Todes-Keime

Jetzt auch EHEC-Verdacht in NÖ

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Österreicher, der sich kürzlich in Deutschland aufhielt, ist in stationärer Behandlung.

Ein Verdachtsfall einer Erkrankung an EHEC-Keimen in Niederösterreich, erste negative Probenergebnisse von Gemüse und Obst in Österreich und die bisher erfolglose Suche nach dem Urheber der Quelle für die gefährlichen Durchfallerkrankungen: So stellte sich die Situation am Mittwoch im EHEC-Thema dar. Unterdessen gab es massive Forderungen nach Schadenersatz für die spanischen Bauern, nachdem zunächst fälschlich spanische Gurken als Verursacher der Erkrankungen ausgemacht worden waren.

Verdachtsfall in Niederösterreich
In Niederösterreich war am Mittwochnachmittag ein Mann ins Landesklinikum St. Pölten eingeliefert worden, bei dem eine Infektion mit dem gefährlichen Darmkeim vorliegen könnte. Der Betroffene - nähere Angaben zur Person wurden nicht gemacht - habe sich erst kürzlich in Deutschland aufgehalten und könnte sich dort infiziert haben, hieß es. Die Testergebnisse dürften frühestens am Donnerstag vorliegen.

Unterdessen legten die heimischen Behörden erste Ergebnisse von Proben bei Gemüse und Obst vor: Demnach wurden bisher keine derartigen Erreger gefunden, sagte Pamela Rendi-Wagner, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit. Bisher liegen von 22 der insgesamt 130 gezogenen Proben die Analyse-Ergebnisse vor. Es handelte sich dabei sowohl um Proben aus der Rückholaktion von spanischem Gemüse, das via deutschem Großhändler an heimische Bio-Geschäfte geliefert worden war, als auch um Proben, die im Rahmen einer laufenden EHEC-Sonderaktion gezogen wurden. Die Ergebnisse betreffen spanische Gurken sowie Paradeiser, Paprika und 16 Salatsorten auch aus anderen Ländern. Die weiteren Ergebnisse sollen am Freitag vorliegen.

2.000 Verdachtsfälle in Deutschland
Unterdessen breitet sich die Darminfektion in  Deutschland rapide aus. Innerhalb eines Tages stieg die Zahl der gemeldeten EHEC-Infektionen und -Verdachtsfälle bundesweit von rund 1.500 auf 2.000. Zugleich tappten die Experten auf der Suche nach der Quelle des gefährlichen Erregers weiter völlig im Dunkeln. Es gebe keinen Anlass für Entwarnung, unterstrich der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger.

Niedersachsen meldete einen weiteren EHEC-Todesfall. Bereits am Sonntag starb dort eine 84 Jahre alte Patientin an der schweren EHEC-Komplikation HUS. Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) kann zu lebensgefährlichen Nieren- und Nervensystemschäden führen. Damit sind bundesweit 16 Todesfälle registriert, 14 davon waren Frauen. Das RKI meldete mindestens 470 HUS-Fälle.

Erster Fall in Tschechien
Auch im Ausland breitete sich der Keim weiter aus: In Tschechien gibt es einen ersten nachgewiesenen EHEC-Fall. Eine amerikanische Touristin sei definitiv an dem Erregertyp O104 erkrankt, teilte das nationale Referenzlabor in Prag mit. Die EU-Kommission nannte zudem folgende EHEC-Zahlen: Schweden 41 (davon 15 HUS), Dänemark 14 (davon 6 HUS), Frankreich 6 EHEC-Fälle, Großbritannien 3 Fälle (davon 2 HUS), Niederlande 7 (davon 3 HUS) und Österreich 2 EHEC-Fälle und den Verdachtsfall in Niederösterreich. In den meisten Fällen handle es sich um Menschen, die kurz zuvor in Deutschland gewesen seien.

EU-Gesundheitskommissar John Dalli sprach in Brüssel von einer "ernsten Krise". Er erwartet bei der Suche nach der Infektionsquelle rasche Aufklärung aus Deutschland. "Der anfängliche Verdacht Deutschlands, Gurken aus Spanien könnten schuld sein, hat sich bisher nicht bestätigt." Mehr Klarheit könne es aber erst geben, wenn die Ergebnisse der Boden-, Wasser- und Produktproben aus den Betrieben in Almeria und Malaga vorlägen - "spätestens Donnerstag", ergänzte er.

Entschädigungen für Bauern möglich
Entschädigungen für Bauern seien generell denkbar, sagte Dalli. Er sei "besorgt" wegen der finanziellen Folgen für Gemüseproduzenten in Europa und arbeite eng mit EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos zusammen. Ciolos hatte zuvor angekündigt, rechtliche Möglichkeiten für Kompensationen betroffener Landwirte auszuloten. Es müsste von Fall zu Fall entschieden werden, hatte es geheißen.

Der österreichische Gemüsebauverband sprach von Absatzrückgängen von 20 bis 30 Prozent. Der größte heimische Gemüsevermarkter, LGV-Frischgemüse, ließ allein am Mittwoch 200.000 Gurken vernichten. Bis zum Ende der Woche könnten es bis zu einer halben Million sein. Bei Spar ging der Gurkenabsatz in einzelnen Filialen am Dienstag um 30 Prozent zurück. Bei Rewe mit Billa, Merkur, Penny und Adeg verzeichnete man bei Gurken - derzeit sind nur heimische im Angebot - am Montag einen Absatzeinbruch von rund 60 Prozent. In Österreich werden pro Jahr über 60.000 Tonnen verzehrt, rund 60 Prozent aus inländischer Produktion.

Rauer: Schaden für Bauern "geht in die Millionen"
Der Schaden für die österreichischen Gemüsebauern "geht in die Millionen", schätzte Fritz Rauer, Präsident des Bundesgemüsebauverbands. Rund 160 Betriebe produzieren in Österreich Salatgurken im Glashaus und seien jetzt "voll von der Krise" betroffen. Der Gurken-Absatz sei gestern, Dienstag, im Vergleich zur Woche davor um rund 50 bis 70 Prozent eingebrochen, sagte Rauer der APA. "Derzeit muss man ernten und entsorgen."

 

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