Die Staatsanwaltschaft bekämpfte Geigers Freispruch: Jetzt wird das Verfahren abermals neu aufgerollt. Kommt eine Amtshaftungsklage
Für Hofrat Ernst Geiger ist trotz des erstinstanzlichen Freispruchs die sogenannte Sauna-Affäre gerichtlich nicht ausgestanden. Denn die Anklagebehörde wird das Urteil gegen Geiger, zuletzt interimistischer Leiter der Wiener Kriminalpolizei, mit einer Nichtigkeitsbeschwerde bekämpfen, wie die Pressesprecherin der Oberstaatsanwaltschaft (OStA), Marie-Luise Nittel, am Freitag sagte.
"Neue Ermittlungsverfahren!"
Zugleich kündigte Nittel
Rechtsfolgen aus dem Prozess an: "Da wird es sicher neue
Ermittlungsverfahren geben!" Geigers Verteidiger Manfred Ainedter
kritisierte diese Aussagen heftig und stellte eine Amtshaftungsklage in den
Raum.
Richterin Minou Factor hatte in der Begründung für den Freispruch festgestellt, in der Amtshandlung in der sogenannten Sauna-Affäre, die sich ursprünglich gegen den Geiger-Freund Wolfgang B. richtete, hätten Methoden Platz gegriffen, "die eines Rechtsstaats unwürdig sind". So ergab das Beweisverfahren Hinweise, dass die anonyme Anzeige, mit der die Sache ins Rollen gekommen war, möglicherweise von einem Polizeibeamten verfasst wurde und auf einer alten Anzeige beruhte, die gar nicht auf Wolfgang B., sondern den vorherigen Betreiber der "Goldentime"-Sauna gemünzt war.
Weiters wurden zumindest Verdachtsmomente aufgezeigt, wonach die richterliche Genehmigung für die Telefonüberwachung bei B. von der ermittelnden Kriminaldirektion (KD) 1 mit einer übertrieben dargestellten Verdachtslage "erschlichen" wurde. Gerade die Telefonate, die Geiger mit seinem Freund führte, hatten den Hofrat ja seinen Job gekostet und ihm in weiterer Folge ein Amtsmissbrauch-Verfahren eingebracht.
Weder die OStA noch Gerhard Jarosch, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, wollten am Freitag diese Indizien kommentieren. Man werde die Vorgänge "auf jeden Fall eingehend beleuchten" und - sollte ein bestimmten Personen zuordenbares, strafrechtlich relevantes Fehlverhalten zutage treten - diese "verfolgen", bemerkte OStA-Sprecherin Nittel.
Rolle Horngachers wird wieder untersucht
Das dürfte bedeuten,
dass jedenfalls die Rolle des mittlerweile außer Dienst gestellten und wegen
mehrfachen Amtsmissbrauchs in erster Instanz abgeurteilten Wiener
Landespolizeikommandanten und erwiesenen Geiger-Rivalen Roland Horngacher
untersucht wird. Eng dürfte es auch für den inzwischen versetzten KD
1-Oberst Roland Frühwirth werden. Unter anderem könnte sein Zeugenauftritt
im Geiger-Prozess zu strafrechtlichen Folgen führen: Die Staatsanwaltschaft
hat bei Gericht bereits eine separate Protokollabschrift mit der Aussage des
Oberst angefordert, um die Einleitung eines Verfahrens wegen falscher
Zeugenaussage zu prüfen.
Geiger-Anwalt: "Staatsanwaltschaft schlechter Verlierer!"
Mit
heftiger Kritik an der Anklagebehörde reagierte Ainedter auf die Ankündigung
der Staatsanwaltschaft, man werde den Freispruch für den Polizeihofrat
bekämpfen: "Die Staatsanwaltschaft scheint ein schlechter Verlierer zu
sein!" Ainedter stellte eine Amtshaftungsklage in den Raum, sollte der
Freispruch in Rechtskraft erwachsen: "Es ist noch zu früh, darüber
nachzudenken. Aber ausgeschlossen ist es nicht."
Amtshaftungsklage?
Nach dem Amtshaftungsgesetz (AHG) haben Bund
und Länder für den Schaden am Vermögen aufzukommen, den als seine Organe
handelnde Personen in Vollziehung der Gesetze einer Person durch
rechtswidriges Verhalten schuldhaft zufügen. Sollte der nunmehrige
Freispruch in zweiter Instanz bestätigt werden, könnte der nach wie vor
suspendierte Geiger, der mittlerweile als Sicherheitsberater bei Magna tätig
ist, jedenfalls seinen beträchtlichen Verdienstentgang einklagen. Auch
allfällige Einbußen bei der Bemessungsgrundlage für seine späteren
Pensionsansprüche als leitender Beamter wären zu berücksichtigen.
Polizeipräsident Gerhard Pürstl sagte, dass Geiger einen Rechtsanspruch auf seine Rückkehr in den Polizeidienst habe, wenn ein rechtskräftiger Freispruch und eine Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliege. Der Polizeipräsident zeigte sich "nicht sonderlich überrascht", dass im Beweisverfahren Fragwürdiges zur Amtshandlung in der sogenannten Sauna-Affäre herausgekommen sei. "Ich hätte mir zumindest erwartet, dass bestimmte Dinge widerlegt und klargestellt werden würden", betonte Pürstl in Bezug auf die Aussage vom Ex-KD1-Chef Roland Frühwirth vor Gericht.