Tragödie im Schloss

Mord-Prozess - Adeliger löschte Familie aus: 'Es ist mir zu viel geworden'

Teilen

Ein Sachverständigengutachten ergab, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war.

Im Dreifachmord-Prozess in Korneuburg ist am Donnerstag die mit Spannung erwartete Befragung des Beschuldigten erfolgt. Der 55-Jährige gab Einblicke in sein persönliches Verhältnis zu den Getöteten und berichtete auch vom Streit im Kaminzimmer des Anwesens. "Es ist mir zu viel geworden", darum habe er sich gedacht, er müsse "alle drei erschießen", erinnerte sich der Angeklagte.
 

Bau eines Speiselifts war Auslöser für Streit

Auslöser für die Auseinandersetzung war der Bau eines Speiselifts im Anwesen - "ein Wunschprojekt meines Vaters", wie der Angeklagte festhielt. Schon bei der Planung habe er Bedenken geäußert und sei daraufhin vom 92-Jährigen übergangen worden. Dieser soll die zur Errichtung notwendige Zustimmung des Vorstands der familieneigenen Privatstiftung eingeholt und ihn als Stifter so übergangen haben. "Über mich und meinen Bruder wurde so etwas wie ein Bypass gelegt", sagte der Beschuldigte. Im Anwesen sei damit eine "alte, schöne Substanz mit einem neuen, 'schirchen' Speiseaufzug" versehen worden. "Mein Vater hat das ohne Baugenehmigung gemacht", betonte der Angeklagte.
 

Vater zerstörte unterzeichneten Entwurf 

Um dies "zu reparieren", setzte der 55-Jährige am Vortag der Tat ein Schreiben an die Gemeinde auf. Dieser Brief beinhaltete eine für 17. Dezember datierte Baubeginnbestätigung für den Lift, den es zu dem Zeitpunkt bereits gab. Der unterzeichnete Entwurf wurde dem Vater vorgelegt, der mit den Zettel allerdings durchstrich und mit den Worten "Alles falsch! Bitte nicht absenden", versah.
 

Täter berichtet von Schmerzen im Kopf und Echo-Geräuschen im Ohr

Am Nachmittag des 13. Dezember sei der Brief im Kaminzimmer thematisiert worden. "Da hat mein Vater angefangen zu brüllen, ob ich verrückt geworden bin. Er ist der Stifter, er muss das unterschreiben", erinnerte sich der Verdächtige. Es habe in der Folge wiederholt Vorwürfe seitens des Vaters und der Stiefmutter gegeben. Als dann auch noch sein jüngerer Bruder sagte, "du musst schon dem Vater zuhören und folgen", sei es ihm zu viel geworden. "Ich muss alle drei erschießen", habe er sich gedacht. Dass es so weit gekommen ist, "ist nicht logisch erklärbar". Der 55-Jährige berichtete auch von Schmerzen im Kopf und Echo-Geräuschen, die er im Ohr gehabt habe.
 

55-Jährige dachte kurz an Selbstmord

"Ich bin aufgestanden und runtergegangen ins Telefonzimmer, wo die Waffen sind", beschrieb der Verdächtige. Er sei danach mit der Bockflinte in das Kaminzimmer zurückgekehrt. "Dort habe ich sofort geschossen." Er habe sich keine genaue Reihenfolge der Schüsse überlegt, "weil ich in dem Moment überhaupt nicht mehr gewusst habe, was ich tue". Im Anschluss sei er zu sich gekommen und habe gemerkt, dass "etwas ganz Schreckliches passiert" sei. Für einen kurzen Moment habe er auch überlegt, die Waffe gegen sich zu richten. Dann habe er sich aber gedacht, "ich muss die Rettung und die Polizei rufen", berichtete der 55-Jährige. Zur Haushälterin im Erdgeschoß sagte er, sie solle nicht ins Kaminzimmer gehen: "Ich wollte ihr diesen Anblick ersparen." Im Hof des Anwesens wartete er schließlich auf die Exekutive und ergab sich.
 

Liebevolles Verhältnis zum Bruder

Das Verhältnis zum Bruder beschrieb der Beschuldigte als liebevoll. Hinsichtlich der Stiefmutter skizzierte der Angeklagte eine Art Zweckbeziehung, die 87-Jährige habe oftmals im Anwesen anfallende Kosten übernommen. Den Vater wiederum habe er eigentlich bewundert: "Er war eine unglaublich starke Persönlichkeit und ein toller Geschäftsmann." Es sei aber nicht immer leicht, mit starken Persönlichkeiten zu leben, sagte der 55-Jährige seufzend.
 
Nach der Befragung des Verdächtigen kam der medizinische Gutachter Wolfgang Denk zu Wort. Dem Sachverständigen zufolge erlitt der jüngere Bruder des 55-Jährigen einen Schuss in die rechte Gesichtshälfte. Der 92-jährige Vater wurde aus kurzer Distanz in der linken Augenregion getroffen, die Stiefmutter wurde mit einen tödlichen Durchschuss im Bereich des Halses bedacht. Alle drei starben an Ort und Stelle.
 
Die Geschworenenverhandlung wird nach einer Pause um 13.30 Uhr fortgesetzt. Auf dem Programm stehen unter anderem mehrere Zeugeneinvernahmen.
 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.