Claudia Schmieds Sexfibel spaltet das Land. Wie sollen Österreichs Jugendliche aufgeklärt werden?
Es ging wahrlich heiß her, als sich vergangene Woche Eltern und Politik mit der neuen Aufklärungsbroschüre des Unterrichtsministerium „Ganz schön intim“ beschäftigten. Einer der Gründe für die Aufregung: In der Sexualerziehungsbroschüre für sechs bis Zwölfjährige werden u.a. lesbische, schwule, trans- und heterosexuelle Beziehungen thematisch gleichwertig dargestellt. Für Kritiker ein klarer „Untergang der Kernfamilie“, während Befürworter der Aufklärungsfibel einen „zeitgemäßen Umgang mit dem Thema Sexualität“ attestierten.
Viel Lärm um Nichts
MADONNA hat das Thema Aufklärung zum Anlass genommen und mit österreichischen und deutschen Prominenten über ihre ersten Berührungspunkte in Sachen Sexualität, den ersten Kuss und ihr erstes Mal gesprochen. Puls 4-Moderatorin Johanna Setzer hat daran noch äußerst lebendige Erinnerungen. „Meine beste Freundin Marion war fast drei Jahre älter und hatte einen wahren Schatz an Bravo-Heften“, erzählt die sympathische Wienerin und setzt nach: „Diese Dr. Sommer-Seiten mit den nackigen Burschen und Mädchen waren immer unser totales Highlight!“ Eine Informationsquelle, auf die Bühnen-Ikone Dagmar Koller einst leider nicht zurückgreifen konnte. „In meiner Jugend gab es noch kein Bravo und wir hatten so furchtbare Angst schwanger zu werden“, erinnert sich die 73-Jährige lachend, die sich mit ihrem ersten Mal einfach Zeit ließ: „Ich war so um die Zwanzig, als die Sache mit der Aufklärung mit einem gleichaltrigen Studenten ganz natürlich passierte.“
Learning-by-Doing
Während sich unsere Promi-Ladys das Know-How zuerst theoretisch aneigneten, zeigten einige der männlichen Promis schon früh wahren Forschergeist. Frenkie Schinkels: „Mein Vater hat mich nicht wirklich aufgeklärt. Das Küssen, das Fummeln – das passierte alles in Eigenregie.“ Eine Erinnerung, die auch Peter Rapp teilt: „Wir haben uns in der Volksschule gegenseitig aufgeklärt – und das endete prompt in einer Katastrophe!“
© Kernmayer
„Ich wurde nur über Freunde und nicht von meinen Eltern aufgeklärt. Auch nicht über Bravo – weil es die in der Tschechei gar nicht gab. Bei mir ging das alles über Selbsterfahrung. Mit zwölf Jahren hab ich einen 29 -jährigen Mann kennen gelernt und mit ihm meine ersten Erfahrungen gemacht. Heute wäre mir der zu alt, damals war es kein Problem. (lacht) Es war leider keine schöne Erfahrung – richtig schön war es dann erst als ich erwachsen war.“
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„In Sachen Aufklärung musste ich mir selber helfen. Als Teenager hat mein Vater nur immer zu mir gesagt: „Aufpassen, beim Sex kannst Kinder bekommen!“ Aber das war die einzige Aufklärung. Den Rest habe ich mir selbst beigebracht. Das Küssen, das Fummeln, das war alles in Eigenregie. Heutzutage ist das natürlich ein bisserl leichter. Da kann sich jeder in Ruhe zu Hause die unterschiedlichsten Seiten anschauen und ist aufgeklärt. Zu meiner Zeit mussten wir noch Hefte verstecken und wenn du mit einem Playboy erwischt wurdest, dann war das unglaublich peinlich. Bei meinem ersten Mal war ich fast 15 Jahre alt und meine damalige Freundin drei Jahre älter. Sie hat die restliche Aufklärungsarbeit übernommen, auch wenn ich bei ihr danach wahrscheinlich eher nicht in Erinnerung geblieben bin.“ (lacht)
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„Ich war damals 9 Jahre alt und meine Freundin Bianca war 2 ½ Jahre älter und hatte immer die Bravo-Hefte. Die haben uns klarer Weise immer am meisten interessiert. Besonders die Dr. Sommer-Seite, auf der immer nackige Burschen und Mädchen zu sehen waren. Da sieht man alles das erste Mal und denkt sich: Aha, so schaut das aus! So gesehen war der wahre Aufklärer in meinem Leben das Bravo und was du halt so mit Freundinnen besprichst. Damals gab es noch kein Internet, wir konnten da auch nicht nachschauen. Meinen ersten Kuss hatte ich mit 14 Jahren – da wurde ich aber total überrumpelt, den zähle ich eigentlich gar nicht. Der wirklich schöne erste Schmuser war mit meiner großen Liebe, das war mit 15 Jahren. Und ein knappes Jahr später haben wir dann das erste Mal miteinander geschlafen. Ich wusste von Anfang an, dass er es sein wird und es war die richtige Entscheidung.“
