Bayerns Totalpleite: Schweinsteiger geriet nach CL-Out mit Inters Materazzi aneinander.
"Was da am Ende passiert ist, war ein brutaler Stich ins bayrische Herz!" Nicht nur Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef des Vereins, sondern auch alle Fans des FC Bayern München
verstanden Dienstagnacht die Fußballwelt nicht mehr. Der deutsche Rekordmeister, der nach dem 1:0 in San Siro, mit einer 2:1-Führung im Rückspiel und mit etlichen Chancen auf das 3:1 wie der Sieger gegen Inter Mailand und Aufsteiger ins Viertelfinale der Champions League
ausgesehen hatte, ging durch ein spätes Tor zum 2:3 jetzt auch international k.o.
Duell Schweini - Materazzi
Einige Bayern-Profis lagen niedergeschlagen auf dem Rasen, andere stapften frustriert in die Kabine - aber Bastian Schweinsteiger war hellwach und ging auf Marco Materazzi los. "Jetzt kann ich Zidane verstehen", erzählte der deutsche Mittelfeldspieler nach dem 2:3 im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League am Dienstagabend in der Münchner Allianz Arena, warum er so besonders erbost gewesen war.
"Der hat mich schon vor dem Spiel im Kabinengang provoziert und nach dem Spiel nochmals", berichtete Schweinsteiger im Sky-TV-Studio. Erst mit vereinten Kräften von Leuten aus beiden Lagern war er von einem Angriff auf den italienischen Weltmeister von 2006 abgehalten werden. Materazzi, der WM-Bösewicht des "Sommermärchens", hatte vor fünf Jahren den Franzosen Zinedine Zidane im Finale von Berlin so lange provoziert, bis dieser die Nerven verlor und nach einem Kopfstoß gegen den Italiener die Rote Karte sah.
Beleidigungen
Nach dem Erfolg in der Allianz Arena tanzte Tattoo-Mann Materazzi, der bei Inter nur noch Reservist ist, ausgelassen auf dem Platz herum. Irgendwas - bestimmt nicht Nettes - rief er dann in Richtung Schweinsteiger, der prompt die Beherrschung verlor. Welche Worte ihm der Italiener entgegengeschleudert hatte, verriet der Bayern-Profi nicht.
Titellose Bayern
Ein Jahr nach dem verlorenen Madrider Finale (0:2) gegen die Italiener und wenige Wochen nach dem doppelten Aus auf nationaler Ebene (Liga und Cup) stehen die Bayern nun schon zum fünften Mal seit 2002 ohne Titel da. Wut, Frust, Leere - nach dem bitteren Ende herrschte an der Isar fassungsloses Entsetzen über die eigene Dummheit. "Das ist eine schwer verdauliche Niederlage. Jetzt müssen wir in der Bundesliga retten, was noch zu retten ist. Den dritten Platz zu erreichen, wird nicht leicht", meinte Rummenigge.
Trainer bleibt bis Saisonende
Der Ex-Teamspieler bekräftige, dass Louis van Gaal wie vereinbart bis Saisonende im Amt bleibt und die Qualifikation für die nächste Champions League schaffen soll. Auch der Trainer dachte nach dem Schlusspfiff nicht an Aufgabe. "Ich werde versuchen, die Mannschaft aus dem Loch zu holen", sagte der Niederländer. Seine Spieler hätten den Aufstieg deshalb verspielt, weil sie zu viel gewollt hätten. "Wir hätten das Spiel früher entscheiden müssen, aber wie schon so oft haben wir den Sieg vergeben."
Der Ärger entlud sich auch in gegenseitigen Schuldzuweisungen. "Alle sind enttäuscht, alle sind sauer, alle sind böse", erzählte Arjen Robben. Er empfand das Scheitern als "unglaublich" und fand dafür "keine Worte". "In der ersten Hälfte hätten wir 4:1 führen müssen, aber unser Defensive ist momentan für höhere Aufgaben nicht geeignet", befand der Flügelflitzer. Für Bastian Schweinsteiger war es "unfassbar", ausgeschieden zu sein. "Wir haben taktisch nicht gut gespielt, waren nicht kompakt genug", resümierte er.