzt Yves Saint Laurent Beauty ein Zeichen: Gemeinsam mit dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) soll die globale Aktion „Liebe ohne Gewalt“ das Bewusstsein für Gewalt in Beziehungen schärfen – und viele dieser schrecklichen Femizide sogar vermeiden können.
Aufgabe. Das 2020 gestartete Charity-Programm basiert auf drei Säulen: Unterstützung von Studien und Forschungsprojekten, Aufklärung von mindestens zwei Millionen Menschen weltweit (bis 2030) über die Anzeichen von Gewalt in Partnerschaften und Schulung von YSL Beauty Mitarbeiter:innen zum Thema Warnzeichen von Gewalt in Partnerschaften. Während sich der Beautykonzern in Deutschland, Frankreich oder in den USA starkmacht, wird in Österreich nun mit dem Verein AÖF und Geschäftsführerin Maria Rösslhumer zusammengearbeitet. Der Verein unterstützt seit 1988 Betroffene und macht öffentlichwirksam auf Gewalt aufmerksam. Rösslhumer: „Ich freue mich sehr mit einem solch starken Partner wie YSL Beauty zusammenarbeiten zu können. Gerade zu der aktuellen Zeit ist das wichtiger denn je! Die Pandemiesituation hat ein Brennglas auf viele gesellschaftliche Probleme gelegt, die auch schon vorher da waren. Wir müssen davon ausgehen, dass nach der Pandemie viele Traumata aufzuarbeiten sein werden.“
Warnzeichen. Es gibt Warnzeichen für Gewalt in der Partnerschaft – und diese könnten laut YSL Beauty und internationalen Expert:innen den Betroffenen helfen, sich so früh wie möglich aus gefährdenden Situationen zu entziehen.
Die neun Anzeichen: 1. Ignoranz: Immer dann, wenn Wut aufkommt. 2. Erpressung: Wenn du dich weigerst, etwas zu tun. 3. Demütigung: Mit dem Ziel, dich zu unterdrücken. 4. Manipulation: Du sollst tun und sagen, was von dir verlangt wird. 5. Eifersucht: Bei allem, was du tust. 6. Kontrolle: Darüber, wohin du gehst und wie du aussiehst. 7. Eingriff in dein Leben: Dein Handy wird durchsucht oder dein Standort verfolgt. 8. Isolation: Du wirst von Freunden und Familie abgeschnitten. 9. Einschüchterung: Du wirst für verrückt erklärt und verängstigt. |
AÖF-Chefin Rösslhumer über Gewalt an Frauen
„Gewalt in Beziehungen beginnt oft erst später“
Wieso ist Gewalt in Partnerschaften nicht immer sofort ersichtlich?
Maria Rösslhumer: Männer, die Gewalt gegen ihre Partnerin ausüben, tun das meistens nicht von Anfang an – Gewalt in der Beziehung beginnt oft erst später. Auslösende Ereignisse können Veränderungen, wie z.B. eine Schwangerschaft der Partnerin, sein. In der Regel entwickelt sich die Gewaltdynamik langsam und mit der Zeit. In der Mehrheit der Fälle erfahren Frauen, die von Gewalt in der Partnerschaft betroffen sind, mehr als eine Form der Gewalt – neben körperlicher und sexueller Gewalt auch oft psychische sowie ökonomische Gewalt, wie die Isolation der Frau von ihren Freund*innen oder ihrer Verwandtschaft oder die Kontrolle von finanziellen Mitteln (z. B. wenn die Betroffene kein eigenes Konto haben darf).
Was kann ich als Außenstehende*r tun, um zu helfen?
Rösslhumer: Wenn Sie denken, dass eine Frau in ihrem Umfeld von Gewalt betroffen ist, können Sie sie ansprechen, dass Sie sich Sorgen machen. Signalisieren Sie ihr im Zuge dessen, dass sie sich nicht dafür schämen muss. Es kann sein, dass die Betroffene zunächst einmal abwehrend reagiert, aber bleiben Sie aufmerksam und zeigen Sie der Betroffenen, dass Sie mit ihr solidarisch sind. Betroffene Frauen wenden sich meistens an Menschen, denen sie vertrauen – das können Freund*innen, Familienmitglieder, aber auch Nachbar*innen oder Arbeitskolleg*innen sein. Wenn sich eine betroffene Frau Ihnen anvertraut, können Sie helfen, indem Sie ihr zuhören und vor allem auch organisatorisch unterstützen. Das kann beinhalten, dass Sie sie zur Polizei, zur Ärztin, zum Anwalt oder zu einer Beratungsstelle begleiten, bei der Betreuung der Kinder und der Organisation des Alltags helfen und sie bei der Ausbildung, im Beruf bzw. bei der Job- und/oder Wohnungssuche unterstützen.
Warum verlassen Frauen ihren gewalttätigen Partner nicht einfach?
Rösshumer: Für Außenstehende wirkt es oft irrational und unverständlich, wenn eine betroffene Frau in der Beziehung zu ihrem gewalttätigen Partner bleibt. Das Verhalten eines Gefährders gegenüber seiner Partnerin wechselt oft zwischen scheinbar liebevollen und gewaltsamen Phasen, was bei der Betroffenen ein ambivalentes Verhältnis zu ihm bewirkt. Weitere Gründe, warum Frauen Gewalttäter oft nicht verlassen, sind ökonomische Abhängigkeit, Angst vor Schuldzuweisungen der Gesellschaft und sozialem Druck seitens eines konservativen Umfelds, z. B. aufgrund eines traditionellen Rollenverständnisses der sich dem Mann unterordnenden Ehefrau, fehlendes Selbstwertgefühl durch die erlebten Demütigungen, Angst vor dem Verlust der Kinder sowie ganz grundsätzliche Angst vor der Trennung – diese Zeit gilt als die gefährlichste Phase, denn zu diesem Zeitpunkt werden die meisten Morde an Frauen verübt.
Anlaufstellen:
Frauenhelpline gegen Gewalt 0800 222 555, kostenlos, mehrsprachig, anonym, rund um die Uhr: www.frauenhelpline.at Gewaltschutzzentren und sechs Beratungsstellen bieten Beratung an, Auflistung auf www.aoef.at Website „Gewalt ist nie ok“ informiert Kinder und Jugendliche über häusliche Gewalt: www.gewalt-ist-nie-ok.at |