© Kernmayer
„Mein älterer Cousin Michi hat bei mir die Aufklärungsarbeit übernommen – und mir im Wald, in unserem Geheimlager, erzählt, wie das so zwischen Buben und Mädchen läuft. Da war ich acht und er elf Jahre alt. Er wiederum hat alle relevanten Informationen von seinem älteren Cousin erfahren und mir das neue Wissen weitergegeben (lacht). Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie unglaublich spannend ich das damals fand. Meinen ersten Kuss hatte ich dann mit neun Jahren am Mädchenklo in der Volksschule. Mit 15 Jahren wurde ich von einer 19-Jährigen richtiggehend verführt. Das war ein wilder Sommer in einem Kärntner Schwimmbad...“
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„Das ist so lange her, ich kann mich gar nicht mehr wirklich daran erinnern, wie ich aufgeklärt wurde. Ich glaube, wir haben das zum Teil selbst gemacht und wurden auch durch die Medien aufgeklärt. In der Schule war Sex damals noch ein absolutes Tabuthema. Deshalb habe ich als Lehrerin in der Volksschule versucht ,meine Schützlinge früh aufzuklären. Die Kinder sind durch Fernsehen und Internet ständig mit dem Thema Sexualität konfrontiert, darum sollte auch früh mit ihnen darüber geredet werden. Die Kinder wachsen mit Homosexualität auf, deshalb sollten sie auch darüber Bescheid wissen – Aufklärung in jeder Hinsicht sollte das Motto sein. Aber: Es kann nicht nur die Schule die Arbeit machen, auch die Eltern sollen sich in die Pflicht nehmen.“
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„Durch meine Eltern wurde ich nie aufgeklärt – über so etwas hat man damals zu Hause nicht gesprochen. Und auch an einen konkreten Sexualkunde-Unterricht in der Schule kann ich mich nicht erinnern. Unser Wissen haben wir uns durch Bravo und den Informationsaustausch untereinander angeeignet. Natürlich blieben viele Fragen offen. Ich halte es für wichtig, an Schulen oder durch eine Broschüre die Fragen der Kids zu beantworten – auch in Sachen Homosexualität. Wichtig ist jedoch dabei ein respektvoller Umgang mit dem Thema!“
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„Ich sage Ihnen offen und ehrlich, wir waren damals mit Haut und Haaren Jungfrauen und total darauf bedacht, das auch möglichst lange zu bleiben. Die Aufklärung gab es zu dieser Zeit weder in Film, noch in Zeitungen, auch das Bravo gab es erst viel später. Ich hatte zwar viele Verehrer – ich war ja damals auch schon eine kleine Tänzerin, aber die Panik ein Kind zu bekommen, war unglaublich groß. Verhütung war ja kaum möglich, es gab damals noch nicht einmal die Pille. Aus Amerika hat man immer von den Begriffen Schmusen und Petting gehört – dann ist man stundenlang mit dem Auto auf der Höhenstrasse gefahren und hat auf Teufel komm raus geküsst. Richtig aufgeklärt hat mich dann damals meine erste große Liebe, da war ich so um die 20, ein gleichaltriger Student, mit dem sich dann alles natürlich ergeben hat.“
© Singer
„Ich war schon mit fünf Jahren aufgeklärt. Schon als ich meine Mutter das erste Mal in diese Richtung fragte, hat sie mir alles genau erklärt. Und dann habe ich das Fenster aufgemacht, gegenüber wohnte in einem Berliner Hinterhof meine Freundin Katinka, und habe die ganze Geschichte laut über den Hof gebrüllt. Meinen ersten Kuss hatte ich spät, weil ich eine richtige Spätentwicklerin war. Ich war am Ballett der Deutschen Oper in Berlin – mein Kopf war so voll mit Tanzen. Die ganze Sache mit der körperlichen Liebe war bis ich 19 war überhaupt kein Thema. Ich bin im Ballettsaal groß geworden, ich habe Schwanensee getanzt, da hat man ganz andere Ziele. Und in einem Ballettsaal kam das Thema nicht vor, weil man dort sowieso nur mit Homosexuellen an der Stange steht.“