Herzog fordert gegen die Tschechen mehr Selbstbewusstsein - denn er weiß genau: Vor der EURO läuft uns die Zeit davon.
ÖSTERREICH: Nach den schweren Spielen gegen Ghana und Frankreich wartet
heute der dritte Weltklasse-Gegner mit den Tschechen. Welche Aussagekraft
hat die Partie?
Andreas Herzog: Frankreich war ein Auswärtsspiel,
daheim müssen wir Gas geben. Solche Kaliber wie die Tschechen werden auch
bei der EURO aufkreuzen. Das ist ein absoluter Gradmesser für uns.
ÖSTERREICH: Von Frankreich wurden uns die Grenzen aufgezeigt. Blüht uns
das heute auch wieder?
Herzog: Ich glaube nicht. Defensiv haben wir
uns gut entwickelt. Das Spiel bei Ballbesitz muss besser werden und die
Bewegung ohne Ball auch. Jeder Spieler muss sich in den Angriff einschalten
wollen und an seine Stärke glauben. Es gehört ein Feuer in die Mannschaft,
wir dürfen nicht zu brav sein. Roger Spry hat gesagt, dass jeder Spieler
auch eine ‚dark side' haben muss. Recht hat er. Ab und zu muss man auch ein
G’frast sein.
ÖSTERREICH: Ist das ein österreichisches Problem – brav sein, sich wenig
zu trauen?
Herzog: Keine Ahnung. International musst du aber so
sein, sonst schaffst du es nicht. Die Tschechen können für uns ein Vorbild
sein, da sie ein Exportland sind. Da gehen junge Spieler zu großen Klubs.
Das muss unser Ziel sein: dass sich Junge über die heimische Liga entwickeln
und dann ins Ausland gehen. Und sich dort durchsetzen, auch wenn es einmal
nicht so läuft.
ÖSTERREICH: Jürgen Macho und Thomas Prager sind aktuelle Fälle, die bei
ihren Klubs Probleme haben. Wie würden Sie damit umgehen?
Herzog:
Das ist von Spieler zu Spieler unterschiedlich. Macho befindet sich mitten
im Konkurrenzkampf, obwohl er besser ist, der andere ist aber ein
Einheimischer. Der Jürgen könnte in vielen guten Ligen spielen. Für Prager
ist es ein Reifeprozess. Der Trainer steht derzeit nicht so auf ihn, jetzt
soll er versuchen, sich durchzusetzen. Als Junger wäre ich von Bremen nicht
weggelaufen. Als ich aber als G’standener bei den Bayern der Dodel war – das
wollte ich mir nicht antun.
ÖSTERREICH: Der Sprung ins Ausland – unumgänglich?
Herzog:
Die Grundlagen musst du dir hier holen. Der nächste Schritt ist das Ausland.
Hätte der Thomas Muster nur in Österreich Tennis gespielt, hätte er niemals
die French Open gewonnen. Österreich ist zwar ein wunderschönes Land, aber
wenn ich in die große Fußball-Welt raus will, muss ich in bessere Ligen
gehen.
ÖSTERREICH: Kann Österreich ein Exportland werden wie Tschechien? Oder
geht es uns zu gut?
Herzog: Das ist vielleicht ein Grund, warum es
bei uns nicht so viele schaffen wie in den Ost-Ländern zum Beispiel. Dort
gibt es bei den Vereinen nicht so viel Geld zu verdienen.
ÖSTERREICH: Was erwarten Sie von den Länderspielen in der zweiten
Jahreshälfte?
Herzog: Man muss sehen, dass wir uns verbessern.
Die Zeit läuft uns davon. An der Leistung gegen die Schweiz letztes Jahr
muss sich die Mannschaft messen lassen.
Interview: Alex Strecha/ÖSTERREICH