Real kickte Juve in letzter Minute durch einen Elfer aus dem Rennen. Eine Entscheidung, die nun für Wirbel sorgt.
Nach vollbrachter Tat ließ Cristiano Ronaldo die Muskeln wieder spielen. Nachdem Real Madrids Superstar sein Team per Last-Minute-Elfer ins Halbfinale der Champions League geschossen hatte, präsentierte sich der Portugiese in jener Rolle, die ihm am meisten behagt: Der des Matchwinners. Sein insgesamt 120. Treffer in der Königsklasse lässt die Madrilenen vom dritten Titelgewinn in Folge träumen.
"Mein Puls hat gerast, aber ich bin ruhig geblieben. Ich wusste, das ist entscheidend", sagte Ronaldo nach seinem unter die Latte verwandelten Elfmeter zum 1:3 gegen Juventus Turin. Sein Trainer Zinedine Zidane wusste: "Cristiano lässt dich nie im Stich." Für Real war es eine der wohl schönsten Heimniederlagen in der Clubgeschichte. In der Neuauflage des Vorjahresfinales stand Juventus zuvor vor einer noch nie gesehenen Sensation. Ein 0:3 nach dem Hinspiel zu Hause hat noch kein Team in der Geschichte der Champions League aufgeholt.
Irre Aufholjagd von Juve
Nach Toren von Mario Mandzukic (2., 37.) und Blaise Matuidi (61.) war Italiens Serienmeister im Bernabeu-Stadion aber plötzlich wieder im Aufstiegsrennen. Die scheinbar nicht gutzumachende Hypothek war wettgemacht - ehe in Minute 93 das Drama seinen Lauf nahm. Der zuvor kaum in Erscheinung getretene Ronaldo bediente Lucas Vazquez, der von Medhi Benatia zu Fall gebracht wurde. Der englische Schiedsrichter Michael Oliver entschied auf Strafstoß und brachte die Gäste damit in Rage.
Gianluigi Buffon, der die Treffer seiner Elf zuvor euphorisch gefeiert hatte, reklamierte viel zu ungestüm und mit ungebührlicher Wortwahl und musste mit Rot vom Feld. In seinem 118. und voraussichtlich letzten Bewerbsspiel wurde Italiens Torhüter-Legende in der Champions League erstmals ausgeschlossen. Nach Ronaldos Siegestor schäumte Buffon auch lange danach noch über die Entscheidung des Unparteiischen.
Buffons harte Attacke gegen den Schiri
Im Interview mit dem italienischen TV-Sender Mediaset holte Buffon zum Rundumschlag gegen Oliver aus. "Der Schiedsrichter hatte nicht die Persönlichkeit, dieses Spiel zu leiten. Und wenn du die nicht hast, setzt du dich besser auf die Tribüne, schaust dir Fußball mit deiner Frau und Kindern an, isst Chips und trinkst Sprite. Aber dann machst du zumindest keinen Schaden", sagte Buffon.
Oliver habe nicht das Fingerspitzengefühl gehabt, was diese "völlig umstrittene" Entscheidung nach sich ziehe. "Ein Mensch kann keine solchen Entscheidungen treffen. Nur jemand, der einen Müllkübel anstelle eines Herzens hat, kann das", erklärte der 40-Jährige. Der Engländer habe den "Traum einer Mannschaft" zerstört. Juve habe im Hinspiel bei einem ähnlichen Vergehen keinen Elfer zugesprochen bekommen, erinnerte Buffon.
Juve-Präsident will Videobeweis in der Königsklasse
Juve-Präsident Andrea Agnelli forderte den Einsatz des Videobeweises in der Champions League. Oliver habe "totales Chaos" verbreitet. Italiens Clubs würden durch den Verzicht auf technische Hilfsmittel im Europacup "wissenschaftlich" geschädigt werden, sagte Agnelli, der UEFA-Schiedsrichter-Chef Pierluigi Collina "Eitelkeit" unterstellte. Trainer Massimiliano Allegri blieb diplomatischer. Kleine Details hätten das Duell unglücklicherweise entschieden. "Beide Mannschaften hätten sich den Aufstieg verdient, aber das ist nicht möglich", meinte er.
Zidane, in seinem letzten Karrierespiel im WM-Finale 2006 gegen Italien (mit Buffon) ebenfalls ausgeschlossen, meinte, Buffon habe Rot nicht verdient. Über den Elfer wollte der Franzose nicht zu viele Worte verlieren. "Ich habe es nicht gesehen, aber der Schiedsrichter hat ihn gegeben und es kann nicht mehr geändert werden", sagte Zidane. Nach dem Aus im Rennen um nationale Titel darf der 45-Jährige weiter hoffen, die Saison mit einem Triumph im Champions-League-Finale in Kiew zu retten.
Seit 2007 immer ein spanischer-Klub im Halbfinale
Nach dem Viertelfinal-Aus des FC Barcelona gegen Roma sowie von Sevilla gegen die Bayern hielt Real auch eine Serie am Leben. Seit 2007 steht zumindest ein spanischer Vertreter im Halbfinale. Dort wartet auf Real vor der Auslosung am Freitag nun ein Gegner aus dem Trio Liverpool, Bayern München und AS Roma. Der am Mittwoch aufgrund seiner Sperre schmerzlich vermisste Sergio Ramos könnte auch in der Vorschlussrunde fehlen. Reals Kapitän saß laut Medienberichten in zivil auf der Bank, was verboten ist.
Als Hauptdarsteller wird sich wieder Ronaldo präsentieren. Zehn Spiele in Folge hat der Weltfußballer in der Champions League nun getroffen. 120 Tore in 150 Spielen im Elitebewerb hat er nun erzielt, 20 mehr als Kontrahent Lionel Messi. Dabei war die Partie lange nicht nach dem Geschmack des 33-Jährigen verlaufen. Ronaldo wusste: "Wir haben gelitten und das sollte uns eine Lehre sein. Du kannst im Fußball nichts als selbstverständlich erachten." Nerven aus Stahl bewies Ronaldo bei seinem Elfer ein weiteres Mal. Zidane: "Er ist so etwas eben gewohnt. Er nimmt den Ball, trifft und fährt dann nach Hause."