Prozess in Wien

Lokal-Betreiber bat um Ruhe: Kieferbruch

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Der Geschäftsführer bekam von einem Boxtrainer einen Faustschlag ins Gesicht verpasst.

Um eine tätliche Auseinandersetzung vor einem Wiener Innenstadt-Lokal, bei der zwei leitende Angestellte schwer verletzt wurden, ist es am Mittwoch in einer Verhandlung am Landesgericht gegangen. Die beiden Männer - der Geschäftsführer und der Restaurant-Leiter - hatten vor dem Lokal alkoholisierte Gäste, die in den Klub-Räumlichkeiten ausgiebig gefeiert hatten, um Ruhe gebeten.

Sie befürchteten, Anrainer, die sich immer wieder über Lärm beschwert hatten, könnten erneut die Polizei rufen. "Burschen, beruhigt's euch, seid's leise", wurde den Gästen mitgeteilt. Das fassten diese als Provokation auf. Der Geschäftsführer bekam von einem 33-Jährigen einen Faustschlag ins Gesicht verpasst, der einen doppelten Kieferbruch zur Folge hatte. Der Täter weiß, wie man zuschlägt: Er ist von Beruf Boxtrainer und bildet Nachwuchssportler für Ringkämpfe aus.

"Ungewollt hingeschlagen"

"Es kann sein, dass ich ungewollt hingeschlagen habe", verantwortete sich der Boxer vor Richterin Christina Salzborn. Er sei damals so angetrunken gewesen, dass er sich an nichts mehr erinnern könne: "Ich habe keine Ahnung, wie ich nach Hause gekommen bin." Üblicherweise gehe er nur zum Feiern und nicht zum Streiten fort. "Wenn ich nüchtern gewesen wäre und den Schlag anders ausführen würde, wäre er anders ausgefallen", gab der Angeklagte noch zu bedenken.

"Ich wollte nur meinen Job machen", erklärte der Geschäftsführer als Zeuge. In Richtung des Boxtrainers bemerkte er: "Wenn ich einen Fehler mache, muss ich dafür geradestehen. Er soll auch dafür geradestehen." Der 33-Jährige wurde wegen schwerer Körperverletzung rechtskräftig zu 14 Monaten Haft verurteilt, die ihm aufgrund seiner bisherigen Unbescholtenheit und seiner geständigen Verantwortung bedingt nachgesehen wurden. Der Verletzte bekam ein Schmerzensgeld von 6.600 Euro zugesprochen.

Auch Restaurant-Leiter schwer verletzt

Schwer verletzt wurde bei den inkriminierten Vorgängen, die sich am 1. Oktober 2017 abgespielt hatten, auch der Restaurant-Leiter, der den Boxtrainer von seinem Chef wegziehen wollte, als er zum Angriff überging. Der 29-Jährige kassierte darauf von einem Freund des Boxers einen Faustschlag ins Gesicht, worauf er zu Boden ging. Umstehende, die offenbar zur Entourage des Boxtrainers gehörten, traten "wie auf einen Fußball" auf den wehrlos am Boden Liegenden ein, schilderte ein unbeteiligter Augenzeuge dem Gericht.

Obwohl der 29-Jährige stark blutete und sichtlich Schmerzen hatte, brachte ihn die an den Tatort gerufene Rettung mit der Begründung, er habe "eh nichts", nicht ins Spital. Das musste der Lokal-Betreiber übernehmen. Im Krankenhaus wurde der schwer bediente Restaurant-Leiter dann nicht lege artis behandelt. Man schickte ihn nach Hause. Erst als er am nächsten Tag von sich aus ein anderes Spital aufsuchte, wurde festgestellt, dass ihm ein doppelter Bruch des Unterkiefers zugefügt worden war. Der 29-Jährige wurde sofort operiert. Dabei wurde ihm eine Titanplatte eingesetzt. Zur Stabilisierung wurde diese mit einer zweiten Metallplatte "abgesichert". Der Mann musste einen Monat lang eine Kiefersperre hinnehmen, konnte nicht sprechen und sich nur flüssig ernähren. Eine weitere Operation steht ihm unmittelbar bevor. "Das wünsche ich meinem größten Feind nicht", meinte er als Zeuge zu den Folgen des gegen ihn gerichteten Angriffs.

Alle Security-Mitarbeiter gefeuert

Der Mann, der dem 29-Jährigen den Faustschlag versetzt hatte, und ein weiterer an den Gewalttätigkeiten beteiligter Mann wurden wegen Raufhandels zu sechs bzw. neun Monaten bedingt verurteilt. Ihnen war nicht nachzuweisen, dass ihre Handlungen kausal für die schwere Verletzung waren, weil diese laut Gerichtsmediziner Christian Reiter möglicherweise eine Folge eines Fußtritts gegen den Kopf war. Mit seinen Ansprüchen - der Restaurant-Leiter machte eine finanzielle Wiedergutmachung von 7.000 Euro geltend - wurde er auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die Security-Mitarbeiter, die damals in dem Klub gearbeitet hatten, wurden übrigens allesamt gefeuert. Statt den Attackierten zu Hilfe zu kommen, hatten sie die Türe geschlossen und sich im Inneren verschanzt.

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