Wr. Neustadt

Platzangst-Sex-Täter narrte alle

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Gericht kontrollierte ihn nicht - Und vergaß Antrag auf Einweisung.

Jetzt sitzt Erich F. (46) in seiner 10-Quadratmeter-Zelle der Justizanstalt in Wr. Neustadt. Hier spielt es keine Rolle, ob er Platzangst hat. „Die erste Haftprüfung ist am 20. Mai, so lange bleibt er hier“, so die Justizanstalt Wr. Neustadt. Der Ton ist rau, der Grund naheliegend: Die Polizei hat kiloweise kinderpornografisches Material sichergestellt und ist auf der Suche nach weiteren Opfern von Erich F. (Tel. 059133/30-3336).

Doch bis zu seiner Verhaftung am 4. Mai konnte sich der Pädagoge und „Kindermasseur“ geschickt aus der „Affäre“ ziehen und narrte Polizei wie Gerichte. 2008 zu vier Jahren Haft wegen versuchter Vergewaltigung von Unmündigen rechtskräftig verurteilt, brachte F. erst selbst ein psychiatrisches Gutachten, das seine Haftunfähigkeit bewies, und später wurde vom Gericht ein zweites Gutachten erstellt. „Dieses ergab, dass F. eine organische Persönlichkeitsstörung hatte, also die Haft nicht antreten konnte“, so Richter Hans Barwitzius.

Keine Einweisung
Ein Antrag auf eine Einweisung für geistig abnorme Rechtsbrecher wurde damals nicht gestellt. F.s labiler Zustand verhinderte also erfolgreich den Haftantritt, aber nicht ein überaus umtriebiges Leben, das er führte. So kandidierte er etwa 2008 bei den Nationalratswahlen für das BZÖ – mit einer (!) Vorzugsstimme (mittlerweile ist er nicht mehr Mitglied und das BZÖ distanziert sich).

Lovecoach im TV
Er trainierte Buben-Fußballmannschaften, wie den SC Matzendorf, tummelte sich im Internet und gab sich auf seinem Facebook-Profil betont jugendlich – seine Lieblinge: Justin Bie­ber, Tokio Hotel und die Wiener Sängerknaben. Pikant: Der Pädophile soll sogar als „Lovecoach“ im Privat-TV Furore gemacht haben.

Neues Gutachten
Udo Jesionek, Vorsitzender des Opferschutzvereins „Weißer Ring“, ist fassungslos. „Es gibt ja trotz Haftunfähigkeit eine Ersatzhaft oder auch Möglichkeiten für Weisungen, wenn die Gefahr besteht, dass dieser Mensch gefährlich ist“, so Jesionek.

Weisungen jedoch, so Richter Barwitzius, habe es keine gegeben, „weil es eine unbedingte Haftstrafe war“. Und Kontrollen waren nur mit weiteren Gutachten vorgesehen. Im September 2009, im November 2009 und im November 2010. Alle hatten denselben Schluss: Keine Haft möglich. Nun soll ein neues Gutachten über seinen Zustand entscheiden. Für Erich F. gilt die Unschuldsvermutung.

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