Mailänder Modesommer 2010: Zurück zu den Wurzeln

Teilen

Innovative Stoffe, experimentelle Schnitte und ein Gespür für das Besondere: In Zeiten der Krise besinnen sich Italiens Designer auf ihre Stärken und bieten der Frau im Frühjahr/Sommer 2010 eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich neu einzukleiden. Wieder einmal bleibt die Erkenntnis, den großen Trend gibt es nicht mehr. Am Mittwoch gehen die Defilees der Milano Moda Donna nach acht Tagen zu Ende.

Das Fehlen eindeutiger, neuer Ausrichtungen bewerteten einige Besucher kritisch als die große Beliebigkeit. Andere wiederum erkannten die Leistung zumindest einiger Designer an, einer Kundin, die im Prinzip bereits alles in ihrem Kleiderkasten hat, neue Kaufreize zu liefern. Darunter fällt in erster Linie Guccis sexy Sport-Look. Da sich die Formen in der Mode zwangsläufig wiederholen, liegt die große Innovation in den Materialien. Neben einer überall propagierten Leichtigkeit, tauchen im kommenden Sommer neue, aufwendige Stoffe auf. Selbst Synthetik wird auf chic getrimmt. Und auch eine bewusst inszenierte Unfertigkeit mit offenen Kanten, wie etwa bei Prada, spielt wieder eine wichtige Rolle.

Es gab viel Mini auf den Mailänder Schauen, aber auch weite, fließende Hosen. Dazu lange Sommermäntel, Kaftan- und Tunika-Variationen, Transparenz, Lagenoptiken, dreidimensionale Effekte auf vielen Kleidungsstücken, Sportlichkeit, Romantik und noch einiges mehr. Viele Modehäuser haben zudem in dieser Saison ihre eigene Vergangenheit zitiert. Wohl in der Hoffnung, dass sich die Erfolge von einst erneuern lassen. So hatte schon am Freitag Donatella Versace die barocken Drucke ihres Bruders Gianni wiederbelebt.

Auch Etro konzentriert sich auf das, wofür man berühmt ist. Muster mit den verschiedensten Motiven prägten die Show der italienischen Marke vom Sonntag. Zu sehen waren hier Hosen, ob lang und weit oder kurz, mit aufgesetzten Taschen, wehende Chiffonkleider und Tops mit Volants um Dekolletes. Die Leichtigkeit der Materialien wird hier und da durch breite Gürtel oder kurze Steppwesten gebändigt.

Noch einen Schritt weiter im Revival der eigenen Arbeit ging am Montag Laura Biagiotti. Die Römerin ließ einige ihrer Erfolgsmodelle aus den 1980er-Jahren wieder auflegen. Ein dominantes Thema der neuen Kollektion waren stilisierte Schmetterlinge, die sie den Bildern des Futuristen Giacomo Balla entlieh. Mal wurde die Maserung der Flügel zum Musterbild, dann wieder erinnerten Kleider mit Kimonoärmeln an diese Vorlage.

Bei Salvatore Ferragamo liegt die Identität eigentlich in den Schuhen, übersetzt auf die Mode heißt das dann: im Leder. In der Bekleidung sucht das Traditionshaus aus Florenz jedoch noch seine Bestimmung und wechselte in den vergangenen Jahren immer wieder den Designer. So auch jetzt. Für die Spanierin Cristina Ortiz war die Show am Sonntag gleichzeitig ihre Abschiedsvorstellung. Afrika, so lautete ihr Thema. Die traumhaften Mäntel aus gelasertem Nappa- oder Pythonleder, die schön geschnittenen Reiterhosen zu denen kurze Jacken, Tops mit Wasserfallkragen oder Westen mit über den Bund laufenden Schalkragen angezogen werden, hinterließen einen starken Eindruck.

Strick hingegen ist die stilistische Heimat Missonis. Im Frühjahr/Sommer 2010 wird er in einem vielschichtigen Lagenlook dargeboten, in den sich dann andere Materialien wie Jersey oder Spitze einmengen. Und auch Dolce & Gabbana erinnerten mit ihren bedruckten Bodys und der vielen Spitze an die eigenen Anfänge, die im sinnlichen Frauenbild Siziliens liegen.

Dass die Milano Moda Donna zwar noch bis Mittwoch läuft, aber die wichtigsten Shows bereits bis Sonntag gezeigt waren, liegt vor allem daran, dass viele Designer dem jüdischen Feiertag Jom Kippur am Montag aus dem Wege gehen wollten. Gänzlich unbeeindruckt davon zeigten sich DSquared2. Die kanadischen Zwillinge Dan und Dean Caten, die Köpfe hinter der Marke, inszenierten Montag früh ihren Laufsteg als eine Campingszenerie im Wald. Über ihn liefen Models, die Pfadfinder-Blusen zum mit Rosenblüten bestickten Minirock tragen, hochgerollte Shorts zu einem vielfarbigen Parka oder Kleider im 50er-Jahre Stil aus PVC. Eleganz und Sportivität wurden auf humorvolle Weise miteinander verknüpft. Den passenden Rucksack, in dem die Frau all diese Sachen verstauen kann, lieferten DSquared2 gleich mit: Er ist aus mit Pink abgesetztem durchsichtigen Plastik und vor allem ist er riesengroß.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten