Vier Jahre Haft

Steirer wollte kranke Ehefrau töten

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Geschworene erkannten weder Mord noch versuchten Mord.

Ein Oststeirer ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht wegen versuchten Totschlags seiner demenzkranken Ehefrau schuldig gesprochen worden. Er war im Vorjahr mit der Pflege überfordert gewesen und hatte mit ihr mit dem Auto in den Tod fahren wollen. Der Mann wurde zu vier Jahren Haft verurteilt, wegen der besonderen Umstände wurden ihm 33 Monate bedingt nachgesehen. Er nahm das Urteil an.

Der Angeklagte war 48 Jahre mit seiner Frau verheiratet, das Paar hat drei Kinder. Nach einer Erkrankung mit Herpes Enzephalitis litt die Frau an Demenz. Seit 2012 musste sie ständig von ihrem Ehemann betreut werden. Die Überforderung führte laut Staatsanwalt Oliver Krenn dazu, dass er sich im Sommer des Vorjahres mit ihr ins Auto setzte und "gezielt und mit hoher Geschwindigkeit" gegen eine Mauer fuhr, um beide zu töten. Zunächst überlebten aber beide, zwei Monate später starb die Frau im Spital.

Vor Gericht war zu klären, ob der Tod der Pensionistin in Folge einer Thrombose auch als Folge des Unfalls auszulegen ist. Die Gutachter sahen am Donnerstag eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen kausalen Zusammenhang. Der psychiatrische Sachverständige führte an, dass der Ablauf der Tat die Bedingungen einer Affekthandlung erfüllen könne. Der Gutachter sprach von einer "fortschreitenden Zermürbung" des Angeklagten, der seine kranke Frau gepflegt hatte, jedoch "ohne jemals Erfolg erzielen" zu können.

Die Geschwornen sahen in Anbetracht der Umstände weder Mord noch versuchten Mord oder Totschlag, sondern einstimmig den versuchten Totschlag. Das Gericht betonte, dass das milde Urteil nicht als Signal an pflegende Angehörige gedeutet werden dürfe. Das Delikt der versuchten Tötung werde nicht toleriert, aber die jahrelange Situation des Beschuldigten sei damit anerkannt. Der Oststeirer nahm das Urteil nach Rücksprache mit seinem Anwalt an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil nicht rechtskräftig ist.

Beim ersten Prozesstermin im Jänner hatte Verteidiger Gerald Ruhri von einer "menschlichen Tragödie, die juristisch abzuhandeln ist" gesprochen. Sein Mandant habe alles für seine Frau getan, aber sie sei zunehmend aggressiver und verwirrter geworden. Von den Kindern hatte er keine Hilfe, und so habe er im Sommer 2016 erkannt, "dass er dieses Leben nicht mehr führen kann und will".

Der 70-Jährige schilderte damals ausführlich, wie er sich um die Frau gekümmert hat. Die drei Kinder "haben mich im Stich gelassen, als sie krank wurde", erzählte er. Also besorgte er den gesamten Haushalt und versuchte, seine immer schwieriger werdende Frau zu versorgen. 2016 wurde ihr Zustand deutlich schlechter, die Frau hatte Probleme beim Essen und wollte keinen Schritt mehr gehen, meistens lag sie im Bett. Am 24. Juli verlangte sie wie schon oft, "nach Hause" gebracht zu werden. "Ich hab' mir gedacht, jetzt mach ich's", schilderte der Angeklagte. Er half seiner Frau beim Anziehen und führte sie zum Auto: "Ich bring dich nach Hause", sagte er und entfernte die Nackenstützen des Wagens, bevor er Gas gab. Ein Genickbruch sei "ein Sekundentod", so seine Überlegungen. Er fuhr auf die Landstraße, beschleunigte auf 100 km/h und fuhr gegen ein unbewohntes Kellerstöckl. Das Ehepaar überlebte mit Brüchen. Zwei Monate später starb die Frau jedoch wegen einer Thrombose.

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