Acht Monate langer Leidensweg ist zu Ende, vor seinem Comeback gesteht Michael Ballack jedoch, Angst um seinen Karriere gehabt zu haben.
"Ich hatte tausend Fragen, aber ich bekam keine Antworten. Ich habe meine Umwelt sicher oft genervt: Meine Verletzung ging mir 24 Stunden am Tag nicht aus dem Kopf. Und manchmal habe ich mir gedacht: Mensch, jetzt bist du 31, du hattest 14 gute Jahre als Profi. Vielleicht soll es das ja jetzt gewesen sein", bekannte Ballack in der Wochenzeitung "Die Zeit".
Der Mittelfeldakteur des FC Chelsea, der nach zwei Knöchel-Operationen und langer Pause am Mittwochabend im Liga-Cup-Viertelfinale des Titelverteidigers aus London gegen den FC Liverpool erstmals wieder im Kader stand, hat zwar versucht, diese Gedanken zu verdrängen. "Mein Ziel hieß ja: wiederkommen, wieder angreifen", betonte Ballack.
Verzweiflung
Obwohl er immer daran geglaubt habe, wieder gesund
zu werden, gab es vor allem anfangs Augenblicke der Verzweiflung. "Ich
dachte, es sei eine Sache von drei, vier Wochen. Und dann wurde es immer
komplizierter, erst eine Operation, dann noch eine. Keiner der Ärzte wollte
sich festlegen, wann ich wieder spielen würde", meinte Ballack, der sich im
April am Knöchel verletzt hatte und danach ungewöhnlich lange damit zu tun
hatte.
Comeback im Nationalteam
Nach seinem Comeback will er nun
möglichst rasch in den Kreis des DFB-Teams zurückkehren. Sein großes Ziel
ist die Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz, bei der er
nach der günstigen Gruppenauslosung mit Österreich, Polen und Kroatien als
Gegnern das Weiterkommen als Pflicht ansieht. "Auf dem Papier wirkt die
Gruppe leichter als bei der EM 2000 und 2004, als wir gegen starke
Konkurrenz ausgeschieden sind. Wir müssen uns in dieser Gruppe schon
durchsetzen", sagte Ballack in der "Sport-Bild", meinte jedoch
einschränkend: "Aber niemand sollte glauben, dass das ein Spaziergang wird."
Warnung vor Gruppengegner
Immerhin habe Kroatien das
Fußball-Mutterland England souverän ausgeschaltet, Polen stelle eine gute
Mannschaft, allerdings mit dem Ruf, in Turnieren immer Probleme zu bekommen.
Und das Duell mit Gastgeber Österreich werde brisant: "Wir wissen selbst
seit der WM, wie der Heimvorteil und die Fans eine Mannschaft beflügeln
können. Außerdem haben wir seit dem Finale 1996 kein EM-Spiel mehr gewonnen."
Angst vor Klinsmann
Bei der EM wünscht sich der Kapitän von
Joachim Löw einen energischen Führungsstil. Der Bundestrainer habe auch
schon unter seinem Vorgänger Jürgen Klinsmann enormen Einfluss gehabt, seit
dessen Abschied sei es aber "vielleicht insgesamt alles etwas lockerer
geworden", monierte Ballack in der "Zeit". Vor dem Ex-Coach hätten die Leute
"sicherlich manchmal auch Angst", stellte Ballack fest: "Aber das war für
die damalige Situation, für die WM im eigenen Land, gar nicht schlecht. Alle
wussten, worum es ging, keiner hat nachgelassen. So muss es vor der EM im
nächsten Jahr wieder sein."
Neu motiviert
Nach seiner langwierigen Blessur sei er nun
"besonders motiviert" und bereit für neue Herausforderungen. So nennt
Ballack die Teilnahme an der WM 2010 in Südafrika als eines seiner
Fernziele. "Die peile ich schon an, ganz klar." Und selbst darüber hinaus
kann er sich vorstellen, hinter dem runden Leder herzurennen. Danach werde
er sich "entscheiden, ob ich noch ein, zwei Jahre dranhänge", sagte Ballack,
der nun wohl keine Gedanken mehr ans Karriereende verschwendet.