Manchmal fühlt man sich einfach vom Leben überholt. Das Haufen-Paradox schlägt wieder zu.
Manchmal denkt man sich: Letzte Woche lief doch noch alles glatt! Wie kann es sein, dass ich jetzt in Aufgaben und Verpflichtungen ertrinke? Das könnte an der Sorites-Paradoxie, umgangssprachlich auch Haufen-Paradox genannt (von griechisch 'sorites' für Haufen), liegen.
Das Sorites-Paradox
Bei diesem paradoxen Phänomen geht es darum, dass einige Entwicklungen nur schleichend vor sich gehen und erst ab einem gewissen Moment plötzlich vom einen ins andere umschlagen. Als Beispiel nehme man ein Sandkorn. Ein Sandkorn allein bildet noch keinen Haufen. Auch wenn man ein weiteres hinzufügt, hat man noch keinen Haufen. Wenn man aber immer mehr einzelne Sandkörner hinzufügt, hat man irgendwann einen Haufen. Wann sind also aus den Sandkörnern ein Haufen Sandkörner geworden? Den Punkt zu erkennen, wo es von Sandkörnern zu einem Haufen umschlägt, fällt uns schwer.
Aber was hat das jetzt mit einer überquellenden To Do-Liste zu tun? Das große Problem, das plötzlich vor dir auftaucht, schleicht sich genauso über kleinere Probleme – also über jedes einzelne Sandkorn – an dich heran und du erkennst den Haufen erst als einen Haufen Probleme, wenn es zu spät ist.
Warum wir den Haufen nicht früher erkennen
Das liegt daran, dass Menschen alles in Kategorien einordnen: hell – dunkel, hoch – tief und eben Haufen und Nicht-Haufen. Aber die ganzen feinen Abstufungen dazwischen fallen uns oft schwer. Wir sehen den Haufen also erst, wenn er da ist und nicht die einzelnen kleinen Sandkörner, die zu dem Haufen führen. Ganz im Sinne von: „eine ungelesene E-Mail mehr im Postfach macht jetzt auch keinen Unterschied mehr“ oder „ja natürlich kann ich am Wochenende die Wohnung putzen, für die ganze Familie einkaufen, kochen und auch noch an meinen Hobbies arbeiten“. Wenn dann noch eine Aufgabe oben drauf kommt, ist es aus den paar Sandkörnern ganz plötzlich ein ganzer Haufen geworden.
Tipps, um den Haufen klein zu halten
Obwohl das Sorites-Paradox oft dafür sorgt, dass es sich anfüllt, als ob wir im Leben immer einen Schritt hinterherhinken gibt es ein paar Methoden, die helfen können den Haufen klein zu halten.
1. Die „One Touch Rule“
Erfunden wurde diese Regel von Ann Gomez und sie ist so einfach, dass der Name eigentlich schon alles erklärt. Versuche alles sofort an den richtigen Platz zu bringen, wenn du es das erste Mal aufhebst oder berührst, damit du es kein zweites Mal machen musst. Sortiere deine Post also gleich, wenn du sie reinbringst. Wasche den Milchkarton sofort aus und schmeiß ihn weg, anstatt ihn abzulegen. Gib den Schlüssel gleich auf den Haken, wo er hingehört und schmeiß ihn nicht auf den Tisch, damit du ihn dann ein zweites Mal in die Hand nehmen musst.
2. Sei dir bewusst, dass Haushalt & Co ein endloser Zyklus sind.
Wenn dein Ziel ist mit deinem Haushalt „fertig“ zu werden, dann muss ich dich enttäuschen. Wenn du heute die Küche aufgeräumt und Geschirrspüler eingeschaltet hast, dann musst du ihn morgen wieder ausräumen. Und dann wieder einräumen. Und dann wieder ausräumen usw. usw. Wenn du dir aber bewusst bist, dass es ein Zyklus ist und wo du in diesem Zyklus stehst, dann kannst du dich vielleicht davon lösen irgenwann „fertig“ sein zu müssen.
3. Grenzen setzen
Auch wenn du denkst, dass du diese fünfte Bitte oder Aufgabe auch noch „locker“ abarbeiten kannst, sag doch einfach Mal Nein. Es ist okay Grenzen zu setzen und sich nicht immer bis zum Anschlag mit Arbeiten zuzuschütten.
Auch wenn wir immer wieder vom Leben überholt werden und nie alles vollkommen im Griff haben können, hilft uns das Wissen über das Sorites-Paradox Muster zu erkennen und nachzuspüren, welche Veränderungen kommen. Denn auch wenn wir den Unterschied zwischen einem Haufen aus 97 Sandkörnern und einem Sandhaufen aus 98 Sandkörnern nicht erkennen können, können wir versuchen ihn möglichst klein zu halten bevor er scheinbar überwältigend groß wird.