ÖFB-Sportdirektor steht heftig in der Kritik. Präsident nennt die Gründe.
Im Rahmen der ÖFB-Präsidiumssitzung am Freitag in Gmunden ist nicht nur der Abschied von Österreichs Fußball-Teamchef Marcel Koller spätestens mit Jahresende beschlossen worden. Auch eine zweite Personalie wurde heftig diskutiert - jene des Sportdirektors. Ein baldiger Abgang von Willi Ruttensteiner scheint auf einmal nicht mehr ausgeschlossen.
Der Oberösterreicher fungiert seit 1999 als sportlicher Leiter des Verbandes und unterschrieb im vergangenen Sommer einen unbefristeten Vertrag. In seiner Amtszeit leitete Ruttensteiner einige Reformen ein, die für den heimischen Fußball positive Effekte hatten. Allerdings sehen nach den jüngsten Misserfolgen des Nationalteams viele Landeschefs auch den Sportdirektor in der Verantwortung.
ÖFB-Präsident Leo Windtner bestätigte die von Präsidiumskollegen vorgebrachte Kritik an Ruttensteiner. "Wenn nach einer sportlich enttäuschenden Phase eine Zäsur erfolgt, ist es normal, dass auch die Rolle des Sportdirektors analysiert und evaluiert wird. Doch das ist mit der notwendigen Fairness und dem notwendigen Respekt zu machen", sagte der 67-Jährige der APA.
Die Hintergründe der Kritik
Ruttensteiner muss nun für die nächste Präsidiumssitzung nach den WM-Quali-Spielen im Oktober eine Bewertung der vergangenen Monate vorlegen und ein Anforderungsprofil für den neuen Teamchef erstellen. Suchen darf er den Koller-Nachfolger aber zumindest vorerst nicht. "Jetzt geht es darum, eine profunde Analyse abzuliefern über den Hergang der sportlichen Abwärtsbewegung, was die Resultate betrifft, und auch, welche Akzente zu setzen sind", erklärte Windtner.
Die Differenzen zwischen Ruttensteiner und einigen Landeschefs liegen offenbar weniger im sportlichen als im persönlichen Bereich. "Ihm wird fachlich und inhaltlich eine gute Arbeit bescheinigt, aber auf der Ebene der Kommunikation haben sich in den letzten Jahren immer wieder Konflikte entzündet", meinte Windtner in diesem Zusammenhang.
Doch auch im sportlichen Bereich arbeitete Ruttensteiner zuletzt für viele nicht immer zufriedenstellend - auch nicht für Windtner. So bemängelte der Verbandschef etwa, dass die Aufarbeitung der verpatzten EURO 2016 nicht sehr profund erfolgt sei. "Diese Analyse hätte durchaus selbstkritischer ausfallen können", kritisierte Windtner.
Wie sehr der 67-Jährige bei der kommenden Präsidiumssitzung um einen Verbleib seines engeren Landsmanns kämpfen wird, ist offen. "Es bringt überhaupt nichts, wenn ich mich nur vor Ruttensteiner stelle. Es geht darum, Dinge fair zu bewerten, ordentlich abzuhandeln und dann zu sagen, es passt oder es passt nicht", betonte Windtner.
"Welche Alternativen gibt es?"
In diesem Zusammenhang gab der ÖFB-Boss auch zu bedenken: "Es geht immer auch darum, welche Alternativen sich anbieten und ob sie die besseren Lösungen sind." Ähnliches gilt bei der Suche nach einem neuen Teamchef, der wohl noch länger auf sich warten lässt. Koller sitzt noch in den beiden Oktober-Partien auf der Bank und wäre nach derzeitigem Stand auch im Duell am 14. November mit Uruguay als voraussichtlichem Gegner im Einsatz.
Ob dieses Testspiel samt mehrtägigem Teamlehrgang überhaupt stattfindet, ist allerdings noch nicht definitiv geklärt. Einige Präsidiumsmitglieder stellten die Sinnhaftigkeit des Termins infrage, sollte der neue Nachfolger von Koller zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Amt sein.
Mitte November sind von der FIFA rund zehn Tage für die Nationalmannschaften reserviert. Diese Gelegenheit wird von fast allen Landesverbänden weltweit für zumindest ein Länderspiel genützt. Die nächste Nationalteam-Zeit gibt es danach erst wieder Ende März 2018. Auch deshalb sagte Windtner: "Es wäre ein komplett falsches Zeichen, den November-Lehrgang abzusagen."