F1-Neuling

Brawn - die lang geplante Sensation

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Bei den letzten Testfahrten ließ das ehemalige Honda-Team die Konkurrenz alt aussehen. So überraschend ist das aber gar nicht.

Es ist eine gute Geschichte - vielleicht die Geschichte des Jahres in der Formel 1. Im Februar hatte es noch ganz danach ausgesehen, dass die Königsklasse mit neun Teams auskommen müsste. Nun scheint vor dem Saisonstart am Sonntag (8.00 Uhr MESZ) in Melbourne ausgerechnet der Honda-Nachfolger Brawn GP ein echter Sieganwärter zu sein. Selbst die WM-Krone wird nach sensationellen Wintertests nicht mehr für unmöglich gehalten.

Geplante Sensation
Eine Sensation? Mitnichten. Ross Brawn war sich bereits bei der Übernahme des Rennstalles des Potenzial des Autos bewusst gewesen. Früh hatte der damalige Honda-Teamchef die Zeichen der Zeit erkannt, das erfolglose 2008er-Modell abgeschrieben und nur noch in Richtung 2009 entwickeln lassen. Schon seit April des Vorjahres war einer der beiden Windkanäle in der Fabrik in Brackley ausschließlich für das neue Aerodynamik-Konzept abgestellt gewesen.

Neidige Konkurrenz
"Die Wahrheit ist, dass sie schon 2007 an dem Auto zu arbeiten begonnen haben, mit dem sie 2009 fahren. Das sieht man alleine am sehr ausdifferenzierten Design", erklärte Renaults Doppelweltmeister Fernando Alonso nicht ohne Neid. Tatsächlich unterscheidet sich der BGP 001 deutlich von der Konkurrenz. Das Auto ist revolutionär, aber nicht unumstritten. Das hochgezogene Ende des Unterboden (Diffusor) könnte zum Saisonstart für Proteste sorgen.

Button plötzlich Favorit
Brawn muss zwar mit dem Ende der Boxengasse vorlieb nehmen, die Piloten erleben nach einer völlig verpatzten Vorsaison dennoch ihren zweiten Frühling. Jenson Button flog gar als Topfavorit der Buchmacher nach Australien, nachdem er 2008 ganze drei WM-Punkte ergattert hatte. Der 29-jährige Engländer, der als einstiges Toptalent erst einen Grand Prix gewonnen hat, wurde für finanzielle Abstriche mit einem potenziellen Siegerauto belohnt.

Finanzielle Abstriche
Um den Fortbestand des Teams nach dem Honda-Ausstieg im Dezember zu ermöglichen, hatte Button laut Medienangaben auf umgerechnet mehr als 13 Millionen Euro seines noch drei Jahre laufenden Vertrages verzichtet, fünf davon bereits in dieser Saison. "Die Situation ist eine völlig andere, alle müssen Opfer bringen", bestätigte Button. Sorgen um die Zukunft mache er sich angesichts des knapp bemessenen Budgets keine. "Solange wir genug Geld haben, um die Saison zu Ende zu fahren, bin ich glücklich."

Button kannte offenbar die Pläne Brawns, hatte er sich doch trotz der Unsicherheit nicht um ein anderes Cockpit bemüht. "Es war ein ziemlich stressiger Winter, aber es hat sich ausgezahlt", meinte Button. Selbst der neue Mercedes-Kundenmotor, leistungsstärker als jener von Honda, wurde ohne Probleme eingepasst. Dabei trauerte Ersatzfahrer Alexander Wurz sogar den fehlenden Testkilometern zu Winterbeginn nach. "Mit ihnen hätten wir vielleicht noch mehr aus dem Auto herausholen können", meinte der Österreicher.

Barrichello glaubt an seine Chance
Zweiter Stammfahrer ist der Brasilianer Rubens Barrichello (36), der den Vorzug gegenüber seinem Landsmann, dem Weltmeister-Neffen Bruno Senna, erhalten hatte. Der neunfache Grand-Prix-Sieger glaubt nicht nur an die Legalität des Autos, sondern auch an seine Chance. "Ich habe lange darauf gewartet, ein Team zu finden, dass mir die gleichen Bedingungen bietet wie Ferrari - und in dem ich nicht für (Michael) Schumacher fahren muss", erklärte der langjährige Edeldomestik des Rekordweltmeisters.

Für seinen damaligen Ferrari-Technikchef Brawn soll Barrichello nun selbst um die WM kämpfen - nachdem insgesamt 18 Monate am neuen Auto gearbeitet worden war. Diese Arbeit wollte sich Mastermind Brawn auch durch den Ausstieg von Honda nicht zunichtemachen lassen, erwarb mit dem symbolischen Verkaufspreis von einem Pfund auch eine Menge Risiken. "Ich habe gewusst, dass wir ein schnelles Auto haben werden", begründete der 54-jährige Brite. "Wie schnell, das werden wir aber erst in Melbourne sehen."

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