Robert Kert

Rechts-Experte über Kurz-Urteil: "Man fragt sich, ob es gerechtfertigt ist"

Nach dem Freispruch von Sebastian Kurz sprach der Vorstand des Instituts für Wirtschaftsrecht der WU Wien Robert Kert in der ZiB2 über das Urteil.

Am Montag wurde das Urteil gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz vom Oberlandesgericht (OLG) Wien wegen Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss aufgehoben. Bei dem Verfahren ging es um die Rolle von Kurz bei der Aufsichtsratsbestellung der Staatsholding ÖBAG. Kurz war erstinstanzlich zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden.

Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, er habe den Eindruck erwecken wollen, er hätte mit dem Vorgang im Wesentlichen nichts zu tun gehabt. "Der objektive Tatbestand der falschen Beweisaussage war nicht erfüllt", erklärte der Richter das Urteil. Das Urteil ist rechtskräftig. In der ZiB2 sprach nun Strafrechtsexperte Robert Kert über das Urteil, das er vor einem Jahr noch verteidigte.

Auch den Umstand, dass das Urteil nun aufgehoben wurde, versteht Kert und meint, dass es diesmal um einen anderen Sachbestand ging. "Das Entscheidende in dem Fall ist, wie beurteilt man die Aussage von Kurz: 'Ja, ich habe was davon gewusst' im Gesamtkontext. Ich glaube, es hat weniger damit zu tun, dass Herr Kurz in die Sache nicht involviert war. Es ging eben darum, dass diese Antwort auf die Frage mit 'ja' beantwortet wurde. Diese Aussage hat das Oberlandesgericht nun als nicht falsche Aussage eingeordnet", erklärt Kert.

Leise Kritik an Richter

Kein gutes Haar lässt der Vorstand des Instituts für Wirtschaftsrecht der WU Wien an Richter Michael Radasztics, der Kurz in erster Instanz für schuldig erklärt hatte. Kert: "Es kann auch sein, dass der erstinstanzliche Richter es einfach anders eingeschätzt hat." Kurz nach dem Prozess wurde bekannt, dass Radasztics eine Disziplinarstrafe aus seiner Zeit als Staatsanwalt erhielt, weil er Peter Pilz zu dieser Zeit geheime Informationen mitteilte.

Kert hält jedenfalls fest, dass weder das erstinstanzliche Urteil noch der rechtskräftige Freispruch so "eine klare Sache" sei. Die genaue Erklärung des Experten lautet: "Es ist nur dann eine falsche Aussage, wenn sie unvollständig in dem Sinn ist, dass der Eindruck erweckt wird, es handle sich um eine vollständige Aussage. Das kann man in diesem Fall so oder so beurteilen." Alarmierend ist das Urteil für den Experten dennoch. Denn so müsse man nun genau auf die Entwicklung achten, wie mit Falschaussagen im U-Ausschuss umgegangen wird. Dennoch ist ihm wichtig festzuhalten, dass ein U-Ausschuss weiterhin anders behandelt wird als ein herkömmliches gerichtliches Verfahren.

Prozess hat für Experten zu lang gedauert

Eine Sache, die ihm besonders sauer aufstößt, war allerdings die lange Prozessdauer. Normalerweise gilt dies nicht als schwerwiegendes Delikt. "Das wird normalerweise in wenigen Stunden aufgearbeitet und braucht nicht vier Jahre. Der Aufwand ist enorm. Man fragt sich, ob es gerechtfertigt ist, nur weil der Angeklagte so prominent ist, so einen Aufwand zu betreiben", so Kert. Insgesamt gab es für den Falschaussage-Prozess des ehemaligen Bundeskanzlers 13 Verhandlungstage, denen zwei lange Jahre Ermittlungsarbeit vorangegangen waren.

Für Kert muss anhand dieses Falles ein Umdenken her. Denn für ihn wurden dadurch ganz offensichtliche Probleme aufgezeigt, "wenn es bei dem Beschuldigten um prominente Personen geht". Auch die hohe politische Funktion von Kurz dürfe vor Gericht in diesem Fall keine Rolle spielen und man hätte ihn "wie jeden anderen Bürger" behandeln sollen.

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