Die Staatsanwaltschaft Wien legt nach einer Weisung von oben eine Nichtigkeitsbeschwerde ein.
Das Urteil um ein damals 12-jähriges Mädchen schlug hohe Wellen. Jetzt legt die Staatsanwaltschaft Wien Nichtigkeitsbeschwerde gegen alle zehn Freisprüche ein. Und das auf Weisung vom Justizministerium. Nun ist der Oberste Gerichtshof am Zug.
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Bekanntlich wurden in dem Fall, in dem es um den Vorwurf der geschlechtlichen Nötigung und Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ging, alle zehn Angeklagten freigesprochen. Die Burschen waren damals - die Vorwürfe stammen aus dem Jahr 2023 - zwischen 14 und 18 Jahre alt.
Sporrer will Sexualstrafrecht "weiterentwickeln"
Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) kündigte am Montag bereits auf oe24-Anfrage eine "Weiterentwicklung des Sexualstrafrechts" an. Sie will das Zustimmungsprinzip umsetzen. Zu den Urteilen der unabhängigen Rechtsprechung äußere sie sich aber grundsätzlich nicht. Sie könne aber die "große Betroffenheit und das öffentliche Interesse an diesem Fall gut nachvollziehen".
Der Schutz vor Gewalt begleite sie schon ihr ganzes berufliches Leben und sei ihr daher auch als Justizministerin ein zentrales Anliegen: "Die Stärkung der sexuellen Selbstbestimmung sowie ein wirksamer Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt haben für mich oberste Priorität."
Sporrer will "Nur Ja heißt Ja" umsetzen
Daher werde derzeit geprüft, "wie das geltende Sexualstrafrecht weiterentwickelt werden kann. Eine Maßnahme, die wir umsetzen wollen, ist die Einführung des Zustimmungsprinzips 'Nur Ja heißt Ja'. Damit müsste das Gericht künftig überprüfen, ob eine Zustimmung vorlag und nicht mehr, ob sich die Frau gewehrt hat oder zu erkennen gegeben hat, dass der Sexualakt gegen ihren Willen vollzogen wird", kündigte Sporrer an. Ein weiterer wichtiger Schritt sei der flächendeckende Ausbau von Gewaltambulanzen. "Diese Einrichtungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag. Sie helfen Gewaltopfern rasch und unkompliziert und sichern Beweise gerichtsfest - eine entscheidende Unterstützung auch für spätere Gerichtsverfahren", bemerkte die Justizministerin.
ÖVP für "Verschärfung" des Sexualstrafrechts
In einer gemeinsamen Aussendung forderten Tanner und die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eine Verschärfung des Sexualstrafrechts: "Immer öfter sehen wir, dass das aktuelle Sexualstrafrecht nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht." Die im Regierungsprogramm vereinbarte Verschärfung sei "höchst notwendig". Im Falle verurteilter, ausländischer Gewaltverbrecher müsse "die sofortige Abschiebung unsere Antwort sein".
"Für mich zeigt dieser Fall ein Mal mehr, welchen Schaden die unkontrollierte Massenzuwanderung angerichtet hat", äußerte sich FPÖ-Obmann Herbert Kickl ebenfalls auf X, wobei von den zehn Beschuldigten die meisten zwar Migrationshintergrund aufweisen, aber entweder die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen oder in Österreich aufgewachsen sind. "In diesem Land läuft ordentlich etwas falsch - vor allem, wenn junge Mädchen nicht mehr geschützt werden", betonte Kickl.
FPÖ gegen "linke Kuscheljustiz"
Der freiheitliche Justizsprecher Harald Stefan forderte Justizministerin Sporrer auf, "endlich gegen die linke Kuscheljustiz vorzugehen." Stefan kündigte einen FPÖ-Antrag im Justizausschuss des Parlaments an.
Differenzierter reagierten NEOS. "Eine Gesetzesverschärfung ist wichtig, aber sie allein reicht nicht. Wenn mehr Anzeigen gestellt werden, ohne dass sich die Zahl der Verurteilungen erhöht, dann haben wir nichts gewonnen. Im Gegenteil: Dann wächst das Misstrauen in den Rechtsstaat. Deshalb braucht es umfassenden Opferschutz, spezialisierte Ermittlerinnen und Ermittler, Schulungen für Justiz und Polizei - und ein System, das den Mut der Betroffenen nicht bestraft, sondern schützt", hielt NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter fest.
Die SPÖ-Frauen pflichteten - wenig überraschend - der Justizministerin bei. "Das Verhalten des damals zwölfjährigen Mädchens und sogar das der Mutter werden öffentlich diskutiert, anstatt das der Täter. Der Gerichtsprozess zeigt deutlich, dass wir auch in Österreich eine klare Definition von einvernehmlicher Sexualität brauchen. Nur Ja heißt Ja. In einigen Ländern wie in Schweden oder Spanien ist dies bereits gelebte Praxis. Es ist wichtig, dass wir von anderen Ländern lernen", stellte SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Ruth Manninger in einer Aussendung fest. "Die Scham" müsse die Seite wechseln: "Wir haben in Österreich ein Problem mit Männergewalt, mit Besitzdenken und mit patriarchalen Denkmustern." Die Bundesregierung arbeite mit Hochdruck an der Ausarbeitung des Nationalen Aktionsplans gegen Gewalt an Frauen, um Lücken im Gewaltschutz zu schließen, bekräftigte Manninger.