Von Liebe & Trennung

Wann der Schlussstrich richtig ist…

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Der Beziehungs-Talk mit Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner.

Auseinandergeh’n ist schwer“, singt die Austro-Band Wanda und beschreibt sehr treffend das stets unschöne Ende einer Liebe. Was mit Leidenschaft, Hoffnung und Intimität begann, kann sich während einer Trennung symptomatisch in Zorn, Verzweiflung oder Gefühlskälte wandeln. In besonders tragischen Fällen kommt auch der Faktor Gewalt hinzu. Immer wieder liest man von Verbrechen, die in den Kontext einer Trennung gestellt werden können.  

Expertin. Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner hat sich mit dem düsteren Ende der Liebe auseinandergesetzt und verrät im MADONNA-Talk, wie man sich am besten trennt und wann eine Beziehung ungesunde Züge bekommt. Dennoch verkündet sie in ihrem Buch „Tatort Trennung“ die These: „Trennen Sie sich so selten wie möglich.“ Warum das so sein soll, lesen Sie hier.  
 
Erst kürzlich sorgte der Fall des Polizisten, der seine schwangere Frau und den gemeinsamen Sohn getötet hat, für großes Aufsehen. Angeblich soll es in dieser Beziehung lange zuvor gekriselt haben. Was geht in einem Menschen vor, der eine solche Tat begeht?   
Heidi Kastner: Das kann ich in diesem Fall nicht sagen, da ich den Täter nicht kenne. Auf jeden Fall ist es ein massiver Tabubruch, eine Schwangere und ein Kind zu töten. Da überschreitet man schon sehr hohe Hemmungen. 
 
In Ihrem Buch setzen Sie sich mit dem finsteren Ende der Liebe auseinander. Gibt es Warnzeichen, auf die man reagieren kann, bevor es zu einem tragischen Ende kommt, bzw. einen Punkt, wann man die Liebe wirklich aufgeben sollte? 
Kastner: Das hat jetzt nichts mit Mord und Totschlag zu tun, aber eine Grenze sollte man dann ziehen, wenn man Gefahr läuft, die Würde zu verlieren. Diese Gefahr liegt dann vor, wenn der andere pausenlos malträtiert. Malträtieren kann verbale Erniedrigung bedeuten, Demütigung, Ächtung, Schmähung oder körperliche Aggression. Und wenn sich ­jemand im Vorfeld als übergriffig gezeigt hat, dann ist es wahrscheinlich nicht die beste aller Ideen, sich mit dem auch noch heftig zur Trennung auseinanderzusetzen, weil die Möglichkeit einer Eskalation dann höher ist. Da muss man auch manchen Damen einen Vorwurf machen, die in grandioser Ignoranz der Um- und Zustände sich zu zwanzig letzten Aussprachen treffen. 
 
Wenn man sich trennt, dann ­also klar. 
Kastner: Wenn man sich trennt, muss man sich das vorher ganz genau überlegen, und alle Für und Wider bedenken.   
 
In Ihrem Buch stellen Sie auch die These auf, dass man sich so selten wie möglich trennen sollte. Warum?
Kastner: Weil Trennungen beide Partner vor umfassende neue Aufgaben stellen. Weil beide sich in ihrem Selbstbild  neu definieren müssen. Weil Trennungen das gesamte Lebensgefüge verändern. Trennungen sind die wesentlichen Belastungsfaktoren im Leben und rangieren weit vor Job­verlust, Inhaftierung, finanzieller Bredouille etc. Trennungen sind destabilisierend und können zu entsprechenden Folgeerkrankungen führen. Und etwas, was mir nicht guttut, sollte ich mir nicht mutwillig antun, wenn ich es vielleicht vermeiden kann. Es ist aber so, dass Menschen sich eher von ihren Partnern trennen als von ihren Idealvorstellungen. Das sollte man sich selbst mal überlegen. Ich laufe einem Ideal nach, das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erreichen ist, etwa dem Ideal, dass ich jemanden finde, der mich rundum glücklich macht. Und dieses Ideal halte ich so hoch, dass ich zusehe, wie mein Leben daran immer wieder zerschellt. Das ist ja nicht gescheit. 
 
Die meisten Menschen würden an dieser Stelle wahrscheinlich behaupten, immer einen triftigen Grund für ihre Trennung gehabt zu haben. 
Kastner: Das ist der Grund, warum ich mich über dieses Thema hergemacht habe, ich habe ja immer wieder das Privileg, in andere Biografien hineinschnuppern zu dürfen. Das Thema Trennung betrifft die meisten Menschen. Und wenn man fragt – Warum habt ihr euch getrennt? – kommt meistens dieser abgelutschte Stehsatz „Wir haben uns auseinandergelebt“. Aber wie lebt man  sich auseinander, wenn man zusammenwohnt? Wie geht das? Dann bleibt es sehr oft im Vagen. Der Grund ist nicht fassbar. „Na ja, es hat ihr nicht gepasst, dass ich nicht so oft zusammengeräumt habe“ oder „Na ja, es hat einfach nicht mehr gepasst“. Da leistet man sich eine umfassende Destabilisierung für nicht einmal einen triftigen Grund. Das finde ich schon seltsam. Wenn man völlig verschiedene Lebens­ziele hat, okay. Aber – es muss passen? Was heißt das? 
 
Ein Fall von verfremdeter Erwartungshaltung? 
Kastner: Ja, Erwartungen sind glaube ich das größte Problem, und vor allem die Erwartung, dass der andere für mein Glück verantwortlich ist. Und, dass der Partner perfekt ist. Der Partner muss nicht perfekt sein, sondern gut genug. Es muss ein Grundkonsens über Werte und Lebensziele da sein und die Überzeugung, dass man, egal was kommt, alles gemeinsam bewältigt. Das ist eine Funktion von Loyalität und Freundschaft, die auch die Qualität von Intimität bekommen kann, was ja sehr schön ist. 
 
Wenn man sich aber dann doch trennt, was kann man da lernen? 
Kastner: Im besten Falle das, was schiefgelaufen ist. Und man übt Selbstkritik bzw. analysiert nicht nur die Fehler des anderen. Was man keinesfalls tun sollte, ist, den anderen in alle Ewigkeit zu verdammen. Denn dann müsste man sich überlegen, was man beim Zusammenkommen damals selbst ausgeblendet hat. 
 
Wann der Schlussstrich richtig ist…
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