Interview, 1. Teil

Natascha über ihr neues Leben

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Der erste Teil des Interviews. Wie Natascha Kampusch mit ihrem neuen Leben zurecht kommt. Und der erste Besuch im Eissalon ...

Frage: Ganz viele Menschen haben mich in den letzten Tagen gefragt, wie es Ihnen geht. Es ist unglaublich, dass Sie jetzt dasitzen. Frau Kampusch, wie geht es Ihnen?
Natascha: Ja, den Umständen entsprechend gut.

Frage: Sie sind jetzt zwei Wochen in Freiheit. Wie haben Sie die neue Freiheit erlebt? Was machen Sie die ganze Zeit?
Natascha: In erster Linie mich von den Strapazen der Flucht erholen. Mich entspannen. Mit meinen Eltern telefonieren. Ich habe mich gestern und vorgestern schon mit meiner Mutter getroffen. Auch bei der Polizei habe ich mich schon mit meinen Eltern getroffen. Gestern habe ich zum ersten mal meine jüngere, ältere Schwester getroffen. Die Sabine. Gestern hat mein Neffe Geburtstag gehabt. Er hat sich gewünscht, dass ich ihn anrufe. Was ich erledigt habe. Obwohl ich so viel zu tun habe.

Frage: Sie sind im Stress!
Natascha: Schon!

Frage: Wer sind die Menschen, mit denen Sie am meisten sprechen? Denen Sie am meisten vertrauen?
Natascha: Ja, also denen ich am meisten vertraue? Hm, ich weiß nicht. Der Doktor Friedrich z.B. Aber auch die ganzen Psychologen und so, die sich um mich kümmern. Aber hauptsächlich vertraue ich eigentlich meiner Familie und auf mich.

Frage: Das ist gut.
Natascha. Ja.

Frage: Sie sind ja jetzt ziemlich von der Außenwelt abgeschirmt. Sie haben in Ihrem Brief auch geschrieben, dass es Ihnen sehr gut geht. Und das man Sie super gut behandelt. Sie haben aber auch gesagt, Sie fühlen sich vielleicht ein bisschen bevormundet.
Natascha: Ja, das wollte ich gerade andeuten. Es ist wirklich sehr schwer. Alle Leute wollen einen irgendwie beeinflussen. Sie meinen es zwar gut, aber ... Die ersten Nächte haben sie versucht, mich dazu zu bringen zu schlafen. Sie wollten am Anfang nicht verstehen, warum ich um 4.00 Uhr in der Früh schon munter bin und mich erst um 11.00 Uhr oder so schlafen lege. Aber ich habe sie davon überzeugt, dass ich das selbst in den Griff bekommen werde. Und ohne Schlafmittel oder sonst irgendwelche Medikamente auskomme.

Frage: Sind Sie eine Frühaufsteherin.
Natascha. Ja. Sicher.

Frage: Was war der erste Wunsch, den Sie sich erfüllt haben?
Natascha: Hm. Kann sich da wer erinnern? Ist nicht so wichtig. Es hat wahrscheinlich so viele gegeben. Ja, schon.

Frage: Also es gab sehr viele Wünsche.
Natascha. Der hauptsächliche Wunsch, den ich mir erfüllt habe in den letzten Tagen, ist die Freiheit.

Frage: Was ich wissen wollte, weil Sie von der Öffentlichkeit abgeschirmt sind: Waren Sie trotzdem schon draußen? Spazieren? Einkaufen?
Natascha: Ja. Einkaufen war ich. Ich war inkognito Eis essen.

Frage: Wie hat dieses inkognito ausgeschaut?
Natascha: Ich war mit dem Dr. Berger auf der Währingerstrasse. In einem Eissalon. Aber wir wollen da nicht Werbung machen!

Frage: O.k.
Natascha: Und da haben wir uns einen Eisbecher bestellt. Ich hatte eine Sonnenbrille auf, ein Kopftuch um. Da hat man mich nicht erkannt. Wir sind auch mit der Schnellbahn oder was? Mit der U-Bahn sogar! Wir sind auch mit der U-Bahn gefahren. Es war toll, die Menschen alle anzulächeln. Und keiner hat mich erkannt!

Frage: Haben Sie schon außerhalb des Betreuerteams, das Sie auch ständig umhegt, Freundschaften schließen können?
Natascha: Ja. Sozusagen auf der Station, wo ich aufgehoben bin. Da habe ich schon Freundschaften geschlossen.

Frage: Sie sind auch jetzt schon mit anderen jungen Menschen zusammen?
Natascha: Genau.

Frage: Mit denen man sich gut unterhalten kann.
Natascha: Genau. Auch mit jüngeren, mit Zehnjährigen.

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